Audi S3 Sportback (2020)
Erste Fahrt im schnellen Premium-Kompakten

In seiner vierten Generation muss sich der Audi A3 noch intensiver als bisher mit seinen MQB-Plattformgeschwistern auseinandersetzen. Wie die Chancen dafür stehen fuhren wir exklusiv mit einem Vorserien-S3 auf den kurvigen Pisten der Azoren raus. Viel Spaß dabei!

Audi S3 Sportback, Exterieur
Foto: Audi AG

Mit Familien ist das so eine Sache. Nehmen wir nur den Audi A3: er war von Anfang an der hochwertige, akkurate Bruder des Golf. Weit entfernt von der südländischen Expression des Seat Leon oder der Simply Clever-Botschaft des Skoda Octavia. Und wie gut Premium in der Kompaktklasse funktioniert, bewies der Audi direkt nach seinem Erscheinen im Sommer 1996, als er BMW Compact und VW Golf ablederte. Er fühlte sich einfach besser an.

Laut dem damaligen Audi-Chef Franz-Josef Paefgen sollte er kein abgespeckter Mittelklässler, sondern ein zum Premiumauto aufgewerteter Kompakter sein. Was passt, im Innenraum ging der Audi immer das Stück weiter als die anderen. Bei Oberflächen, bei Details. Doch die Konkurrenz intern und extern wuchs, der Vorsprung schwand.

Alle Frühlings-Weltpremieren

Sehen wir uns nur den kommenden Skoda Octavia an, der bereits heftig bei Audi A4 und Konsorten anklopft. Auf der anderen Seite haben sich beim neuen Golf 8 die gesteigerten Renditewünsche des Vorstands bis zur Materialgüte des Wagens herumgesprochen. Solide zusammenbauen ja, unbedingte Hochwertigkeit, etwa bei Oberflächen? Och, nö.

Audi S3 Sportback, Exterieur
Audi AG
Im März 2020 wird der neue Audi A3 auf dem Genfer Automobilsalon präsentiert.

Ist das die Lücke, die die vierte Generation des A3 nutzen kann? So wie es bei seiner Premiere vor über 20 Jahren gelang. Mit Softlack-Oberflächen, Chromteilen, und 3,5 Millimeter-Fugen in der vollverzinkten Karosserie. Schwierig zu sagen, denn fahren dürfen wir zwar, die Oberflächen ruhen aber noch unter Tarnung. Das Tuch ziehen sie offiziell am 3. März auf dem Genfer Salon.

Immerhin, der Innenraum der Vorserienautos ist bereits Serie. Hochmodern, kantig, mit hexagonalen Anklängen bei Lamborghini. Zwei Bildschirme, wie man sie aus anderen Modellen kennt, ein Wählhebelstummel fürs Doppelkupplungsgetriebe. Und den cleveren Lautstärkeregler mit Titelskip haben sie auch gleich entsorgt. Moderne Zeiten eben.

Motor? Druckvoll, soundgeneriert

Und das Fahrverhalten des unter dynamischer Beklebung lauernden S3? Luschig, taumelig, bockhart, ist doch klar. Scherz. Wollten nur sehen, ob sie noch aufmerksam sind. Das sollte man sein, um die Fähigkeiten des A3 Sportback auszuloten. Sportback. Viertürer. Gibt es noch einen mit zwei? Nein. Sechszylinder? Nein, der letzte ging als 3,2-Liter-VR6 von uns. Wobei der Soundgenerator des den Zweiliter-Vierzylinder wie gehabt auch als Reihenfünfer durchgehen ließe – zumindest, wenn man es sich im Menü so zurechtlegt. Also in den Modi, einer individuell konfigurierbar.

Audi S3 Sportback, Exterieur
Audi AG
Im Audi S3 Sportback sind jetzt die zahlreichen Komponenten wie beispielsweise die Adaptivdämpfer schneller vernetzt.

