Nordschleifen-Tracktest Golf GTI TCR
Rotkäppchen und der böse Golf

24h-Rennen

sport auto startet beim 24h-Rennen (5./6. Juni) im VW Golf GTI TCR von Max Kruse Racing. Wie sich das Nordschleifen-Spielzeug fährt, hat Redakteur Christian Gebhardt vorab getestet.

VW Golf GTI TCR von Max Kruse Racing Tracktest 24h Rennen N�rburgring
Foto: Hans-Dieter Seufert

Bei sport auto ist es ja seit Langem Tradition, dass wir uns beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring für die Rennberichterstattung nicht nur ins Pressezentrum setzen, sondern auch hautnah im Renngeschehen mitmischen. Und mit was für einem Renngerät darf ich diesmal das 24h-Rennen für sport auto bestreiten?

Willkommen im Fronttriebler-Star mit der Startnummer 10, willkommen im VW Golf GTI TCR von Max Kruse Racing. Breite Kotflügelbacken, potenter Vierzylinder-Turbo, ausladender Heckflügel – die Rennversion des Golf GTI TCR ist ja schon ab Werk kein Kind von Traurigkeit. Max Kruse Racing hat trotzdem noch einmal Hand angelegt, um aus dem Hot-Hatch-Tourenwagen eine noch schärfere Nordschleifen-Waffe zu machen.

Unsere Highlights
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Hans-Dieter Seufert
Sport-auto-Redakteur Christian Gebhardt tritt für das Team Max Kruse Racing bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring (5./6. Juni) an.

Spezial-TCR für die Schleife

Wer könnte den MKR-TCR und die Modifikationen für den Nordschleifen-Einsatz besser erklären als Rennprofi, MKR-Teamgründer und Volkswagen-Markenbotschafter Benny Leuchter: "Wir haben 350 PS und 420 Newtonmeter Drehmoment. Der Wagen muss vom Reglement her mindestens 1250 Kilogramm wiegen. Wir fahren mit Makrolonscheiben, um auch noch einmal Gewicht aus dem Auto rauszubekommen, daher liegt unser Gewicht mit dem DSG-Getriebe bei 1250 Kilogramm."

350 PS bei nur 1250 Kilo – nicht nur angesichts der Breitbau-Optik des Golf-Monsters schmilzt jetzt so mancher Touristenfahrer aus der Nordschleifen-Hot-Hatch-Szene direkt verliebt dahin. Auch die martialische Frontschürze mit dem überdimensionalen Wabengittergrill ist eine Eigenentwicklung von Max Kruse Racing.

Benny verrät die Details: "Wir haben die Aerodynamik geändert. An der Frontstoßstange haben wir unter anderem den Original-Gittergrill des GTI-TCR-Straßenfahrzeugs verbaut. Im unteren Bereich der Stoßstange – aber auch im oberen Bereich – hilft uns das dabei, ein bisschen mehr Kühlluft in den Motorraum zu bekommen. Und gleichzeitig hilft es der Aerodynamik.

VW Golf GTI TCR von Max Kruse Racing Tracktest 24h Rennen N�rburgring
Hans-Dieter Seufert
Dank Zweiliter-TSI stehen 350 PS und 420 Nm zu Buche.

Wir sind mit dieser Stoßstange knapp 3 km/h schneller auf der Döttinger Höhe im Vergleich zur standardmäßig verbauten Stoßstange bei der TCR-Rennversion. An der Stoßstange sind dann rechts und links noch kleine Kohlefaser-Flaps angebracht. Die müssen sein, um die Rad-Reifen-Kombination abzudecken – das ist reglementbedingt einfach so vorgesehen und hat den charmanten Vorteil, dass wir dabei noch ein bisschen mehr Abtrieb generieren. Gerade in den schnellen Ecken wie Flugplatz, Schwedenkreuz oder Mutkurve merkt man die kleinen Winglets."

TCR-Rekord: 8.40 Minuten

Und was hat sich fahrwerksseitig getan? "Mit unseren Partnern Eibach und Bilstein haben wir ein Fahrwerk entwickelt, das auf der Nordschleife sehr fahrbar und auch brandschnell ist. Bei der NLS 2 konnten wir damit einen neuen Rundenrekord aufstellen: 8.40 Minuten ist die schnellste jemals gefahrene Rundenzeit eines TCR-Fahrzeugs in der NLS. Wir sind sehr stolz, dass das alles so funktioniert", erzählt Benny.

Genug gequatscht, Hosenträgergurte festzurren, Startknopf drücken, raus auf die Nordschleife. Während ich aus der Boxengasse auf die GP-Strecke wedele, um die Reifen auf Arbeitstemperatur zu bringen, hier noch kurz eine Vorstellung unserer Fahrertruppe für das 24h-Highlight am 5. und 6. Juni. Ich habe die große Ehre, den TCR nicht nur mit Benny, sondern auch mit Andy Gülden bewegen zu dürfen. Muss man den "Güldenen Leuchter" hier wirklich noch einmal vorstellen? Das Duo Leuchter/Gülden greift seit 2019 für Max Kruse Racing in der VLN/NLS an und hat schon regelmäßig die gesamte GT4-Elite auf der Nordschleife in Angst und Schrecken versetzt.

