Analyse 24h-Rennen Nürburgring 2013
Regentänzer und Krabbenfischer

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Wer profitierte vom Rennabbruch? Wieso war Mercedes so stark? Und was war dieses Mal mit Porsche los? In unserer Rennanalyse klären wir die offenen Fragen des 24h-Rennens vom Nürburgring und haben die Stimmen der wichtigsten Protagonisten gesammelt.

#23, Mercedes-Benz SLS AMG GT3 , 24h-Rennen Nürburgring 2013
Foto: S. Baldauf / R. Kah

Wie wirkte sich der Rennabbruch auf das Ergebnis aus?

Zum fünften Mal in der Historie des 24h-Rennens am Nürburgring wurde das Rennen unterbrochen. Um 23 Uhr sprach die Rennleitung ein Machtwort. Die starke Gischt, dichter Nebel und Aquaplaning machten eine Fortsetzung des Rennens unmöglich. Die richtige Entscheidung, so der Tenor im Fahrerlager. Über Funk forderte Lucas Luhr im Manthey-Porsche mehr als einmal: „Geht zur Rennleitung, sonst bringt sich noch einer um.“ Sabine Schmitz, die die Wetterkapriolen des Nürburgring gewohnt ist, sagte: „Ich kam mir vor, wie die Krabbenfischer auf der Beringsee.“

Unsere Highlights

Nach neun Stunden Pause, in denen keine Parc-fermé-Bedingungen galten, startete man gegen 8.20 Uhr das Rennen neu. Der zuvor erarbeitete Vorsprung der Teams war damit egalisiert. Für die Wertung vor dem Abbruch wurde der Stand nach der 34. Runde herangezogen. Zu diesem Zeitpunkt führte Aston Martin mit zwölf Sekunden Vorsprung vor dem Manthey-RSR und dem BMW Z4 GT3 von Marc VDS.

„Wir haben durch diese Regelung rund eine Minute verloren“, meint Manthey-Pilot Marc Lieb. Böse Zungen könnten behaupten, die ersten sechs Stunden des Rennens dienten nur zur Ermittlung der Startreihenfolge beim Restart. Die späteren Gesamtsieger hatten beispielsweise zum Zeitpunkt des Rennabbruchs bereits über fünf Minuten Rückstand auf die Spitze.

Nicht zu vergessen: Durch die verkürzte Renndistanz wurde auch das Material geschont. Das ein oder andere Team tauschte in der neunstündigen Pause Getriebe und andere Risiko-Bauteile. Ohne die Unterbrechung hätte es sicher in der Schlussphase mehr Verschleißerscheinungen an der Technik-Front gegeben.

Wieso war Mercedes plötzlich so stark?

Die 41. Auflage des 24h-Rennens Nürburgring war für Mercedes ein voller Erfolg. Nicht nur der Siegerpokal wanderte an die Silberpfeile, auch die Mannschaftsleistung konnte sich sehen lassen. Nur die freche Aufholjagd von Maxime Martin im BMW Z4 GT3 von Marc VDS machte 20 Minuten vor Rennende einen Dreifacherfolg zunichte.

Den Gesamtsieg heimste die Black Falcon-Truppe ein, die Plätze drei und vier gingen an Rowe-Racing. Beides Teams, die sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt haben und längst in die Riege der Nordschleifen-Profi-Teams wie Phoenix und Manthey aufgestiegen sind.

Daneben waren alle drei Autos durchgehend mit Profis besetzt. Bei Black Falcon griffen Bernd Schneider, Nicki Thiim, Sean Edwards und Jerome Bleekemolen ins Lenkrad. Das drittplatzierte Rowe-Auto wurde von Lance-David Arnold, Alex Roloff, Jan Seyffarth und Thomas Jäger gesteuert. Die beiden Letzteren waren auch auf dem zweiten Rowe-Auto genannt und von Nico Bastian sowie Klaus Graf unterstützt.

Eine Gemeinsamkeit der drei Sternenkrieger: die Dunlop-Reifen, die für ihre Qualitäten im Regen und bei Mischbedingungen bekannt sind. Während Rowe das offizielle Entwicklungsteam von Dunlop ist und mit der neuesten Spezifikation mit einem breiteren Temperaturfenster ins Rennen ging, war Black Falcon mit etwas älteren Spezifikationen unterwegs. „Die Reifen haben im Nassen super funktioniert“, meinte Sean Edwards.

Dem Grip der Gummis half auch, dass der SLS ein Auto ist, das viel Abtrieb generiert und damit die Reifen auch bei kalten Temperaturen und im Regen zum Arbeiten bringt. Der Grundstein für den Sieg wurde direkt nach dem Neustart in den frühen Morgenstunden gelegt. Als die Strecke zum Rennende wieder abtrocknete, ging es für das spätere Siegerfahrzeug nur noch drum, den Vorsprung ins Ziel zu fahren.

Was war das Erfolgsgeheimnis beim 24h Rennen 2013?

Regen, trockene Strecke, Nieselregen, wieder abtrocknende Strecke. Die Wettergötter führten die Teams beim 24h-Rennen Nürburgring ordentlich an der Nase herum. „Das ist wie Lotto spielen“, sagte Manthey-Pilot Timo Bernhard am Montagvormittag. Ständig wechselten die Bedingungen, fast jede Kurve hielt eine neue Überraschung parat. Den Unterschied machten in diesem Rennen vor allem die Reifen. Wer zum falschen Zeitpunkt mit den falschen Pneus unterwegs war, verlor wertvolle Zeit.

Aber auch die Herren, die am Lenkrad drehten, spielten eine Rolle. Einen Orden verdienten sich dabei vor allem Frank Stippler und Maxime Martin. Stippler jagte am Sonntagabend im Regen mit extrem schnellen Rundenzeiten im Phoenix-Audi mit der Nummer 1 über den Kurs. Den Vogel schoss jedoch Martin ab. Der Belgier ist als Regenkünstler bekannt und hätte ohne den Abbruch sogar die Führung übernommen.

Statt Frust zu schieben, gab er beim Restart, bei dem es ebenfalls regnete, wieder Vollgas und fuhr von Rang fünf innerhalb weniger Kilometer an die Spitze. Das Meisterstück lieferte er schließlich in der Schlussphase mit seinem Husarenritt auf trockener Piste ab, bei dem er 20 Minuten vor Schluss beide Rowe-SLS einholte und BMW Platz zwei sicherte.

Was war mit den Manthey-Porsche los?

Geht es um den Gesamtsieg beim 24h-Rennen Nürburgring muss man auch immer Manthey auf der Rechnung haben. Doch bei dieser Ausgabe des Langstreckenklassikers hatten die Porsche am Ende nichts mehr um den Sieg mitzureden. Weder der Porsche 911 GT3 R noch der Porsche 911 RSR waren in Schlagdistanz. Vor dem Rennabbruch lag der RSR zwar noch auf dem zweiten Rang, doch am Montagvormittag fielen die Porsche-Werksfahrer Marc Lieb, Timo Bernhard, Lucas Luhr und Romain Dumas zurück.

Am Morgen verkalkulierte man sich einmal mit den Reifen. „Bei trockenen Bedingungen hätten wir mit dem RSR eine Chance gehabt, aber im Regen war es schwierig“, meinte Lieb. Denn auf nasser Strecke kommt der Abtriebs-Vorteil des „Dicken“ nicht so stark zum Tragen. Der 911 GT3 R haderte mit der Technik: Ein mechanisches Problem beim Schalten warf Nick Tandy, Marco Holzer, Jörg Bergmeister und Richard Lietz zurück.

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