Vorschau 24h-Rennen Nürburgring 2023
Eifel-Klassiker mit Überraschungspotenzial

Das 24h-Rennen Nürburgring ist das Saisonhighlight der Nordschleifen-Pilger. Für welchen der 136 gemeldeten Starter stehen die Chancen auf den Gesamtsieg in diesem Jahr besonders gut? In der Vorschau haben wir die letzten Infos zum hochkarätigen Teilnehmerfeld.

NLS - Nürburgring 2023
Foto: VLN

Manche Dinge wiederholen sich Jahr für Jahr. Weihnachten, Geburtstage und die Dominanz von BMW in der Vorbereitungsphase auf das 24h-Rennen Nürburgring. Drei Siege von drei unterschiedlichen Teams können sich sehen lassen. Ein ähnliches Bild zeigte sich schon 2022. Doch auch Ferrari und Mercedes haben mit ihren Erfolgen beim 24h-Qualirennen eine erste Duftmarke gesetzt.

Soweit die Fakten aus den Ergebnislisten. Echte Eifel-Kenner wissen jedoch, dass diese allein nicht dazu taugen, sich ein Bild für das 24h-Rennen zu machen. Denn das Thema Sandbagging steht weiterhin hoch im Kurs. Auch wenn der Technikausschuss immer mehr Maßnahmen ergreift, um dem Verschleiern der wahren Pace gegenzusteuern. Etwa beim gewollt undurchsichtigen Qualifikationsverfahren für das Top-Quali.

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Für Chancengleichheit sollen auch die neuerdings vorgeschriebenen Sturz- und Flügel-Einstellungen sorgen, die nach NLS 3 festgelegt sind und nicht mehr geändert werden durften. All das scheint die Teams aber nicht abzuschrecken, denn die Vorbereitungsläufe zeigten innerhalb der Hersteller-Flotten teils seltsame Performance-Unterschiede und Reihenfolgen, die nicht zu dem passen wollen, was man von den Fahrern erwarten würde.

BMW M4 GT3  - Startnummer #35 - Walkenhorst Motorsport  - SP9 Pro - NLS 2023 - Langstreckenmeisterschaft - Nürburgring - Nordschleife
Stefan Baldauf
Die ersten drei NLS-Rennen des Jahres wurden alle von BMW gewonnen.

BMW nun kugelsicher

Bei BMW sind mit Rowe Racing und Walkenhorst sowie dem Junior Team, betreut von RMG, drei Mannschaften am Start, die genau wissen, was sie tun. Wobei sich auch hier Beobachter wunderten, dass das Junior-Team bei NLS 3 schneller als Martin/Wittmann war. Die Line-ups der beiden Rowe-M4 sind sicher nominell die stärksten (Farfus/Eng/De Phillippi/Yelloly und Wittmann/van der Linde/Vanthoor/Martin).

Walkenhorst hat allerdings aufgerüstet. Nun gibt es zwei Autos mit Yokohama-Bereifung, die noch dazu personell mit Krognes/Giermaziak/Krohn/Soucek und Neubauer/Dennis/Klingmann/Krohn gut besetzt sind. "Das Auto funktioniert gut und ist zuverlässig, wir hatten keine Probleme", sagte Rowe-Pilot Maxime Martin nach NLS 3.

Während der BMW nach seiner Premierensaison inzwischen kugelsicher ist, kämpft nun Porsche in der Debütsaison der Generation 992 mit Technik-Gremlins. Vor NLS 3 trat ein Problem mit dem ABS auf, weshalb ein Teil, das an der Drehzahlerfassung beteiligt ist, an allen Autos ausgetauscht werden musste. Dazu kam eine Diskussion mit dem Technikausschuss über die Reglement-Auslegungen beim Thema Louvres. Die mussten zu NLS 3 neu angeordnet werden.

Bei Porsche war also jede Menge zu tun. Die BOP-Einstufung fiel bisher sogar besser aus als im Vorjahr: Statt einem Restriktor mit 33,3 und einem mit 34 Millimetern fährt man nun mit zweimal 35 Millimetern bei gleichem Gewicht. Für Porsche-GT3-Projektleiter Sebastian Golz muss sich jedoch noch etwas tun. "Uns haben bei NLS 2 und 3 rund zwei Sekunden gefehlt. Wir arbeiten aber konstant mit dem Technikausschuss zusammen, um eine passende Einstufung zu finden", sagte er.

Mercedes-AMG GT3 - Startnummer #9 - Mercedes-AMG Team GetSpeed - SP9 Pro - NLS 2023 - Langstreckenmeisterschaft - Nürburgring - Nordschleife
Stefan Baldauf
Kann Mercedes endlich mal wieder einen Gesamtsieg beim Eifel-Klassiker feiern?

Mercedes mit langer Durststrecke

Die Team-Aufstellung kann sich sehen lassen. Speerspitze Manthey hat die Nordschleifen-Joker Kévin Estre, Frédéric Makowiecki und Michael Christensen an Bord. Thomas Preining als vierter Mann wird sich beweisen müssen. Hinzu kommen zwei Elfer von Falken, die sich in dieser Saison gut in Form zeigten. Ebenfalls nicht zu unterschätzen: das Lionspeed-Auto mit Patrick Pilet, Matt Campbell, Mathieu Jaminet und Semi-Profi Patrick Kolb. Auch Dinamic GT und Rutronik Racing zählen zum Favoritenkreis. Huber Motorsport komplettiert das Aufgebot.

Bleiben Audi und Mercedes, die beide zu Saisonbeginn unter dem Radar unterwegs waren. Bei den vier Ringen setzt man wie gehabt auf drei Top-Teams mit Land Motorsport (Niederhauser/Mies/Haase), Car Collection (Engstler/Hofer/Magnus/Marschall) und dem Team Scherer PHX (Vervisch/Drudi/Feller/Lind), das früher einmal Phoenix war, nun aber zur Scherer-Gruppe gehört. Dazu kommt das DTM-Legenden-Auto mit Timo Scheider, Martin Tomczyk und Mike Rockenfeller.

Mercedes hat sich wie Audi für Fahrertrios statt Quartetts entschieden. Es sind zwei AMG GT3 von GetSpeed (Christodoulou/Götz/Schiller und Engel/Gounon/Juncadella) sowie das Bilstein-Auto von HRT (Marciello/Stolz/Ellis) mit Werksunterstützung gemeldet. Mercedes hat die längste Durststrecke hinter sich und wartet bereits seit 2016 auf einen weiteren Sieg.

Lamborghini Huracan GT3 - Startnummer #27 - ABT Sportsline - SP9 Pro - NLS 2023 - Langstreckenmeisterschaft - Nürburgring - Nordschleife
Stefan Baldauf
Abt bringt einen Lamborghini Huracan an den Start. Gelingt dem italienischen Keil eine Überraschung?

Schafft Abt-Lambo die Sensation?

Die Außenseiter könnten dieses Jahr aufmüpfiger werden. Vorjahressieger Kelvin van der Linde sitzt mit Nicki Thiim, Marco Mapelli und Jordan Pepper auf dem Lamborghini Huracán Evo, der in den Händen von Abt Sportsline, mit Lamborghini-Werksunterstützung und Michelin-Bereifung zu den Geheimfavoriten gehört.

Das Ziel ist klar: "Wir wollen gewinnen", sagte Abt-Motorsportdirektor Martin Tomczyk. In der jüngsten BOP-Anpassung durfte man 15 Kilo ausladen, bekam aber einen um einen Millimeter kleineren Restriktor.

Das zweite Auto, das zur Kategorie Underdog zählt und spitzenmäßig besetzt ist: der Frikadelli-Ferrari von Earl Bamber, David Pittard, Felipe Fernández Laser und Nick Catsburg. Der bekam in der letzten BOP-Anpassung zehn Kilo mehr Gewicht, dafür aber etwas mehr Boost. Vielleicht erleben wir ja dieses Mal doch eine Überraschung – und nicht wieder das gewohnte Bild.

Zum Ende noch ein Blick auf das Wetter. Während die Formel 1 in Imola wegen Dauerregen und Überschwemmungen abgesagt werden musste, können sich die Sportwagen-Fans in der Eifel ausnahmsweise mal auf ein sonniges Wochenende freuen. Für Samstag und Sonntag sind trockene Bedingungen bei Höchsttemperaturen knapp an der 20°C-Marke vorhergesagt.