24h-Rennen Le Mans 2017
Hitzeschlacht im Cockpit

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Die hohen Außentemperaturen setzen den Piloten zu. Deshalb standen in den letzten Tagen besonders die Cockpittemperaturen im Fokus: Bei Fahrzeugen ohne Klimaanlage gelten unter bestimmten Bedingungen jetzt Maximalfahrzeiten für die Piloten.

Toyota TS050 Hybrid - Startnummer #9 - 24h-Rennen Le Mans 2017
Foto: xpb

Der erste Trainingstag in Le Mans am Mittwoch gab einen Vorgeschmack auf das kommende Rennwochenende: stickige Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit, kein Wind und Temperaturen von über 30 Grad. Weil sich Rennautos über die mechanischen Komponenten wie Motor, Getriebe oder in der LMP1-Klasse über das Hybridsystem stark aufheizen, und die Aerodynamiker prinzipiell kein gesteigertes Interesse daran haben, durch zusätzliche Belüftungen den Luftwiderstand zu erhöhen, liegen die Cockpittemperaturen normalerweise deutlich über den Außentemperaturen.

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Stewards präzsieren Regeln

Seit mehreren Jahren versuchen die Regelmacher, bei diesem Punkt für Linderung zu sorgen. In der GTE-Klasse sind seit mehreren Jahren Klimaanlagen zwingend vorgeschrieben, mit dem Ziel, die Cockpittemperaturen immer unter 40 Grad zu halten, weil ab dieser Grenze laut FIA-Untersuchungen bei den Piloten kurze Mini-Blackouts über die Messung der Gehirnströme nachgewiesen werden konnten.

Am Dienstag vor dem 24h-Rennen in Le Mans präzisierte ein neues Bulletin der Stewards die Regeln hierzu: Bei allen Rennwagen mit Klimaanlage darf die Cockpittemperatur oberhalb einer Außentemperatur von 32 niemals höher liegen als die offiziell vom Veranstalter gemessene Außentemperatur. Wenn die Temperatur also auf 36 Grad ansteigt, dann müssen die Teams und Hersteller sicherstellen, dass auch die Cockpittemperaturen in den Autos niemals über 36 Grad liegen, was über Sensoren auf Kopfhöhe des Fahrers gemessen wird.

Für größere Aufregung im Fahrerlager sorgte aber eine Klarstellung, die die Fahrzeuge ohne Klimaanlage betrifft: Wenn die Temperaturen 32 Grad übersteigen, sind diese Teams gezwungen, bei ihren Piloten eine Maximalfahrzeit von 80 Minuten einzuhalten. Da die Stintlängen in den fünf verschiedenen Fahrzeugklassen variieren, bedeutet die Maximalfahrzeitregelung, dass diese Teams einen oder im Fall der LMP2-Klasse maximal zwei Stints fahren können.

Toyota ohne Klimaanlage für das Cockpit

Wo hier jetzt die politische Sprengkraft liegen soll? Im 60 Wagen starken Teilnehmerfeld haben alle Fahrzeuge eine Klimaanlage. Zumindest fast: In der LMP2-Klaasse ist die Klimatisierung ebenso vorgeschrieben wie in den beiden GT-Klassen. In der LMP1-Klasse aber, wo fünf Fahrzeuge von den Herstellern Porsche und Toyota genannt sind, ist eine Klimaanlage nicht zwingend vorgeschrieben. Auf die Frage, ob sie eine Klimaanlage haben, reagieren die Hersteller, sagen wir, leicht genervt.

Aus gutem Grund, denn eine Klimaanlage muss ja nicht notwendigerweise das Klima im Cockpit kühlen, sie kann auch etwas anderes kühlen. Bei Toyota kühlt man angeblich die Batterien, aber das Cockpit gar nicht. Bei Porsche kühlt die Klimaanlage auch etwas anderes, aber zusätzlich auch das Cockpit. Was unterm Strich bedeutet, dass nur die LMP1-Toyota keine Klimaanlage fürs Cockpit haben – und die oben genannte neue Regel bezüglich der Maximalfahrzeit bei Temperaturen oberhalb von 32 Grad nur für sie gilt.

Ein Nachteil? Mitnichten, wie sich nach aufwendiger Recherche herausstellt: Denn erstens gilt die Regel nicht für die gesamte Renndauer von 24 Stunden, sondern nur dann, wenn die Temperatur wirklich 32 Grad übersteigt, was vermutlich nur für ein paar Stunden am Sonntag der Fall sein dürfte. Zweitens gelten Übergangsregeln, sprich wenn die Regel zum Einsatz kommt, gelten die Bestimmungen auch erst ab da, was es erlauben würde, dass ein Pilot, der schon 60 Minuten absolviert hat, dann nochmal maximal 80 Minuten fahren darf. Die gleichen Übergangsregeln gelten für den Zeitpunkt, wenn die Bestimmung wieder endet.

Damit blieben bei einem begrenzten Zeitraum, zum Beispiel über vier Stunden, vielleicht ein oder zwei zusätzliche Fahrerwechsel übrig. Ein Fahrerwechsel in der LMP1-Klasse dauert 25 Sekunden – also weniger als die Nachtankzeit. Sprich man verliert durch den Fahrerwechsel letztlich keine Zeit. Und so liegt die politische Sprengkraft der neuen Bestimmung bei nahezu null.