Sportwagen-WM (WEC) Bahrain 2016
Audi siegt zum Abschied, Porsche-Trio holt Titel

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Das Finale der Langstrecken-WM war als Rennen ein absoluter Langweiler – dafür aber reich an Emotionen: Titel, Tränen und Trauer, wohin man im Fahrerlager auch blickte. Audi beendete eine goldene Ära mit einem Doppelsieg.

WEC - Sportwagen-WM - Bahrain 2016 - Podium
Foto: xpb

Männer weinen eher selten. Wenn viele Männer viel weinen, muss schon verdammt viel passieren – wie in Bahrain beim Saisonfinale der Sportwagen-WM. Audi Sport bestritt dort sein letztes Rennen in der LMP1-Klasse – und man beendete die Ära mehr als würdevoll: mit einem Doppelsieg und mit brachialer Geschwindigkeit.

Als das Rennen vorüber war, brachen sich die Emotionen Bahn: Die beiden Audi R18 parkten unterhalb des Podiums, die Audi-Teammitglieder eilten vom entgegengesetzten Ende der Boxengasse herunter und nahezu alle Teams im WM-Fahrerlager standen Spalier, um den Audi-Boys und -Mädels bei ihrem letzten Podiumsweg ein herzliches Geleit zu geben und innig zu gratulieren. Gerührt von der Anteilnahme und dem offen zur Schau getragenen Respekt flossen viele Tränen – bei den Fahrern, bei Sportchef Wolfgang Ullrich, bei den Ingenieuren und Mechanikern. Man spürte: Eine große Ära ging zu Ende, auf eine großartige Weise.

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Audi war in Bahrain drückend überlegen

Rein sportlich war der Fisch früh geputzt: Die beiden Audi R18 stürmten dem Feld mit Siebenmeilenstiefeln davon, nach zwei Stints hatte man eine halbe Minute im Sack, zur Rennhalbzeit betrug der Vorsprung 45 Sekunden. Anders als von den Gegnern erwartet, blieb die Audi-Pace auch bei kühleren Bedingungen in der Nacht konstant. Und anders als im Rest der Saison 2016 gab es diesmal keine technischen Probleme – Langstreckenrennen gewinnt man mit Speed und Zuverlässigkeit.

Dass am Ende Lucas di Grassi, Oliver Jarvis und Loïc Duval siegten und André Lotterer, Benoît Tréluyer und Marcel Fässler Zweite wurden, hatte zwei Gründe: Erstens verlor das Auto mit der Startnummer 7 bei zwei Stopps Zeit, weil die Drehmomentüberwachung der Wheel-Gun wegen eines Kabelbruchs verrückt spielte, was in Summe 15 Sekunden kostete. Trotzdem hätten Lotterer, Fässler und Tréluyer siegen können, denn das Schwesterauto kam bei der einzigen Full Course Yellow zum Stopp in die Box, war damit außerhalb der regulären Sequenz und hätte deshalb einen Splash&Dash am Ende benötigt.

Bei der Serie der fünften Stopps zog man den Splash vor, wechselte nach 15 Runden im Stint aber keine Reifen. Durch die kurze Stoppzeit von 46 Sekunden kam man wieder an die Spitze, die Reifen hielten durch, der Sieg war besiegelt. Lucas di Grassi brachte die Emotionen auf den Punkt: „Es ist trotz unseres Sieges ein trauriger Tag! Ich werde die Sportwagen-WM und das tolle Fahrerlager vermissen.“

Auch bei Porsche war es ein Tag gemischter Gefühle: Mark Webber bestritt sein letztes Rennen für die Schwaben. Auch hier also ein Abschied, der immerhin mit Platz 3 versüßt wurde. „Wir hatten heute gegen Audi keine Chance, das muss man so klar sagen“, bekannte der Australier, „aber es ist schön, diese Phase meiner Karriere mit einem Podium zu beenden.“ Für Tränen gab es beim kantigen Aussie keinen Anlass, niemand zwang ihn zum Aufhören, es war seine Entscheidung, er wollte die Karriere auf dem Toplevel seines Könnens beenden. „Und diese letzte Saison war fahrerisch gesehen meine beste – also bin ich happy.“

Glückliche Weltmeister von Porsche

Ob das auch für die neuen LMP1-Fahrerweltmeister gilt, ist noch offen. Seit Wochen halten sich Gerüchte, dass Marc Lieb und Romain Dumas möglicherweise keine Zukunft im LMP1-Sport haben werden. Insofern dürfte der WM-Titel für sie eventuell eher eine bittere Pille denn eine große Torte mit Sahnehäubchen gewesen sein. Ihr letztes Rennen zusammen mit Teamkollege Neel Jani war die perfekte Zusammenfassung einer über weite Strecken unglücklichen Saison: Nach einem Feindkontakt mit einem Porsche 911 sorgte ein Reifenschaden in Bahrain für den Rückfall auf Platz 6 – so will man keinen Titel gewinnen. Andererseits ist ein WM-Titel ein WM-Titel. Es gibt keine unverdienten Weltmeister – nur unterschiedlich glückliche.

In der LMGTE Pro siegten Nicki Thiim und Marco Sorensen in ihrem Aston Martin Vantage V8 den Laufsieg vor dem Ferrari-Duo Gianmaria Bruni und James Calado. Die beiden Hersteller teilten sich auch die GT-Titel auf. Thiim und Sorensen wurden Fahrermeister. Wer hätte das zu Saisonbeginn der Langstrecken-WM für möglich gehalten? Das älteste GT-Auto im Feld holt nach vielen vergeblichen Anläufen endlich den ersten wichtigen Titel seit dem Vantage-Renndebüt 2008 und schlägt dabei so radikale GT-Newcomer wie Ferrari 488 oder Ford GT. Der Titelgewinn in der Hersteller-Wertung ging an Ferrari.