Neue Rennserie „Extreme E“
Echter Rennsport oder leere Versprechungen?

Formel E-Gründer Alejandro Agag hat ein neues Baby – die Extreme E. Die Nennliste für die künftigen Offroad-Spektakel strotzt nur so vor klangvollen Namen. Die Initiatoren versprechen, die Welt mit Elektro-Motorsport etwas besser zu machen. Kann das funktionieren?

Extreme E - Rennserie - Elektro - E-SUV
Foto: Extreme E

Lewis Hamilton ist als Teambesitzer dabei. Und auch sein früherer Intim-Freund Nico Rosberg. Dazu sehr erfolgreiche Teams wie Andretti-United, Chip Ganassi-Racing, die Formel E-Kaiser von Techeetah und die deutschen Mannschaften von HWA und Abt, die schon immer einen guten Riecher für künftige Trends hatten. Insgesamt neun Teams, darunter drei aus Deutschland, werden ab März nächsten Jahres bei insgesamt fünf Events ihren Meister in der neuen Extreme E auskegeln.

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Die Schauplätze für die Offroad-Spektakel könnten kaum exotischer sein: Der Anfang findet in der saudi-arabischen Wüste statt, bei den Ruinen von Al-Ula. Weitere Stationen sind die westafrikanische Küste im Senegal, die Gletscher Grönlands, der Urwald im brasilianischen Parà und schließlich Feuerland an der Südspitze Südamerikas. Fünf Locations mit atemberaubender Kulisse, perfekt für tolle TV-Bilder.

Extreme E - Rennserie - Elektro - E-SUV
Extreme E
Die Extreme E soll den Motorsport aufwirbeln und auf die Umwelt aufmerksam machen.

Brennstoffzellen zum Laden

Natürlich soll die Extreme E ein finanzieller Erfolg werden. Aber einer mit dem politisch korrekten Unterbau. Rennsport um des Rennsports willen, oder um Tausenden eine nervenkitzelnde Unterhaltung zu bieten, das ist für Initiator Alejandro Agag zu wenig. "Wir sind alle für unseren Planeten verantwortlich", verkündet der Ex-Politiker aus Spanien im Stile eines Messias. "Wir müssen handeln."

Die Extreme E solle zeigen, dass E-Autos auch unter extremen klimatischen Bedingungen funktionieren, und ganz generell wolle man erzieherisch wirken und auf Umweltthemen aufmerksam machen. Dem Spanier gebührt Respekt für die Chuzpe, einen solchen Spagat zwischen Rennsport und grünem Denken hinzubekommen.

Ein Pluspunkt der neuen Serie: Die Akkus der Rennautos werden mit Brennstoffzellen-Technik geladen. Damit ist die Extreme E weitaus nachhaltiger aufgestellt als die Formel E, wo der Strom zum Laden der Batterien auch in jüngster Zeit an Orten wie Valencia oder Santiago de Chile von Dieselaggregaten erzeugt wurde.

Extreme E - Rennserie - Elektro - E-SUV - Lewis Hamilton
Extreme E
Lewis Hamilton gründete ein Team - genauso wie Nico Rosberg.

Stars an Bord der Extreme E

Auch Lewis Hamilton findet große Worte: "Hier kann ich meine Liebe zum Motorsport und zum Planten kombinieren." Nico Rosberg will da nicht zurückstehen. "Bei allem was ich tue, habe ich stets die Nachhaltigkeit im Blick", betont er pathetisch. Flapsig fügt er hinzu: "Nach Grönland wollte ich immer schon mal."

Die Macher der Serie planen, Autos, Mechaniker und auch die TV-Crews mit einem eigens gekauften alten Post-Schiff zu transportieren, das auch als Fahrerlager und Unterkunft dienen soll. "Die St. Helena ist unser Basislager", sagt Agag.

Die Autos sind Einheitsware, konstruiert und gebaut vom französischen Rennwagenspezialisten Spark. Die Eckdaten: 450 kW Leistung, Gitterrohrrahmen, eine Batterie mit einer Kapazität von 50 kWh, 1.650 Kilo Leergewicht, extrem lange Federwege, eine Steigfähigkeit von angeblich 130 Prozent und das alles verpackt in den Look, der ziemlich stark an den Peugeot 3008 DKR von der Dakar-Rallye erinnert.

Während Dakar-Autos aber 800 Kilometer Reichweite aufweisen müssen, schaffen die Extreme E-Mobile nur wenig mehr als 32 Kilometer. Das sportliche Format ist dem Rallycross entlehnt: Jeweils vier Autos starten auf einem 16 Kilometer langen Rundkurs gegeneinander. "Rad-an-Rad-Kämpfe", erwartet Agag. Um die Action zu fördern, gibt es einen Sonderpunkt für den weitesten Sprung.

Zur Halbzeit kommt der Clou, der Fahrerwechsel. Das Fahrerteam besteht aus einem männlichen und einem weiblichen Piloten, was Agag als einen wichtigen Beitrag zu "Gender-Equality" sieht. Aus der Riege der bisher bestätigten Fahrer*innen sticht Sara Price heraus, eine feste Größe im US-Offroad-Business. Aber auch zwei Rallycross-Cracks geben sich die Ehre. Mattias Ekström, der Weltmeister von 2016, fährt bei Abt-Cupra und auch Timmy Hansen, der 2019er-Champion, ist dabei.

Im März 2021 steigt die Premiere in Saudi Arabien, dessen Umweltministerium als Sponsor an Bord ist. Dann wird man wissen, was die Extreme E wirklich ist: knüppelharter Rennsport, eine Leistungsschau in puncto Umweltschutz oder eine TV-Seifenoper – so eine Art Dschungelcamp mit Autos.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten