Tracktest Aston Martin V12 Zagato
Red Zag beim 24h-Rennen 2011

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Der Aston Martin V12 Zagato war nicht der schnellste, auch nicht der leichteste und nach Resultat erst recht nicht der beste Rennwagen inmitten der 135 Angekommenen beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring 2011 - mit Sicherheit aber einer der Schönsten und Stimmgewaltigsten.

24h Rennen Nürburgring 2011 Ziel
Foto: SB Medien

Wohlwollend betrachtet darf man großen Mut unterstellen, mit dem das 24h-Renn-Projekt Aston Martin V12 Zagato angeschoben wurde. Kritisch beleuchtet ist es im besten Fall Blauäugigkeit, im schlechtesten - nun ja - lassen wir das ...

Die Dramaturgie der Geschichte wird mit Blick auf die engen Zeitabläufe erst recht spannend: Neuaufbau des Autos in mühevoller Handarbeit im Aston Martin-Werk in Gaydon zwischen Anfang April und Mitte Mai 2011. Als Basis fungieren das Chassis und der Antriebsstrang des Aston Martin Vantage V12. Mitte Mai dann die Präsentation der daraus neu entstandenen Zagato-Variante in der Villa D‘Este am Comer See mit eindrucksvollem Resultat: Gewinn des prestigeträchtigen Concours d‘Elegance.
 
Anschließend Rückführung nach Gaydon. Umbau des roten „Zag“, wie er liebevoll genannt wurde, vom Straßensportler zum Rennwagen zwischen dritter Maiwoche und Mitte Juni. Überführung zum Nürburgring am Dienstag, den 21. Juni. Technische Abnahme einen Tag später. Freies Training Donnerstag, 23. Juni. Das erste Qualifikationstraining am selben Abend: beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring Startplatz 65 mit einer Rundenzeit von 9.19 Minuten. Beim zweiten Qualifikationstraining am Freitag nur noch Einstellarbeiten am Aston Martin V12 Zagato, also kein Versuch, die Trainingszeit noch einmal zu verbessern.

Unsere Highlights

Start des Langstrecken-Klassikers schließlich am Samstag, 16 Uhr. Die Zieldurchfahrt des Aston Martin V12 Zagato 24 Stunden später auf Gesamtrang 89 und Platz fünf in der Klasse SP8. Insgesamt 135 von 202 gestarteten Fahrzeugen haben es beim 24h-Rennen 2011 ins Ziel geschafft. Kann dieses Ergebnis als Erfolg gewertet werden? Auch hier kommt es auf die Betrachtungsweise an. Olaf Manthey, der mit seinem auf einem Porsche 911 GT2 RSR ins Rennen gegangenen Team nun schon zum fünften Mal den Siegerpokal in die Luft stemmen durfte, hätte sich vor Enttäuschung sicher kommentarlos aus dem Ring-Staub gemacht.

Aston Martin bleibt 24h-Rennen am Nürburgring treu

Ulrich Bez, dessen Rolle insofern eine ganz besondere ist, als er als gesamtverantwortlicher Aston Martin-Boss und Fahrer in Personalunion eine Bloßstellung in doppelter Hinsicht riskiert, beorderte nach der Zieldurchfahrt umgehend das rund 25-köpfige Team zusammen und brachte eine Begeisterung zum Ausdruck, die der der Champagner-getränkten Sieger von Manthey Racing kaum nachstand: „Wir haben beim sechsten Anlauf zum sechsten Mal beweisen können, dass wir mit unseren fast serienmäßigen Straßensportwagen beim härtesten Langstreckenrennen der Welt mit Stil und Anstand bestehen können.“ Sprach‘s und kündigte wie selbstverständlich eine Fortsetzung des Aston Martin-Engagements beim 24-Stunden-Rennen 2012 und 2013 an.
 
Warum ausgerechnet ein zerbröseltes Zahnradpaar des automatisierten Transaxle-Getriebes Anlass für die gut dreistündige nächtliche Rennpause gab, ist eines der wenigen Geheimnisse, die den ansonsten perfekten Rhythmus des routinemäßigen Rennverlaufs beeinträchtigten. „Diesen Defekt gab es noch nie!“, war der einstimmige Tenor aus dem Aston Martin-Lager, und: „Die Zahnräder des Graziano-Getriebes sind eigentlich für die Ewigkeit gebaut.“

Apropos Zähne: Bei aller Freude über die ansonsten von Zwischenfällen kaum gestörte Zeitreise um den Ring wurden selbige doch extrem lang, als die rot/weiße, sich bis dahin regelmäßig mit schreiend-schönem Zwölfzylinder-Sound ankündigende Nummer 3 während des anstehenden Getriebewechsels in den Ergebnislisten nach unten rauschte - vom bis dahin heiß erkämpften Gesamtrang 36 in Stunde elf nach Rennstart bis auf den letzten Platz innerhalb des noch im Rennen befindlichen Starterfeldes. Die Gesichter im Team hellten sich trotz kurzfristig tief eingegrabener Furchen und blassem Teint erst auf, nachdem nach einer Runde Probefahrt vom Cockpit aus die vollständige technische Genesung konstatiert wurde.

Kampf um die Top20 verloren

Die Aufholjagd zurück unter die ersten Hundert kam gefühlsmässig dem Kampf um die Pole Position gleich. Ernsthaft betriebenen Hochrechnungen zufolge hätten „Zag“ und seine Besatzung rund um Kommandant Bez locker das Zeug gehabt, das 24h-Rennen am Nürburgring unten den ersten 20 im Gesamtklassement zu beenden. Noch aussichtsreicher war „Zig“, der grüne Zwillingsbruder von „Zag“ mit seiner Fahrer-Equipe um Aston-Projektingenieur Chris Porrit unterwegs. Ein Unfall stoppte - wie bei so vielen - die fulminante Jagd nach Position und Anerkennung indes jäh - in Stunde elf auf Gesamtrang 18 liegend. That’s racing.

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