24h-Rennen Daytona 2014
Wo steht der US-Langstreckensport?

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Mit dem 24h-Rennen in Daytona begann eine neue Zeitrechnung im US-Langstreckensport. Die United SportsCar Championship (TUSC) ersetzt die bisher rivalisierenden Rennserien Grandam und ALMS (American Le Mans Series). Wo steht die neue Serie nach dem ersten Rennen und wie beurteilen die Beteiligten den Saisonstart?

24h-Rennen Daytona 2014
Foto: xpb

Im Motorsport gibt es immer Sieger und Besiegte, das liegt in der Natur der Sache. Und natürlich unterscheiden sich die Kommentare im Fahrerlager über das erste Rennen der neuen TUSC-Serie in Daytona danach, ob man zu den Siegern gehörte – oder zu den Verlierern.

Weil in der neuen Serie Fahrzeugklassen aus den alten Langstreckenserien Grandam und ALMS zum Teil in der gleichen Wertungsklasse gegeneinander antreten, waren viele Teilnehmer sehr skeptisch, ob die obligatorische Angleichung der Klassen über die Fahrzeugeinstufung gelingen kann, nach dem Motto, es würden ja Äpfel und Birnen in einen Korb geworfen.

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Porsche mit starkem Klassensieg in Daytona

Und hier fällt das Urteil in der Tat gemischt aus: Die GTE-Klasse nach Le Mans Reglement erwies sich insgesamt als homogen und kompakt bei den Rundenzeiten, doch hier handelte es sich im Wesentlichen um eine Eins-Zu-Eins-Übernahme aus der ALMS mit entsprechenden Erfahrungswerten. Porsche, Corvette und Viper kämpften auf einem Niveau, vermutlich hätte das auch für Ferrari gegolten, wäre das Risi-Auto nicht schon früh mit Unfall ausgeschieden.

Einzig BMW war erkennbar nicht bei der Pace und auch bei den Topspeeds waren die Bayern zu langsam, doch das gehört in die Abteilung Feintuning. Selbst BMW-Sportchef Jens Marquardt sagte: "Wir sind mit dem zweiten Platz sehr zufrieden, denn wir wussten vorher, dass die langen Geraden unserem Auto nicht so gut liegen würden, aber Daytona ist ein Sonderfall. Wir gehen davon aus, dass die GTE-Klasse schon in Sebring viel enger beinander liegen sollte." Porsche hatte nach dem starken Klassensieg in Daytona auch keinen Grund zum Jammern: Zwar verlor man einen 911 RSR mit Motorschaden, doch das zweite Auto schnurrte problemlos durch. "Ein Einstand nach Maß", freute sich Sportchef Hartmut Kristen.

Corvette und Viper wollten sich auch nicht beschweren, weil sich die beiden US-Hersteller selbst aus dem Rennen um den Klassensieg kegelten – beide fielen mit technischen Defekten zurück. Der einzige Kritikpunkt: Dass die Viper trotz des viel zu großen Hubraums von 8,0 Liter (im Reglement lautet der Korridor eigentlich 4,0 bis 5,5 Liter) auch noch 30 Kilo Ballast ausladen durfte, verstand niemand. Doch noch einmal: das sind Peanuts, die über Balance of Performance aussortiert werden können.

Rennen sollen künstlich spannend gehalten werden

In der zweiten GT-Klasse, die einen kruden Mix aus aufgepimpten Markenpokalwagen von Porsche und downgegradeten GT3-Fahrzeugen von Aston Martin, Ferrari und Audi in eine Wertung zwängte, lagen im Zeittraining 20 Autos in einer Sekunde – sicher kein schlechter Startpunkt für die sogenannte GTD-Klasse. Die GT3-Wagen schienen generell leicht im Vorteil, auch wegen ihrer guten Topspeed: Ferrari und Audi schafften Topspeeds von knapp über 290 km/h, während die normalerweise auf den Geraden wegen ihrer kleinen Stirnfläche bevorteilten Porsche 911 in Daytona hinterher dackelten und auch bei den Rundenzeiten einen Malus von grob 0,5 Sekunden pro Runde verkraften mussten. "Wir sehen hier noch Spielraum für Verbesserungen bei der Fahrzeugeinstufung", knurrte Porsche-Sportchef Hartmut Kristen.

Der GTD-Sieg für Ferrari gegen Audi im Schlusssprint nach einer späten und umstrittenen Gelbphase überlagerte das Einstufungsthema: Der Rennleiter bestrafte den führenden Ferrari in der letzten Rennrunde, weil er im direkten Infight gegen Audi-Pilot Markus Winkelhock eine vermeidbare Kollision ausgelöst haben soll. Leider stellte man später fest: es gab gar keine Kollision, das Ferrari-Team von Scott Tucker legte Protest ein – und bekam Recht.

Man muss den Stewards immerhin Respekt dafür zollen, dass sie eine falsche Entscheidung des Rennleiters wieder revidierten. Doch Auslöser des ganzen Kuddelmuddels war die letzte Gelbphase – und hier agiert Ausrichter IMSA leider wie NASCAR: die Rennen sollen künstlich spannend gehalten werden, eine Politik, die bei den europäisch geprägten Teams, Fahrern und Herstellern für viel Kritik sorgte – auch wenn sich damit niemand zitieren lassen wollte.

LMP2-Teams ab 2017 die alleinige Topklasse

Den meisten Frust aber erzeugte die neue Prototypen-Klasse, wo im Wesentlichen die alten Grandam-Daytona-Prototypen (DP) gegen die LMP2-Wagen nach Le-Mans-Reglement aufeinander trafen. Diese Klasse fährt die Gesamtsieg unter sich aus. Homogen waren hier nur die Kräfteverhältnisse der beiden Gattungen untereinander, aber nicht in Relation zueinander: den LMP2-Wagen fehlten im Schnitt 1,5 Sekunden pro Runde, was für viel böses Blut im Fahrerlager sorgte. Der IMSA-Techniker Scot Elkins gab nach dem Rennen entschuldigend zu Protokoll, dass die DP-Teams vor dem Rennen nicht ihre wahre Performance offenbart hätten. Die LMP2-Teams glauben, es sei pure Absicht gewesen, dass die DP-Teams so schnell waren. "Fakt ist, dass das Kräfteverhältnis überhaupt nicht gepasst hat", so Lucas Luhr, der zusammen mit Klaus Graf und Alex Brundle den best-platzierten LMP2 auf Platz fünf steuerte.

Luhr prophezeit, dass sich daran auch nichts ändern wird, denn die DP haben mehr Drehmoment als die LMP2, dank größerem Hubraum oder Turboaufladung. "Die werden immer einen Vorteil bei der Beschleunigung haben und ich behaupte, dass der Unterschied so groß ist, dass man ihn mittels Balance of Performance auch nicht wird ausgleichen können."

Viele andere LMP2-Teams sahen das genauso: Mehrere Teams erwägen, ihren Einsatz auf wenige Rennen zu beschränken oder sich ganz zurückzuziehen. Das jedoch wäre der Super-Gau für die neue TUSC-Serie, denn nach dem Willen ihres Bosses Jim France sollen die LMP2-Teams ab 2017 die alleinige Topklasse formieren.

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