Ergebnis 24h-Rennen Le Mans 2020
Nächster Toyota-Sieg im Klassiker

Toyota feiert seinen dritten Le Mans-Sieg. Aston Martin sticht Ferrari in der GT-Klasse aus, während Porsche chancenlos bleibt. United Autosport triumphiert in der LMP2.

Toyota TS050 Hybrid - Startnummer #8 - Klasse: LMP1 - 24h-Rennen - Le Mans 2020
Foto: Toyota

Es wurde der erwartete Sieg. Toyota reiste zum dritten Mal in Serie als haushoher Favorit nach Le Mans an und bringt zum dritten Mal nach 2018 und 2019 den größten Langstreckenpokal nach Japan. Seit Porsche Ende 2017 das Feld räumte, fährt der japanische Autohersteller ein Rennen gegen sich selbst. Die Privatteams sind keine echten Gegner.

Auch wenn die Schweizer Mannschaft Rebellion aus den vergleichsweise bescheidenen Möglichkeiten viel herausholt. In der Qualifikation näherte man sich Toyota bis auf eine halbe Sekunde. Im Rennen hielt Startfahrer Bruno Senna im ersten Stint den Kontakt zum Toyota von Mike Conway und ließ Sebastien Buemi hinter sich. Nach den ersten Boxenstopps klaffte die Lücke auf. Der zweite Toyota ging durch einen schnelleren Service vorbei und Toyota ritt im Doppelpack davon.

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Allerdings stolperte der Toyota mit der Startnummer 7 über die Technik. Ein defekter Turbolader warf Mike Conway, Kamui Kobayashi, Jose Maria Lopez bis eine Stunde vor Zielflagge vom Podest. Bis Louis Deletraz im zweiten Rebellion R13 in Indianapolis wegen eines langen Bremspedals von der Strecke rodelte, mit der rechten Fahrzeugseite am Reifenstapel aneckte und die Box aufsuchen musste. Dann machte auch noch die Kupplung Probleme, weil Luft in das System eingedrungen war, und der Toyota huschte wieder vorbei.

So verwehrte sich das tapfere Rebellion selbst ein Doppel-Podium. Nach 24 Stunden und 387 Runden siegte der Toyota von Sebastien Buemi, Kazuki Nakajima, Brendon Hartley. Für Buemi und Nakajima ist es der dritte Erfolg – in den letzten beiden Jahren an der Seite von Fernando Alonso. Für Hartley nach dem Triumph 2017 mit Porsche die zweite Langstreckenkrone. Das Schwesterauto kam als drittes Fahrzeug mit einem Rückstand von sechs Runden ins Ziel. Dazwischen arbeiteten sich Bruno Senna, Norman Nato, Gustavo Menezes im schnelleren Rebellion (plus fünf Rennrunden). In der GT-Klasse triumphierte Aston Martin vor Ferrari.

Toyota TS050 Hybrid - Startnummer #7 - Klasse: LMP1 - 24h-Rennen - Le Mans 2020
Toyota
Der 7er Toyota erlitt gegen 2:30 Uhr einen Turboschaden.

Turboschaden bei 7er Toyota

Die vorhergesagten Unwetter trafen nicht ein. Es blieb über 24 Stunden bis auf ein paar vereinzelte Regentropfen kurz vor Mitternacht trocken. Zu diesem Zeitpunkt führten Conway, Kobayashi und Lopez das Feld souverän an, obwohl das Trio ein Safety Car auf dem falschen Fuß erwischt hatte. Ihr Tankstopp war ungünstig gefallen und das 7er Auto parkte am Ende der Boxenstraße vor einer roten Ampel. Dadurch tauschten die beiden Toyota die Plätze.

Lange sollte sich der TS050 mit der Startnummer 8, der in der Frühphase einen Reifenschaden hinten links erlitten hatte, nicht an der Spitze halten. Überhitzte Bremsen zwangen Toyota zu einem Nothalt. Die Mechaniker wechselten vorne rechts die komplette Bremsanalage, was die späteren Sieger rund zehn Minuten kostete. Buemi/Nakajima/Hartley hatten Glück im Unglück. Das Trio fiel zwar eine Runde zurück. Es hätten aber drei sein können. Das zweite Safety Car rettete sie in der siebten Rennstunde.

Zur Rennhalbzeit ereilte den 7er Toyota ein Technikdefekt. Einer der beiden Turbolader des 2,4 Liter großen Sechszylinders verabschiedete sich und zwang Kobayashi/Conway/Lopez zu einem rund halbstündigen Aufenthalt in der Garage. Die Mechaniker wechselten den Lader, doch danach war an den Sieg nicht mehr zu denken. Selbst das Podest schien außer Reichweite. Ein Vorsprung von einer Runde wandelte sich in einen Rückstand von mehreren Umläufen. Es bleibt dabei: Der 7er Toyota wird in Le Mans vom Pech verfolgt, während das Schwesterauto zum dritten Mal vom Glück geküsst wurde. Immerhin hatten Kobayashi/Conway/Lopez in der letzten Rennstunde ein wenig Dusel, dass der zweite Rebellion nicht problemlos durchkam. So kletterte man wenigstens auf den dritten Platz.

