Pagani Huayra Italo-Sportwagen
Zonda-Nachfolger mit AMG-V12-Biturbo

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Der Pagani Huayra ist der neue Überflieger in der Supersportwagenliga. Dank aktiver Aerodynamik mit vier variablen Flügeln, Zwölfzylinder-Biturbo von AMG mit über 700 PS und einem Kohlefaser-Anteil im Formel 1-Stil. Vorstellung eines italienischen Automobil-Kunstwerkes.

Pagani Huayra, Messe, Genf, 2011
Foto: Wilhelm Groeger-Meier

Sein Abschied war eilig. Mit einem Nordschleifen-Rundenrekord von 6.47,5 Minuten metallisch-heiserem Brüllen endete im Juni 2010 das erste Kapitel der Pagani-Modellhistorie: Adieu Projekt C12, Ade Supersportwagen Pagani Zonda. Doch mit der extremsten Zonda-Ausbaustufe, dem nur 1.070 Kilogramm leichten Kohlefaser-Rennwagen Pagani Zonda R, wehte gleichzeitig auch frischer Wind durch die Eifel und gab einen technischen Vorgeschmack auf den Nachfolger. Willkommen Karbon-Kunstwerk Nummer zwei, Benvenuto Pagani Huayra.

Unsere Highlights

Während der Name Pagani Zonda Sportwagenfans locker über die Lippen geht, besteht beim Neuling aus der Kleinserien-Manufaktur im italienischen San Cesario sul Panaro bei Modena leichte Zungenbrechergefahr. Wie schon beim Pagani Zonda, der nach einem Föhnwind in der Andenregion Argentiniens benannt wurde, versteckt sich hinter dem Namen Pagani Huayra ebenfalls stürmisches. Huayra Tata ist in der Sprache der Aymara, den Andenvölkern Südamerikas, der Gott des Windes. Für die Götterdämmerung tüftelte Firmenchef Horacio Pagani mit seiner 45-köpfigen Mannschaft seit 2003 am intern C9 genannten Huayra-Projekt auf Hochtouren.

Zonda-Rennversion diente als Entwicklungslabor

An acht Scale-Modellen und zwei 1:1-Modellen feilten die Automobil-Perfektionisten an der Form- und Linienführung des Flügeltüres. Das Türkonzept ist ein Novum in der Pagani-Geschichte. Nicht nur das Design stand bei der Entwicklung im Vordergrund, sondern „der Pagani Huayra besteht ohne Motor und Getriebe auch aus mehr als 4.000 neuen Bauteilen“, erklärt Horacio Pagani. Leichtbau zählt zu den Lieblingsworten des Kohlefaser-Spezialisten, der vor der Selbstständigkeit bis 1991 für Lamborghini arbeitete. Unter der Pagani Huayra-Karosserie sitzt ein zentrales Monocoque aus einer Kohlefaser-Titan-Verbundstruktur, die bereits in der Pagani Zonda-Rennversion erprobt wurde. „Der Pagani Zonda R war quasi unser fahrendes Entwicklungslabor für den Pagani Huayra“, verrät der kreative Boss der exklusiven Sportwagenschmiede.
 
Für eine bessere Gewichtsverteilung und aus Sicherheitsgründen bei einem Seitenaufprall platzierte Pagani den Tank in der Monocoque-Struktur direkt hinter dem Fahrer in einer speziellen Sicherheitszelle. Um das Fahrzeuggewicht des Pagani Huayra so niedrig wie möglich zu halten, integrierten die Ingenieure beispielsweise sämtliche Kühlluftkanäle im Monocoque. So konnte auf Material für zusätzliche Luftkanäle verzichtet werden.

Gewichteinsparung hat oberste Priorität

Die Kraftübertragung erfolgt im Pagani Huayra aus Gewichtsgründen per sequenziellem Siebenganggetriebe und nicht mit Doppelkupplungsgetriebe. Laut Pagani wiegt ein DKG rund 70 Kilogramm mehr als die nur 96 Kilogramm schwere Schaltbox von Xtrac. Auch die Abgasanlage mit den vier Pagani-typisch in der Mitte angeordneten Endrohren spart Pfunde. Die von dem baden-württembergischen Spezialisten MHG-Fahrzeugtechnik entwickelte Abgasanlage aus Titan und temperaturbeständigem Inconel bringt nur knapp zehn Kilo auf die Waage. Wenig Gegendruck verspricht nicht nur ein extremes Auspuffkonzert wie beim Vorgängermodell, sondern auch eine entsprechend hohe Motorleistung.

Pagani-typisch stammt das Herzstück des Huayra aus dem schwäbischen Affalterbach. Den großvolumigen 7,3-Liter-V12-Sauger der letzten Zonda-Version ersetzt im Nachfolger ein 60-Grad-V12 mit sechs Liter Hubraum und doppelter Turboaufladung, der beispielsweise auch im Mercedes SL 65 AMG Black Series zu finden war. Mit 1,5 bar maximalem Ladedruck, neuen Kolben und neuen Zylinderköpfen sowie der Abgasanlage mit reduziertem Staudruck steigt die maximale Leistung im Pagani Huayra von 670 auf über 700 PS.

Pagani Huayra Motor leistet 700 PS

Zudem packt der neue Pagani eine extreme Drehmoment-Brechstange aus - die modifizierte Motorelektronik zügelt das Kraftwerk erst bei einem maximalen Drehmoment von 1.100 Newtonmeter. Damit neben der längsdynamischen Faszination mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 370 km/h nicht die querdynamischen Qualitäten untergehen, legte Pagani höchsten Wert auf die Entwicklung von Aerodynamik und Fahrwerk. Die geschmiedeten Aluminium-Doppelquerlenker des Pagani Huayra wurden bereits in der Rennversion Zonda R ausführlich getestet. Auch die über Pushrods angelenkten Federbeine mit einstellbaren Öhlins-Dämpfern sorgen für Rennsportflair im Straßenverkehr.

"Von Entwicklungsbeginn an haben wir über eine aktive Aerodynamik nachgedacht", sagt Horacio Pagani zu diesem Thema. Variabel verstellbare Flaps an der Front- und Heckpartie sollen für eine ausgewogene aerodynamische Balance des Wagens sorgen. Ein Steuergerät bestimmt dabei abhängig von Geschwindigkeit, Gierrate, Querbeschleunigung, Gaspedalstellung und Lenkwinkel die Flügelstellung. Ziel der Ingenieure war es, in jedem Fahrzustand das Fahrverhalten möglichst neutral zu halten. Neben den aktiven Flügeln hilft dabei eine variable Aufhängung an der Vorderachse. Um die dynamische Radlastverteilung zu minimieren, stellen sich beispielsweise beim Bremsen die hinteren Flaps steil auf, während an der Vorderachse die Bodenfreileicht erhöht wird.
 
Mit einer ähnlichen Linienführung und einem Mix aus Highend-Werkstoffen lebt die Zonda-Faszination im Pagani Huayra weiter. Nicht nur optisch: Pagani verspricht Querbeschleunigungswerte von bis zu 1,5 g. Wir sind auf die Nordschleifenzeit gespannt, denn da muss sich der Gott des Windes mächtig anstrengen. Im Supertest 2006 pfiff mit dem Pagani Zonda F nämlich einer seiner Vorgänger schon in atemraubenden 7.33 Minuten durch die grüne Hölle.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten