Audi verabschiedet sich aus Le Mans
Formel E statt WEC

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Es ist das Ende einer Ära: Mit Ablauf der WEC-Saison verabschiedet sich Audi nach zahlreichen Erfolgen vom Langstreckensport. Statt Le Mans und der Sportwagen-WM will sich der Premiumhersteller werkseitig in die Formel E stürzen. Vorstandschef Rupert Stadler begründet die Entscheidung mit der Elektrifizierung zukünftiger Straßenmodelle und dem aktuellen Druck auf die Marke.

Audi R18 - Technikcheck - Le Mans 2016
Foto: Audi

Das Getuschel wurde in den letzten Wochen immer lauter, jetzt ist es offiziell: Audi steigt aus der WEC aus und fährt auch nicht mehr in Le Mans. Der Ausstieg aus der Sportwagen-WM erfolgt wie zuvor gemunkelt nicht erst 2017, sondern bereits nach Ablauf der aktuellen Saison. Für die WEC ist der Abgang von Audi ein schwerer Schlag. Mit Porsche und Toyota engagieren sich nur noch zwei große Hersteller in der Königsklasse des Langstreckensports LMP1.

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DTM-Aus kein Thema

Audi schließt das Kapitel Le Mans und WEC und widmet sich stattdessen lieber der Formel E. Bereits in dieser Saison, die in Hongkong startete, verstärkte die Marke mit den vier Ringen die Zusammenarbeit mit Abt. Es ist der Vorbote eines Werkseinsatzes, der ab der Saison 2017/2018 vollzogen werden wird. Auf dem Weg zum vollen Werkseinsatz steigt der Hersteller bereits jetzt in die technische Entwicklung ein, heißt es von Audi.

Rupert Stadler verkündete vor rund 300 Mitarbeitern der Audi-Motorsport-Abteilung den Ausstieg aus der WEC. Der Vorstandsvorsitzende rechtfertigte den Schritt am Mittwochmorgen (26.10.2016) mit der aktuellen Belastung für das Unternehmen – Stichwort Abgasskandal bei VW – und der Elektrifizierung zukünftiger Straßenmodelle. „Das Rennen um die Zukunft tragen wir elektrisch aus“, sagt Stadler. „Wenn unsere Serienautos mehr und mehr elektrisch werden, müssen das unsere Motorsportwagen als technologische Speerspitze von Audi erst recht sein.“

Audi will ab 2018 sein erstes rein batterie-betriebenes Fahrzeug auf den Markt bringen und danach im Jahrestakt weitere Elektroautos bauen. Für die Mitarbeiter der Motorsport-Abteilung spricht Audi eine Jobgarantie aus. Die Kompetenzen in Neuburg und Neckarsulm will der Hersteller weiterhin im Motorsport, aber auch für die Serien-Entwicklung nutzen. Der DTM wird Audi neben Mercedes und BMW erhalten bleiben. Über eine Ausweitung der Aktivitäten in der Rallycross-WM wird nachgedacht.

Millionen-Ausgaben fürs Verlieren

sport auto hatte in seiner aktuellen Ausgabe 11/2016 und auf seiner Online-Plattform bereits über den bevorstehenden Audi-WEC-Abgang berichtet. Zu viele Indizien sprachen gegen das WEC-Engagement. Erstens: Der VW-Konzern muss wegen des Abgasskandals sparen. Mit Audi und Porsche schickte man in den letzten drei Jahren zwei Marken aus dem eigenen Konzern nach Le Mans. Das verschlingt jeweils Kosten in Höhe dreistelliger Millionen-Beträge. Zweitens: Alle Budgets stehen bei Audi aktuell heftig unter Druck, besonders auch das der Sportabteilung, die gemessen am Konkurrenzumfeld immer schon zu den „Big Spendern“ im Motorsport zählte.

Drittens: Für die Kenner der Autobranche ist klar, dass Dieselmotoren wegen der Emissionen ein Auslaufmodell sind. Experten sagen, dass die Dieseltechnik bei den Autoherstellern spätestens in fünf bis sieben Jahren ausgemustert wird. Audi setzt im Langstreckensport seit Jahren auf Diesel-Antrieb. Wäre man auf einen Benziner umgestiegen, hätte man sein Alleinstellungsmerkmal verloren und würde auf dieselbe Technik wie Porsche setzen. Das würde sich wiederum beißen und keine zwei Marken aus dem selben Konzern in derselben Serie rechtfertigen.

Viertens: Der Einfluss von Firmenpatriarch Ferdinand Piëch ist gesunken. Er hatte hatte vor fünf Jahren das Go dafür gegeben, lieber mit zwei Marken in Le Mans anzutreten, als mit einer in der Formel 1. Fünftens: Audi fährt seit zwei Jahren Porsche hinterher, das zweimal in Serie in Le Mans triumphierte. Audi gab de facto fürs Verlieren dreistellige Millionenbeträge aus. Das ist das Problem, wenn sich Hersteller untereinander messen, zumal sie aus dem gleichen Konzern kommen.

Audi nach Porsche die erfolgreichste Marke

Auch die WEC hat Audi einen Keil zwischen die Beine geworfen. Das Reglement für 2018 sieht eine Aufstockung auf 10 MJ vor. Audi tritt derzeit in der Hybridklasse für 6 MJ an. Um auf 10 MJ zu kommen, hätte man ein zweites Energierückgewinnungssystem an Bord des R18 nehmen müssen. Was wiederum mit dem schwereren Dieselmotor kaum vereinbar gewesen wäre.

„Nach 18 für Audi außergewöhnlich erfolgreichen Jahren im Prototypen-Rennsport fällt uns der Abschied extrem schwer“, sagt Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich. „Das Audi Sport Team Joest hat die WEC in dieser Zeit geprägt wie kein anderes Team. Ich möchte mich bei unserer Mannschaft, bei Reinhold Joest und seinem Team, den Fahrern, Partnern und Sponsoren für diese extrem erfolgreiche Zusammenarbeit bedanken. Das war eine tolle Zeit!“

Audi ist nach Porsche der erfolgreichste Hersteller in Le Mans. Man gewann den Klassiker bereits 13 Mal, Porsche 18 Mal. Audi siegte an der Sarthe als erste Marke überhaupt mit einem Dieselmotor (2006) und holte den ersten Triumph eines Sportwagens mit Hybridantrieb (2012). Bei bisher 185 Renneinsätzen erzielten die Le-Mans-Prototypen von Audi 106 Siege, 80 Pole-Positions und 94 schnellste Rennrunden. Zweimal gewann Audi mit dem Hybrid-Rennwagen Audi R18 e-tron quattro die FIA-Langstrecken-WM. Von 2000 bis 2008 sicherte sich Audi zudem neunmal in Folge den Titel in der American Le Mans Series (ALMS), der in dieser Zeit weltweit bedeutendsten Rennserie für Le-Mans-Prototypen.