Benny kenne ich von zahlreichen VW-Supertests auf der Nordschleife und seiner Tätigkeit als Test- und Entwicklungstestfahrer von Volkswagen, der so manchem Serienmodell richtig Beine auf der Nordschleife gemacht hat – ich sag nur: Golf GTI Clubsport S. Andy Gülden ist nicht nur Chefinstruktor der Nürburgring Driving Academy, sondern natürlich auch langjähriges Nordschleifen-Urgestein in der Langstreckenmeisterschaft und beim 24h-Rennen.

Kleiner Insider, den Andy wahrscheinlich schon vergessen hat: Er war es, bei dem ich einst in der Zakspeed-Rennfahrerschule meine Rennlizenz gemacht habe – aber das ist eine Geschichte aus Zeiten, als wir gefühlt noch mit Pferden und Postkutschen über die Nordschleife gefuhrwerkt sind. Als vierter Pilot wird bei uns Nick Hancke mit an Bord sein. Wir kennen uns bis jetzt noch nicht persönlich, aber ich habe gehört, dass die Nachwuchshoffnung brandschnell sein soll. Ein cooles Fahrer-Line-up!

Mittlerweile verbeißen sich die Falken-Reifen mit der richtigen Arbeitstemperatur in den Asphalt. Die Tatsache, dass der MKR-Golf an der Vorderachse breitere Schlappen als an der Hinterachse trägt, sorgt immer wieder für verschmitztes Grinsen unter Helm und Sturmhaube. Runter von der GP-Strecke, raus auf die Nordschleife.

Ideales Fronttriebler-Set-up

Dritter, vierter, fünfter Gang – jeden Schaltwippenzug und Gangwechsel des Sechsgang-DSG bestätigt der Zweiliter-TSI mit emotionalem Auspuffböllern. Unfassbar, mit welcher Traktion sich der MKR-TCR in die Ideallinie einklinkt. So ein bisschen erinnert mich das Fahrverhalten des Hardcore-Golf an den Schirra-Mini, den ich 2013 beim 24h-Rennen gefahren bin. Eine megastarke Vorderachse trifft hier auf ein Heck mit agilem Eigenlenkverhalten. Untersteuern gehört nicht zum Querdynamik-Programm. Die perfekte Fronttriebler-Mischung für die Nordschleife.

Nicht nur der OMP-Schalensitz passt auf Anhieb wie angegossen, sondern auch das hervorragend ausbalancierte Fahrverhalten. "Meine Erfahrung aus dem ganzen Entwicklungsthema bei Volkswagen Motorsport zum Renn-TCR, aber auch aus der Serienentwicklung auf der Nordschleife, ist da eingeflossen. Bei meinem WTCR-Sieg bin ich ja mit einem baugleichen Auto gefahren. Dadurch kann ich Max Kruse Racing helfen, die Autos fit für die Nordschleife zu machen", sagt Benny.

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Der Pilot im OMP-Rennschalensitz kann sich auf eine megastarke Vorderachse und ein Heck mit agilem Eigenlenkverhalten freuen.

Per Knopfdruck auf eine der elf Tasten auf dem Rennlenkrad kann das Setting der Quersperre verändert werden – drei unterschiedliche Abstimmungen stehen zur Wahl. Und auf der Bremse muss man sich dank nachgerüstetem ABS ebenfalls keine Sorgen machen. Nicht nur deswegen kann der Eifelregen kommen. Neben der vom ersten Meter an gut fahrbaren Fahrwerksabstimmung ist der MKR-Golf auch reifenseitig fürs wechselhafte Nordschleifen-Wetter fit.

"Von den Reifen her haben wir für die Vorderachse zwei Mischungen – soft und hart. Für die Hinterachse haben wir ebenfalls zwei – soft und medium. Dann haben wir ‚Full Wets‘ und noch einmal Intermediates", hatte Benny vorab erzählt. Bei Regen dürfte der Breitbacken-Golf für so manche Überraschung auf der Nordschleife gut sein.

Kicker und Gaspedal-Treter

Jetzt gibt’s ja auch unter den Motorsport- und Automobilbegeisterten große Fußballfans. Alle, die beim Teamnamen Max Kruse Racing ins Grübeln kommen, sei gesagt: Ja, er ist es! Bundesliga-Profi bei Union Berlin, Ex-Nationalspieler und Motorsportfan Max Kruse gründete 2018 zusammen mit Benny als Teammitbesitzer Max Kruse Racing.

Ein cooler Typ, der gern mal seine ehrliche Meinung raushaut. Dass Max in seiner Karriere auch mal für einen "Hamburger Stadtteilverein" und die "Anderen von der Weser" gekickt hat, sei ihm augenzwinkernd verziehen. Meine HSV-Mitgliedschaft werden sie mir in der Heimat ja hoffentlich nicht kündigen. Spaß beiseite, ich bin auf jeden Fall extrem motiviert und freue mich auf den 24h-Einsatz mit der Truppe von Max Kruse Racing.