Werksbesuch bei US-Felgenhersteller HRE
Maß der Ringe aus Karbon

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HRE bietet ab Januar hier zu Lande als erste Firma leichte Karbonfelgen nach Maß an. HR wer? sport auto will es genau wissen und begibt sich nach Kalifornien, um der amerikanischen Felgenschmiede einen Besuch abzustatten.

Felgenhersteller HRE, Felge
Foto: Hersteller

Ein kleines Industriegebiet zwei Stunden südlich von Los Angeles, eine Handvoll Palmen säumt die Bordsteine, goldene Sonne hüllt die langweiligen Würfelgebäude in sanftes Licht. Auf den Glastüren von Hausnummer 2611 klebt im Kreis HRE Performance Wheels, darin prangt ein weißes Kreuz auf rotem Grund - Schweizer?

HRE hat sich auf hochwertige Felgen spezialisiert

Nicht doch, HRE ist uramerikanisch. 1978 in Kalifornien gegründet, verkaufte das Unternehmen anfangs Motorsportteile. Ab 1980 kamen handgefertigte Alu-Räder hinzu, darunter die erste dreiteilige Felge der USA. Seit jenen Tagen hat sich HRE voll und ganz auf das leichte und hochwertige Runde spezialisiert und zählt vor allem in den Staaten längst zu einer festen Anlaufstation für all jene, die edle Felgen suchen.

Unsere Highlights

Einzelanfertigungen made in den USA

Der Erfolg bringende Ansatz des Unternehmens stammt im Grunde aus der Mode: Sachen von der Stange sind oft hübsch und günstig - perfekt passen allerdings nur die handgemachten Stücke. Während also auch namhafte Räderhersteller fast ausschließlich in Thailand, Taiwan und China Massenware produzieren lassen, designt, entwickelt und fertigt HRE hauptsächlich geschmiedete Alu-Felgen nach Maß und in bester Güte unter einem Dach.
 
Rund 100 Mitarbeiter kümmern sich in Kalifornien um die mittlerweile weltweiten Bestellungen, die so ablaufen: Sobald sich der Kunde für eines der 60 angebotenen Felgendesigns (ab 17 Zoll aufwärts) inklusive Farbwahl und Finish entscheidet und seine speziellen Anforderung angibt, werden die Daten seines Fahrzeuges abgerufen. Hat HRE zum jeweiligen Modell noch nicht die Radhäuser vermessen, geschieht das bei einem der Händler in der Nähe des Kunden. Basierend auf diesen Daten werden die Räder so ganz genau ans jeweilige Fahrzeug angepasst, dass sie perfekt im Radkasten sitzen, nirgends schleifen und sauber mit den Kotflügelkanten abschließen. Bördelarbeiten oder Distanzscheiben? überflüssig. Auf Wunsch werden noch die optimalen Reifen mitgeliefert. Drei Wochen braucht HRE für solch eine individuelle Bestellung, bei Expresszuschlag geht es auch in fünf Tagen.

Wir stehen mittlerweile in der Produktionshalle von HRE, wo es zischt und brummt wie auf einem Rangierbahnhof. Der Lärm dringt aus den im Raum verteilten quadratischen Kästen, jede so groß wie ein Minivan. Einige fräsen gerade aus runden Alu-Blöcken die entsprechenden Felgenteile und spucken dabei Alu-Späne in schrankgroße Container. In einem angrenzenden Raum bürsten drei Männer mit viel Gefühl eine spezielle Struktur in fertige Felgen. In einem weiteren Raum sind zwei Regale in der Höhe eines Einfamilienhauses voll mit Felgenkartons - das sind die Bestellungen, die Montag rausgehen. Der größte Vorteil von HRE gegenüber der Konkurrenz: Die Kunden sind so zufrieden, dass sie es ihren Freunden erzählen.

HRE-Felgen wiegen knapp die Hälfte

Die Mund-zu-Mund-Propaganda lässt sich im Zeitalter digitaler Medien wunderbar messen, auf Facebook hat die Firma fast zehn Mal so viele treue Fans als vergleichbare Firmen. Dabei wird nicht nur das Styling der Felgen gelobt, sondern auch die spürbar bessere Performance der Autos. Das lässt sich noch besser in Zahlen ausdrücken. Eine geschmiedete 19-Zoll-Alu-Felge wiegt bei HRE zirka acht Kilogramm - ein Pendant aus Guss ist fast doppelt so schwer.

Die Kosten sind entsprechend verteilt: Die günstigste Felge von HRE startet bei rund 1.200 Euro, ein 9 x 19 Zoll großes Rad für den aktuellen BMW M3 bei 1.300 Euro. Ein Höhepunkt kommt im neuen Jahr auf den Markt: Ultraleichte Felgen aus Karbon, die lediglich rund fünf Kilogramm wiegen sollen. Die Räder wurden soeben auf der SEMA in Las Vegas zum ersten Mal auf eindrückliche Weise präsentiert: Während der Pressekonferenz hob der Vorstand von HRE, Alan Peltier, eine 9,5-x-19-Felge ganz locker hoch und sprach weiter.

Einige Hersteller haben sich bereits an Karbonfelgen versucht, keinem ist es jedoch gelungen, den kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff bei der Produktion so einzusetzen, dass er dauerhaft die richtige Festigkeit aufweist. HRE arbeitet aktuell mit dem TÜV zusammen, um als Erster weltweit geprüfte Karbonräder anbieten zu können. Details zur Fertigung und zu den Preisen will das Unternehmen momentan noch nicht verraten, aber sport auto konnte die Firma zu einem Test überreden: Wir werden die leichten Räder in einer der kommenden Ausgaben ausgiebig testen - und zwar im Vergleich mit Alu-Felgen. In Kalifornien freut man sich auf den Test; ein gutes Zeichen.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten