Vortest-Ergebnis 24h-Rennen Le Mans 2012
Chancen der privaten LMP1-Teams

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Im Schatten der Werke treten einige private LMP1-Teams beim 24h-Rennen in Le Mans 2012 an. Eine Chancen-Analyse nach dem Vortest.

24h-Rennen LeMans
Foto: xpb

Spötter haben eine klare Meinung darüber, wie das 24h-Rennen in Le Mans 2012 an der Spitze laufen könnte: Die beiden noch sehr taufrischen und wenig getesteten Toyota werden nicht ohne technische Probleme über Distanz kommen, also weit zurückfallen oder sogar ausfallen. Damit wäre der Weg frei für den zweiten werksmäßig engagierten Hersteller in der LMP1-Klasse, nämlich Audi. Wetten auf einen Dreifachsieg der Ingolstädter werden von den Online-Wettbüros jetzt schon mit einer extrem schlechten Quote gewürdigt...

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Und dahinter? Sieben weitere privat eingesetzte Wagen sind in der LMP1-Klasse für das 24h-Rennen in Le Mans genannt: Zwei Honda ARX 03a der Teams Strakka Racing und JRM, dazu zwei Lola mit Toyota-Kundenmotoren des Schweizer Rebellion-Teams. Schließlich die OAK-Racing-Mannschaft mit Pescarolo-Chassis und Judd-Motor sowie das Team von Henri Pescarolo selbst, der ein neues eigenes Chassis (Pescarolo 03) mit Judd-Motor sowie einen Dome-Judd im Auftrag des japanischen Sportwagenbauers einsetzen wird.

Eigenes Privatier-Rennen im Rennen

Der Vortest hat wieder klar gemacht, dass die privaten Teams deutlich hinter den Werksteams hinterherdackeln. Gut acht Sekunden büßte der Strakka-HPD auf die Bestzeit von Audi ein. Die privaten Teams fahren ihr eigenes Rennen im Rennen - auch wenn sie gemeinsam mit den Werksteams in der LMP1-Klasse genannt sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass hier kein guter Sport geboten würde: Rebellion, Strakka, JRM und Pescarolo sind ordentliche Teams mit kleinem Budget und teilweise sehr guten Fahrern. Bei Rebellion sind beispielsweise Nick Heidfeld, Nicolas Prost und Neel Jani am Start, bei Strakka die Routiniers Danny Watts und Johnny Kane und bei JRM Ex-Le-Mans-Sieger David Brabham, Peter Dumbreck und Karun Chandhok. Von zweiter Garnitur kann hier also sicher keine Rede sein.

Dennoch sind die Voraussetzungen in der inoffiziellen Privatiers-Wertung der LMP1-Klasse grundverschieden: Die beiden Honda-Teams Strakka und JRM sowie das Schweizer Rebellion-Team verfügen über gute Budgets und viel Erfahrung bei den Rennen zur Sportwagen-Weltmeisterschaft und gelten daher als Favoriten in der Klasse. Nicht umsonst landeten deren Autos beim Vortest geschlossen hinter den Werksabordnungen von Audi und Toyota auf den Plätzen 7 bis 11 und waren nur um drei Sekunden voneinander getrennt. Dahinter folgt ein Abriss von drei Sekunden zu Pescarolo und OAK, wobei das OAK-Team beim Vortest durch einen schweren Unfall von Guillaume Moreau beeinträchtigt wurde, bei dem sich der Franzose ziemlich schwere Wirbelverletzungen zuzog.

Dramen hinter den Kulissen beim 24h-Rennen

Natürlich war der Testtag in Le Mans reich an Dramen, zumindest wenn man hinter die Gardinen blickte. Das Pescarolo-Team ist beispielsweise gleich in zwei juristische Auseinandersetzungen verwickelt, eine führte dazu, dass beide Autos bis Freitag vor dem Vortest in Gewahrsam der Polizeibehörden blieben - keine optimale Vorbereitung. Dazu ruhte die Entwicklungsarbeit wegen der Budgetprobleme für fast zweieinhalb Monate. Der Vortest mit dem neuen Pescarolo 03 war denn auch ein kompletter Reinfall: Die Piloten klagten hinter vorgehaltener Hand über eine falsche Wahl der Aero-Spezifikation, viele technische Probleme und somit wenig Runden beim Vortest. Platz 12 mit sechs Sekunden Rückstand auf den Strakka-Honda kam einer Klatsche gleich. Die Vibrationen des Judd-V8-Motors beim Vortest führten zu mechanischen Schäden im Antriebsstrang, die in Summe vier Stunden Testzeit kosteten.

Der ebenfalls von Henri Pescarolo eingesetzte Dome S102.5 krankte übrigens an dem exakt gleichen Problem, da auch er von einem Judd-Triebwerk angetrieben wird. Das Dome-Chassis wurde ursprünglich für Toyota entwickelt, die damit jahrelang testeten, bevor sie im Oktober 2011 den Entschluss fassten, wieder werksseitig nach Le Mans zurückzukehren. Doch die Japaner kamen mit einem eigenen Chassis, dass jedoch in vielen Punkten identisch mit dem Toyota TS030 zu sein scheint. Aus Verbitterung über die Nichtbeachtung durch das Werk entschied der vermögende Dome-Boss Minoru Hayashi, den Einsatz des Testträgers selbst zu finanzieren - und direkt gegen seinen alten Partner Toyota in Le Mans anzutreten.

Weil der Dome S102.5 auf extrem wenig Abtrieb getrimmt ist, sind seine Topspeedwerte gut und die Rundenzeiten beeindruckend: Beim Vortest schaffte Pilot Nicolas Minassian eine Rundenzeit von 3.37,149 Minuten. Das reichte für Platz zehn und machte ihn zum direkten Gegenspieler der Privatiers-Platzhirsche Rebellion, Strakka und JRM. „Wenn das Auto hält, können wir beim 24h-Rennen in der inoffiziellen Privatiers-Wertung der LMP1-Klasse vielleicht für eine echte Überraschung sorgen und Top-Teams wie Rebellion ärgern“, glaubt Nicolas Minassian.


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