Rebellion R13 - Startnummer #1 - Klasse: LMP1 - 24h-Rennen - Le Mans 2020
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Rebellion zwang sich mit einem Auto zwischen die übermächtigen Toyota.

Sonderlob für Rebellion

Rebellion, mit konventionellem Verbrennungsmotor und ohne Hybridsystem unterwegs, überzeugte dennoch. Auf die Toyota fehlten pro Runde zwischen drei und fünf Sekunden. Im Verkehr konnte der TS050 den Boost des Elektromotors ausspielen. Dafür hatte der Rebellion den etwas höheren Topspeed auf den langen Geraden.

Gegen die Konstanz von Toyota auf der Strecke und bei den Boxenstopps war für die Schweizer Mannschaft nichts auszurichten. Dafür war der R13 bis auf wenige Ausnahmen sattelfest. Romain Dumas, Nathanael Berthon, Louis Deletraz (Startnummer #3) mussten nach etwa einer Stunde die Motorhaube tauschen lassen. Bei Dunkelheit trafen sie einen Hasen und mussten abermals in die Box, um den Vorderwagen zu flicken. Das kostete sie eine Runde. Bruno Senna, Norman Nato, Gustavo Menezes (Startnummer #1) parkten kurz nach Anbruch des letzten Rennviertels für fast sechs Minuten in der Garage. Die vordere Verkleidung drohte sich bei Geschwindigkeiten von 330 km/h zu lösen und musste verschlusssicher befestigt werden.

Dazu quälten sich Senna/Nato/Menezes mit heiß-laufenden Bremsen. Das schnellere Rebellion-Trio setzte sich trotzdem durch. Auf der Strecke wurde man zwar aufgefordert, hinter dem Schwesterauto zu bleiben, in der Box drehte sich aber die teaminterne Rangfolge. Der unfreiwillige Ausflug von Deletraz besiegelte die Hackordnung.

Der zweite Platz für Senna/Nato/Menezes war ein verdienter. Das Trio war schneller und notierte sich zudem in 3:19.264 Minuten sogar die schnellste Rennrunde, was unterstreicht, wie gut vorbereitet Rebellion nach Le Mans kam. Die Schweizer beschenkten sich zum Abschied mit einem Podium. Es war ihr vorerst letzte Auftritt in Le Mans. Die Schweizer Mannschaft verdient ein Sonderlob – trotz einiger Wehwehchen (Bremse, Getriebe, Kupplung) in der Schlussphase.

Kolles fiel einmal mehr durch fehlenden Speed und technische Unzulänglichkeiten auf. Nach knapp drei Stunden streikte die Lichtmaschine. Nach sechseinhalb Stunden riss es dem Enso CLM P1/01 den Heckflügel im schnellen S nach dem Dunlop-Bogen ab, sodass Bruno Spengler in den Reifenstapel flog. An anderer Stelle wäre der Abflug vermutlich schlimmer ausgegangen. Nach 97 Runden war das Rennen für die Kolles-Mannschaft beendet.

Aston Martin Vantage - Startnummer #97 - Klasse: GTE Pro - 24h-Rennen - Le Mans 2020
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Sieg für Aston Martin mit dem 97er Vantage in der Klasse GTE Pro.

Aston Martin setzt sich durch

Le Mans beklagt einen Herstellerschwund. Toyota als einziger Autobauer in der LMP1. Aston Martin, Ferrari und Porsche als einzige Hersteller in der GTE Pro. Ford und BMW hatten ihre Werksengagements nach der letzten Saison beendet. Chevrolet verzichtete auf einen Start wegen der Doppelbelastung mit der IMSA-Rennserie. Die Dürre dürfte erst 2022 enden. Dann sollen die Daytona-Prototypen für das Langstreckenrennen zugelassen werden. Mehr als ein Dutzend Hersteller soll Interesse bekundet haben.

In der GTE Pro lieferten sich Aston Martin und Ferrari einen sehenswerten Zweikampf. Mit dem besseren Ausgang für die die Engländer. Ein letztes Safety Car zementierte den Erfolg. Aston Martin führte seine deutlich verbesserte Performance auf die Reifen zurück. Da hat man zusammen mit Michelin nach dem schwachen Abschneiden im Vorjahr viel Arbeit investiert, die sich auszahlte. Maxime Martin, Alex Lynn, Harry Tincknell jubelten, während die Vorjahressieger Alessandro Pier Guidi, James Calado, Daniel Serra den zweiten Platz einfuhren. Den dritten Podestplatz in der GTE Pro sicherte sich der zweite Aston Martin von Nicki Thiim, Marco Sorensen, Richard Westbrook.

