Gebraucht-Vergleich Golf 7 und Golf 8
Mit dem 7er lebt es sich besser

Schon seit drei Jahren ist der Golf 8 erhältlich – höchste Zeit, einen Blick auf die ersten Gebrauchten zu werfen. Doch was ist mit den vielen Softwareproblemen? Lohnt es sich, einen älteren aber problemlosen Golf 7 zu wählen? Generationen im Gebraucht-Vergleich.

VW Golf, vergleich alt neu
Foto: Dino Eisele

Das Füllen großer Fußstapfen ist bekanntlich meist schwierig – ganz besonders, wenn es sich beim Vorgänger um eine so arrivierte Größe wie den Golf 7 handelt. Die aktuelle achte Generation kam 2019 auf den Markt und kommt somit immer häufiger für Gebrauchtkäufer infrage. Wie schlägt sich der Neue angesichts der vielen Kinderkrankheiten im Vergleich zum Alten als Gebrauchter? Welcher Kauf ist heutzutage sinnvoller? Schauen wir uns die beiden Kandidaten mal genauer an.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Der Golf 7 (Typ AU/5G) im Detail:

Was ein kleiner Knick alles bewirken kann: Trotz altvertrauter Proportionen und Stilelemente, wie der markanten C-Säule, die sich mit parallelen Kanten um die hintere Türöffnung schmiegt, wirkt der siebte Golf moderner und luftiger als seiner Vorgänger – gerade im Interieur. Die Ursache liegt in einem kleinen, dem Türausschnitt vorgelagerten Dreiecksfenster, das den VW-typisch wuchtigen Armaturenträger luftig in Szene rückt. Das wiederum hat eine größere, flachere Windschutzscheibe zufolge und so auch eine noch stärker abgerundete Frontpartie. Das lässt den Wagen gegenüber seinen sechs Vorgängern subjektiv viel großzügiger wirken als die gut sechs Zentimeter Längenwachstum es tatsächlich tun. Kurz gesagt: Der Golf 7 fühlt sich so modern an, wie man es auch heute noch von einem Kompakten erwartet.

VW Golf VII (ohne GTI)
Sven Krieger
Nach einem Golf 7 mag sich zwar vielleicht niemand umdrehen, doch dafür eilt ihm der Ruf der Zuverlässigkeit voraus.

Markentypisch fielen zudem das krisensichere Fahrverhalten und die leichten Bedienkräfte aus, die vom Öffnen der Türen, über das Gangeinlegen bis hin zur Blinkerbetätigung reichen und durchweg durch Leichtigkeit glänzen. Klingt toll, was? Es kommt noch besser. Alle angebotenen Radio- und Infotainmentoptionen (vom späten Top-Navi Discover Pro ab 2016 einmal abgesehen) sind ebenso leicht zu bedienen. Touchscreen und Drehknöpfe erfüllen genau dort ihre Funktion, wo sie am meisten Sinn ergeben. Softwareausfälle sind hier ein Fremdwort.

Stärken des Golf 7:

Betrachten wir den 7er ganz nüchtern als das, was er heute ist: ein Gebrauchtwagen mit hohem Nutzwert. Der beginnt bereits bei der großen Modellvielfalt, vom braven Radkappenmodell mit unter 100 PS bis zum mächtigen Golf R Variant mit Allradantrieb und Vierrohranlage. Zwischen diesen beiden Eckpfeilern dürfte sich ein Golf für so ziemlich jeden Einsatzzweck finden. Auch ein äußerst praxistauglicher E-Golf war bereits im Angebot. Allen gemein ist das gute Platzangebot. Immer passen auch groß gewachsene Insassen bequem hinein. Das Kofferraumvolumen reicht von 380 bis 1.270, bzw. stattlichen 605 bis 1.620 Liter im Variant. Die Lobpreisungen gehen weiter: Praktisch alle Antriebe gefallen durch Laufruhe und größtenteils problemlose Haltbarkeit. Angesichts gelungener Getriebeabstimmung wirkt der Golf auch dann nicht lahm, wenn nur ein Basismotor am Werk ist.

Golf 7 Gebrauchtwagen
Sven Krieger
Ein Innenraum, der keine Fragen aufwirft. Alles sitzt am rechten Fleck und lässt sich leicht bedienen. Nur: für die allerneuesten Infotainment-Kniffe sind die Displaymöglichkeiten zu begrenzt.

