Das Weltfinale in Macau
Reise ins Motorsport-Paradies lohnt immer

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Marcus Schurig kommentiert die Stellung des Macau-GP im weltweiten Motorsport und erläutert, warum das Kräftemessen von Formelautos, Rennwagen und Motorrädern auf demselben Straßenkurs einmalig und vorbildlich ist.

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Foto: Macau GP

Wenn ich als Motorsport-Redakteur gefragt werde, welche Rennveranstaltung man auf jeden Fall einmal in seinem Leben besucht haben sollte, dann fallen mir sofort ein paar sehr attraktive Empfehlungen ein: 24 h Le Mans, 24 h Nürburgring oder das 1000-Kilometer-Rennen in Bathurst – alles großer Spaß.


Aber eine Veranstaltung sticht heraus, obwohl es hier nicht um Langstreckensport geht, sondern um die Veranstaltung der Sprinter: Der Macau-GP hat sich zum großen Weltfinale des Motorsports entwickelt, denn es fährt ja nicht nur die Tourenwagen-WM , sondern auch top besetzte GT3-Rennwagen oder pfeilschnelle Motorräder. Und für die Vollgas-Junioren aus der Formel 3 ist Macau so oder so das Highlight des Jahres. Für mich auch. Warum?

Unsere Highlights

Urlaub im Rennsportmekka Macau

Die Liste an guten Gründen, warum man Macau gesehen haben muss, ist die längste im weltweiten Motorsport. Da wäre erstens der Termin: Während in Europa der November Trübsal bläst, wärmt die Sonne in Macau die Rennsportseele mit 22 Grad. Außerdem ist Macau der letzte große Motorsport-Termin der Saison, wenn wir mal lasche Pseudoevents wie das Race of Champions ignorieren.

Dann die Stadt Macau: Das Spielerparadies am Perlflussdelta, eine Fährstunde von Hongkong entfernt, ist China – aber ohne die Nachteile von China. Keine läppischen Visa-Bestimmungen, keine abgeschalteten Internetportale, kulturell ein aromatischer Mix aus Asien und dem Erbe der Kolonialmacht Portugal sowie neuerdings auch Amerika, denn die großen Hotelketten aus Las Vegas haben jetzt alle in Macau ein zweites Standbein. In dieser Stadt kann man nicht nur Rennsport genießen, sondern auch getrost eine Woche Urlaub machen. Das geht in Le Mans oder Bathurst nicht.

Rennstrecke ohne eingebautes Überholverbot

Dann die Strecke von Macau: kein typischer, quälend langsamer Stadtkurs mit eingebautem Überholverbot, sondern eine weltweit einmalige Mischung aus engen und rabiat-schnellen Passagen, die Zweikämpfe und Positionswechsel noch möglich machen.
Dann die Historie: 60 Jahre ist der Grand Prix alt, und die Streckenführung ist nahezu identisch mit der ersten Ausgabe im Jahr 1954 – abgesehen von der Asphaltqualität und dem Spielhöllen-Wahnsinn drum herum. Dieser Platz atmet Motorsport-Geschichte.

Dann der sportliche Wert: Manchmal wird Macau als Crash-Festival abgetan, und die TW-WM müht sich jedes Jahr eifrig, diesen Ruf zu festigen. Doch in Summe wird fantastischer Sport geboten: Das GT3-Rennen in diesem Jahr konnte man im Sitzen kaum ertragen, so spannend war es. Und die Jagd nach der schnellsten Zeit im Qualifying bietet in allen Klassen Stadtkurs-Wahnsinn pur: Die Top-GT-Piloten hatten nach dem Zeittraining allesamt Schleifspuren an ihren Kotflügeln.

In Macau ist Stadt und Strecke top

Dann die Vielfalt: Wo dürfen heute noch Motorräder, Autos und Formel-Flitzer auf einer nicht permanenten Rennstrecke gemeinsam antreten? Meine Helden sind die Motorradpiloten, die sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit furchtlos an die Betonmauern anlehnen, als wären die bloß aus Watte.

Und dann sagt mir der Macau-Rekordsieger Michael Rutter, Macau sei doch eher ein Kindergeburtstag, ich solle mal zu den Motorrad-Straßenrennen nach Irland kommen, da geht es mit 330 km/h über Landstraßen fünfter Ordnung. Diese Moped-Jungs leben wirklich auf einem eigenen Planeten.

Macau ist Kult, Macau hat Atmosphäre und Klasse, Macau ist exotisch und passt in keine Schublade - das gilt für die Stadt gleichermaßen wie für den traditionsreichen Grand Prix. Wenn es Macau nicht gäbe, dann müsste man Macau erfinden.

Return to Sender

Die These lautet: Macau ist der coolste Event des Jahres. Hier stimmt alles: die Stadt, der Termin, die Strecke, die Atmosphäre. Richtig oder falsch? Der Autor freut sich auf Ihre Meinung.

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