Sportwagen-WM (WEC), Rennen Silverstone
Doppelsieg für Toyota

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Der mit Spannung erwartete Saisonauftakt der Sportwagen-Weltmeisterschaft (WEC) produzierte einen klaren Sieger: Toyota feierte in Silverstone einen Doppelsieg, Porsche schaffte beim Debüt immerhin einen Podiumsplatz – und Audi patzte.

04/2014 WEC Silverstone 6 h Rennen
Foto: FIA WEC

Das erste direkte Aufeinandertreffen der brandneuen LMP1-Rennwagen von Audi, Porsche und Toyota am Ostersonntag (20.4.2014) im britischen Silverstone versprach Rennsport vom Feinsten – denn im Zeittraining lagen die drei Marken einträchtig auf den ersten drei Plätzen, getrennt gerade einmal durch die Winzigkeit von drei Zehntelsekunden. Damit war nicht unbedingt zu rechnen, denn beim technischen Konzept trennen die Wettbewerber Welten: Porsche nutzt einen Zwei-Liter-Turbo-Benziner, Toyota setzt auf einen großvolumigen V8-Saugmotor und Audi auf einen Turbodiesel. Neben unterschiedlichen Hubräumen wählten die Hersteller auch noch sehr divergente Energierekuperationsformen und sehr unterschiedliche Energiespeicher.

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Konzepte wirken ausgeglichen

Bei dieser Vielzahl an technischen Lösungen war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass die drei Wettbewerber so eng beieinander liegen würden. In den ersten 15 Runden des auf sechs Stunden angesetzten Rennens – das jedoch 25 Minuten vor Rennende wegen starker Regenfälle abgebrochen werden musste – bestätigte sich die Ausgeglichenheit aus dem Zeittraining, besonders zwischen Audi und Toyota: Harte Zweikämpfe und zahlreiche Überholmanöver begeisterten die zahlreich erschienenen Fans. Leider verflachte das Rennen in der Folge aus drei Gründen: Erstens setzte in Runde 20 der angekündigte Regen in Form von zahlreichen Schauern ein, was die Renn- und Reifenstrategien gehörig durcheinander wirbelte. Zweitens verlor Audi durch eine Kombination aus Fahr- und Strategiefehlern erst den Anschluss an die Spitze, und letztlich schieden beide R18 e-tron quattro aus. Drittens wurde schnell klar, dass Porsche unter Rennbedingungen die Pace an der Spitze nicht mitgehen konnte.


Toyota-Auftritt verläuft nach Plan

Nach Plan lief es bei diesem Rennen nur bei Toyota: die Japaner mit Teamsitz in Köln feierten einen überlegenen Doppelsieg. Anthony Davidson, Nicolas Lapierre und Sébastien Buemi überstanden alle Wetterwechsel, ließen sich keine Fahrfehler zuschulden kommen, auch bei Strategie und Reifenwahl arbeitete das Team tadellos. Das Schwesterauto mit Alexander Wurz, Stephane Sarrazin und Kazuki Nakajima hatten bei Rennabbruch eine Runde Rückstand auf die Sieger. Nach anfänglicher Führungsarbeit büßte das Trio wegen einer riskanten Reifenwahl in der ersten Rennstunde entscheidend Zeit ein, mit zunehmender Renndauer vergrößerte sich der Abstand auf das siegreiche Schwesterauto kontinuierlich.

Einen rabenschwarzen Tag erwischte Audi in Silverstone: Nachdem das Joest-Team zu Rennbeginn die Toyota unter Druck setzen konnte und phasenweise sogar führte, ging der Faden beim ersten Regenschauer flöten: Das Team ließ beide R18 auf Slick-Reifen, in der Hoffnung, es würde schnell wieder abtrocknen. Die Rechnung ging nicht auf: Lucas di Grassi drehte sich in Runde 23 auf Slicks ins Kiesbett, beim Einschlag wurde das Monocoque so stark beschädigt, dass das Auto zurückgezogen werden musste. André Lotterer zahlte im Schwesterwagen ebenfalls einen hohen Preis für die Risiko-Strategie und büßte durch einen Dreher und einen verpatzten Boxenstopp noch in der ersten Rennstunde einen deutlichen Rückstand ein. In Runde 97 schied er Audi mit der Startnummer 2 nach einem Unfall von Benoît Tréluyer endgültig aus. Audi verließ Silverstone ohne zählbares Resultat – und dass als amtierender Sportwagen-Weltmeister und Le-Mans-Sieger 2013...

Porsche schlägt sich achtbar

Für Neueinsteiger Porsche ging es in Silverstone beim allerersten Rennen darum, sich achtbar aus der Affäre zu ziehen – was den Schwaben mit einem dritten Rang für Mark Webber, Brendon Hartley und Timo Bernhard letztlich gelang. "Wir müssen uns über die Renndistanz steigern, aber das wir uns vorher klar" so Teamchef Andreas Seidl. "Für uns war extrem wichtig, das Rennen zu beenden und Erfahrungswerte zu sammeln. Die Performance im Vergleich zu Audi und Toyota war zeitweise recht gut, auch wenn wir hier in Silverstone mit deutlich weniger Abtrieb fuhren als unsere Gegner."

Das Schwesterauto von Marc Lieb, Neel Jani und Romain Dumas hatte bereits in Runde 23 ein Rad verloren, was den Tausch der linken vorderen Aufhängung nach sich zog und einen Zeitverzug von 16 Minuten bedeutete. In Runde 38 strandete der 919 Hybrid dann endgültig mit einem Technikdefekt.

Nach dem ersten Saisonrennen unter sehr wechselhaften Witterungsbedingungen kann noch keine klare Hackordnung in der LMP1-Klasse ausgemacht werden: Toyota ist schnell und zuverlässig, Audi präsentierte sich in Silverstone konkurrenzfähiger als gedacht, und Porsche muss das Potenzial beim Rennspeed besonders durch Optimierung von Reifenverschleiß und Reifennutzung weiter verbessern. Schnell sind die Schwaben aber schon jetzt. Und noch ein weitgehend positives Fazit: Bei der Überprüfung der strengen Energieobergrenzen kam es in der LMP1-Klasse nicht zu dem befürchteten Chaos – obwohl in Silverstone die gleichen Durchflussmengenbegrenzer zum Einsatz kommen wie in der Formel 1.

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