Jetzt aber: Kurven. Der aktuelle MQB soll mal zeigen, was er kann. Gut fühlbar auf den Straßen der Azoreninsel Sao Miguel. Nun ja, zunächst fragt man sich ja schon, warum es ausgerechnet die Azoren sein müssen. Ganz weit draußen auf dem Meer, fast genausoweit von Portugal wie von Nordamerika entfernt und regelmäßig in den Wettervorhersagen als Namensgeber und Entstehungsort des Azorenhochs ams Start. Die entstehen übrigens am Rande eines Wirbels des Polarfront-Jetstreams und je nach Ausprägung der beiden Systeme Azorenhoch oder Islandtief kommt das Wetter als Warm- oder Kaltfront zu uns. So oder so, heute wässert Dauerregen den Asphalt, der teils mit matschigen Spuren gewürzt ist.

Lenkung? Voll im Zielgebiet

Schadet nichts, so spürt man das Setting, die markenidentitäre Trimmung der Plattform. Schließlich gab es bei Audi-Lenkungen manchmal Dissonanzen mit dem Publikum. Wofür der neue A3 keinen Anlass geben dürfte. Seine Lenkung ist im Zielgebiet. Homogen, stressfrei rückmeldend mit angenehmem Handmoment und progressiver Übersetzung. Knalliges Ansprechen aus der Mittellage, hibbelige Direktheit oder künstlich hohen Kraftaufwand überlässt sie anderen. So kann man den Quattro sauber in die Ecken rein und mit Schmackes wieder rausführen.

Der Allradantrieb kann seine Kraftverteilung via Lamellenkupplung in einer Zehntelsekunde verändern, bei Bedarf zwischen Null und 100 Prozent vorn oder hinten. Neu: die verbesserte, schnellere Vernetzung der Komponenten einschließlich der Adaptivdämpfer, was Fahrdynamik und Fahrsicherheit steigert. Spürbar in den Kurven, wo der Audi zwar beim plumpen Reinfahren oder zu ungestümen Rausbeschleunigen über die 19-Zöller der Vorderachse schiebt, doch mit etwas Gefühl schnell und neutral hindurchfährt, um im letzten Drittel auf Wunsch richtig Fahrt aufzunehmen. Ein bisschen spielen mit der Linie geht immer.

Audi S3 Sportback, Exterieur
Audi AG
Der Allradantrieb kann seine Kraftverteilung via Lamellenkupplung in einer Zehntelsekunde zwischen vorn und hinten verändern.

Böse Heckschwenks? Nicht vorgesehen. Wohl aber satter Druck, denn der Turbozweiliter schon früher lieferte. Das klappt auch beim Neuen, der hervorragend mit dem Doppelkupplungsgetriebe harmoniert, ohne störendes Turboloch auskommt und breitschultrig durch die Mitte obenraus dreht. Per Wippen handgeschaltet noch einen Tick aggressiver, aber selbst mit „D“ und „S“ passen die Gänge.

Komfort? Kann er auch

Ebenso passend: der Federungskomfort. Für ein Sportmodell jenseits 300 PS pflegt der S3 eine kommode Abstimmung. Ehrlich straff, aber nicht hart. Was hilft, wenn Kopfsteinpflaster und Co. auf dem Programm stehen. Audi verweist auf die vergrößerte Spreizung der Dämpfersettings, doch selbst bei „Auto“ oder „Dynamic“ absorbiert der S3 noch sehr anständig, was hilft, wenn auch mal ungepflegte Nebenstrecken auf dem fahrdynamischen Speiseplan stehen.

Fazit

Der A3 setzt auch als sportlicher S3 die Tradition des einfach fahrbaren, selbst unter schwierigen Bedingungen sehr schnellen Kompaktsportlers fort. Womit er sich seinen angemessenen Platz in der schrecklich netten VW-Konzernfamilie erneut sichern dürfte.