Glock über Lage im deutschen Motorsport
„Die Gesamtsituation ist dramatisch schlecht“

Timo Glock startete beim Finale der Nürburgring Langstrecken-Serie, um seine Permit zu machen. Wie es ist, wenn einem die GT3-Autos um die Ohren fahren, wie er seine allerersten Nordschleifen-Runden erlebt hat und weshalb er auch im BMW 318ti Cup und Porsche Supercup Spaß hat.

NLS 9 - Nürburgring-Nordschleife - 7. Oktober 2023
Foto: Stefan Baldauf

Sie gaben kürzlich ein Gastspiel im DMV BMW 318ti Cup, waren im Porsche Supercup aktiv und sind zuletzt beim Saisonfinale in der NLS auf einem BMW M240i gestartet. Juckt es wieder im Gasfuß?

Ich habe ja eigentlich nie aufgehört. Aber es gab keine Möglichkeiten. Bei Porsche durfte ich im Supercup das VIP-Auto fahren, den DMV BMW 318ti Cup bin ich aus Spaß gefahren. Das kam über das Autohaus Cuntz, das ich bei einem Driving Experience Event in Hockenheim kennengelernt habe. Ich fand es toll, wie sie mit ihren Kunden umgehen, und habe dort auch ein Auto gekauft.

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Wie kam es dann zu dem Renneinsatz?

Ich habe gesehen, dass sie so einen BMW 318ti haben. Ich kannte das Konzept gar nicht. Und sie meinten, wenn ich Bock habe, kann ich mitfahren. Ich habe einen Tag getestet und viel Spaß gehabt. Ich wollte einfach wieder die Basis des Motorsports beschnuppern. Am Samstagabend haben wir einen Kasten Bier aufs Dach gestellt, und du hast dich mit allen Fahrern unterhalten. So wie früher.

NLS 9 - Nürburgring-Nordschleife - 7. Oktober 2023
Stefan Baldauf

Timo Glock gab sein Nordschleifen-Debüt in einem BMW M240i.

Und wie kam es zum Projekt Nordschleifen-Permit?

Es gab aus diesem Kreis die Idee, eventuell beim 24h-Rennen Nürburgring einen GT4 einzusetzen. Ich muss ja aber noch die Permit machen. So kam der Kontakt zu dem Team zustande, in dem ich jetzt gefahren bin. Eigentlich war schon beim letzten Mal der Plan, dass ich das 24h-Rennen Nürburgring mit Timo Scheider und Mike Rockenfeller auf einem Auto fahre. Es wurde dann Martin Tomczyk. Ich konnte die Permit nicht machen, weil ich Überschneidungen mit meinem Formel-1-Engagement hatte.

Sind Sie vorher schon in der Grünen Hölle gefahren?

Vor 15 Jahren mal mit dem Straßenauto. Mit dem Rennauto waren es aber meine ersten Runden auf der Nordschleife. Es macht schon Laune. Wenn du nicht ständig in den Rückspiegel schaust, hast du plötzlich einen GT3-Koffer im Kreuz. Der Unterschied ist gewaltig. Es ist eine Herausforderung, den Verkehr zu lesen. Auch mit so einem Auto ist das eine Challenge. Deshalb bin ich hier und mache meinen Führerschein.

Was halten Sie von der aktuellen Permit-Regelung?

Es hat Vor- und Nachteile. Bei jemandem, der schon alles auf diesem Planeten gefahren ist, kann man das ein bisschen infrage stellen – und ich bin ja einiges gefahren. Trotzdem ist es sinnvoll, in einem kleineren Auto wie etwa einem GT4 mal ein Rennen zu fahren – aber nicht als Voraussetzung dafür, dass du überhaupt die Zulassung bekommst. Es ist aber selbst für jemanden, der Erfahrung hat, wichtig, auf einem kleineren Auto die Verkehrssituation verstehen zu lernen. Für alle anderen Hobbyfahrer ergibt es Sinn, sich langsam an so ein Thema heranzutasten. Es sind ja schon über 20 Kilometer Strecke, Verkehr und so weiter. Die müssen ja noch viel mehr Dinge lernen und verstehen, als es bei uns der Fall ist. Es ist eine Rennstrecke, die einzigartig ist, weshalb es eine andere Herangehensweise braucht. Aber man könnte es anders kategorisieren.

Was waren die größten Herausforderungen für Sie?

Witzigerweise bin ich über die Strecke gefahren und wusste, was kommt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich hier zum ersten Mal fahre. Ich habe schon zu viele 24h-Rennen aus der On-Board-Perspektive gesehen. Aber nach den Namen der Streckenabschnitte darf man mich noch nicht im Detail fragen.

Ob großes oder kleines Auto – das macht für Sie in Sachen Spaß also keinen großen Unterschied?

Ohne ein GT3-Auto hier bisher bewegt zu haben, glaube ich sogar, dass es in einem kleinen Auto schwieriger ist. Ein GT3-Auto hat so viel Abtrieb, dass du manche Kuppen und Bodenwellen gar nicht merkst. Mit dem kleinen Auto bist du immer in Bewegung, und dann musst du natürlich auch nach dem Verkehr schauen.

Sehen wir Sie jetzt wieder öfter hinterm Lenkrad?

Das Problem ist die Gesamtsituation im deutschen Motorsport, die dramatisch schlecht ist. Ich komme nicht mit dem Geldkoffer um die Ecke. Es ist ein Beruf wie jeder andere auch, und der Rennfahrer muss für sein Handwerk bezahlt werden. Das ist in den letzten Jahren in die falsche Richtung abgebogen. Wir hatten mal sieben deutsche F1-Fahrer. Wir sind das einzige Land, das nicht in der Lage ist, einen Grand Prix auszutragen. Alle rundherum schaffen es. Die komplette Plattform für den Nachwuchs ist auch nicht mehr da.

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