Porsche chancenlos in GTE Pro

Porsche freute sich am Freitag über die Hyperpole in der Klasse und versank nach dem Rennstart in den Niederungen des Klassements. Auf eine Runde hatte Gianmaria Bruni die Defizite des Autos mit einer Fabelrunde überdeckt. Im Rennen wurde der 911 RSR mit der Startnummer 91 früh zurückgereicht. Aston Martin und Ferrari überflügelten den Elfer im Longrun.

Die Porsche-Fahrer klagten über fehlende Traktion, zu wenig Höchstgeschwindigkeit und Untersteuern. Einzig in den schnellen Kurven wähnte man sich konkurrenzfähig. Es war früh abzusehen, dass Porsche nur Regen helfen könnte. Auf einer trockenen Fahrbahn war nichts auszurichten. Doch auch eine nasse Piste hätte nichts geändert. Zu mangelndem Speed gesellte sich fehlende Standfestigkeit. Beide 911 RSR drängte eine defekte Servolenkung für längere Zeit in die Garage. Dazu muckte die Elektrik. "Wir werden die Technikprobleme nach dem Rennen eingehend untersuchen", kündigte Projektleiter Pascal Zurlinden an. Der erste Aufritt mit dem runderneuerten 911 RSR in Le Mans ging jedenfalls daneben.

Aston Martin und Ferrari wetteiferten lange um den Klassensieg. Beide Hersteller hatten je ein aussichtsreiches Auto im Kampf um den Erfolg – Aston Martin den Vantage von Maxime Martin, Alex Lynn, Harry Tincknell (Startnummer #97), AF Corse den 488 GTE von Alessandro Pier Guidi, James Calado, Daniel Serra (Startnummer #51). Am Sonntagvormittag löste sich Aston Martin entscheidend von Ferrari.

Den Schwester-Aston warfen die Safety Cars in der ersten Rennhälfte aus der Kandidaten-Liste um den Sieg. Das zweite Auto von AF Corse verlor den Kontakt zum Klassenpodest nach einem Reifenschaden hinten rechts nach gut elf Stunden. Reparatur und Bremstausch sorgten für einen längeren Aufenthalt in der Box. Den Weathertech-Ferrari (Startnummer 63) rammte ein LMP2.

United Autosport Oreca 07-Gibson - Startnummmer #22 - Klasse: LMP2 - 24h-Rennen - Le Mans 2020
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United Autosport (Startnummer #22, links) jubelte bei den LMP2.

United Autosport siegt in LMP2

Die LMP2 erlebte stolpernde Favoriten. Vorjahressieger Signatech-Alpine (Startnummer #36) suchte aufgrund eines Wasserlecks schon vor dem Rennstart die Box auf. Später drehte sich Thomas Laurent in den schnellen Porsche-Kurven, ohne einzuschlagen. Mehr als Platz vier war nicht mehr möglich. Auch das Racing Team Nederland (Startnummer #29) beklagte ein Wasserleck. Zudem steckte Frits van Eerd nach einem Malheur in den Ford-Schikanen kurzzeitig im Kiesbett. Jackie Chan DC Racing (Startnummer #37) lähmte die Elektrik. Weil es fremde Hilfe brauchte, um das Auto wieder in Gang zu bringen, wurde die Mannschaft disqualifiziert. Das führende Auto bei Mitternacht, der United Autosport von William Owen, Alex Brundle und Job van Uitert (Startnummer #32) brachte ein Ölleck um alle Chancen.

G-Drive Racing (Startnummer #26) versemmelte das Podest in der letzten Stunde. Offenbar führte ein Aufhängungsschaden an der Vorderachse zu einem platten Reifen. Jean-Eric Vergne schleppte sich zu seiner Truppe. Panis Racing (Startnummer #31) profitierte und rückte auf das Klassenpodest auf. Die Sieger kamen von United Autosport. Phil Hanson, Filipe Albuquerque und Paul di Resta (Startnummer #22) errangen den Erfolg vor der Jota-Mannschaft um Anthony Davidson, Antonio Felix da Costa, Roberto Gonzalez (#38).

Die letzten Minuten wurden für die Amerikaner zur Zitterpartie. Zehn Minuten vor Schluss steuerte Hanson ein letztes Mal die Boxenstraße an, um nachtanken zu lassen. Dadurch verkürzte Davidson von über 50 auf fünf Sekunden. Jota wollte ohne weiteres Nachtanken durchfahren, musste das Vorhaben aber abblasen. Auch Davidsons Oreca 07 mit Gibson-Motor verlangte nach Benzinnachschub.

Die LMP2 bildete mit 24 Fahrzeugen die größte Klasse. In der GT-Klasse für Amateurfahrer starteten 22 Autos. Dort gewann wie in der GTE Pro ein Aston Martin. Salih Yoluc, Charles Eastwood, Jonathan Adam führten TF Sport zum Klassensieg. Von den insgesamt 59 Autos schafften es elf nicht ins Ziel. Insgesamt gab es vier Safety Car-Phasen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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