Heute, im ältesten Fall immerhin elf Jahre nach dem Marktstart, finden sich im Netz zwar Berichte über Gebrechen und Wehwehchen zu fast allen Bauteilen des Wolfsburgers, doch keine davon gleicht einem chronischen Leiden. Eine echte Achillesferse kennt der Golf 7 nicht. Streikt doch mal etwas, handelt es sich häufig eher um Kleinkram.

All das kumuliert in einem relativ hohen Gebrauchtpreisniveau. Nur betagte Exemplare sind heutzutage für vierstellige Preise zu bekommen. Das ärgert Käufer, freut aber die Besitzer.

Schwächen des Golf 7:

Dass auch am Golf nicht alles perfekt ist, begegnet jedem schnell, der mal ein DSG-Exemplar mit eingeschalteter Start-Stopp-Automatik zügig durch den Stadtverkehr bewegen wollte. Nach dem instinktiven Tritt aufs Gas folgt dann eine Gedenksekunde, bis der Motor wieder anspringt, um dann derart hurtig zur Beschleunigung einzukuppeln, dass ein fieser Ruck durchs Fahrzeug geht. Selbst ohne Motor-Stopp kuppelt sich der Doppelkupplungsautomat oft recht holprig durch seine beiden Schaltwellen. Und sonst? Das Halogenlicht ist eher schwach, die Stellmotoren der Klimaautomatik versagen gelegentlich und immer mal pfeift oder knackt es aus dem optionalen Panoramadach. Nur: höchst selten fällt mal ein Golf 7 mit gleich mehreren Problemen gleichzeitig auf. Selbst die strengen Blicke bei der Hauptuntersuchung entdecken keine Krisenherde.

VW Golf VII (ohne GTI)
Sven Krieger
Wer im Golf ein manuelles Getriebe hat, darf sich freuen. Die größte Schwäche des Wolfsburgers ist das mitunter unwirsch schaltende Doppelkupplungsgetriebe.

Der Golf 8 im Detail:

Was stand wohl bei der Entwicklung des Golf 8 im Lastenheft, wenn es doch scheinbar kaum etwas zu verbessern gab? Gewachsen ist er kaum – nur drei Zentimeter hat er in der Länge zugelegt, bei annähernd identischer Breite. Auch das Motorenangebot entspricht bis auf die Einführung mildhybrider Unterstützung und einigen Eingriffen zur Kraftstoffersparnis in etwa dem Vorgänger. Was bleibt, ist in erster Linie elektronischer Natur. So bleiben etwa die grundsätzliche Formsprache und das luftige Raumgefühl. Subjektiver Hauptunterschied: Die hochgezogene Mittelkonsole dominiert das Cockpit.

VW Golf GTI Clubsport
Achim Hartmann
Vom Lichtschalter bis zum Wählhebel: Die schöne neue Welt im Golf 8 fällt fast vollständig digital aus. Er ist die letzte Generation Golf, die es überhaupt noch mit Schaltgetriebe geben wird. Fast immer ist (wie hier) der kompakte Elektronikschalter in Rasiereroptik an Bord.

Der Golf 8 steht auf der Weiterentwicklung des modularen Querbaukastens (MQB Evo) und bietet so Kompatibilität mit moderneren Fahrassistenten. Er unterstützt ein separates 48V-Bordnetz, welches den Betrieb von Riemenstartergeneratoren ermöglicht. Die wiederum erlauben theoretisch einen besonders sanften, unmerklichen Motorstart. Im Cockpit stehen einer Verbindung von Kombiinstrument und Infotainment keine Lüfterdüsen mehr im Weg.

Stärken des Golf 8:

Allem Fokus auf seine Schwächen zum Trotz, müssen auch Spötter beachten, dass der Golf 8 ein sehr gutes Auto ist. Noch immer geht er häufig als Vergleichstestsieger hervor – und das mit messbaren, harten Fakten. Er fährt und federt formidabel, verbraucht verschwindend wenig und bietet raue Mengen an Raum für die meisten Menschen und Dinge, die man im Leben braucht. Die modellspezifische Vielseitigkeit seiner Vorgänger (eine der größten Golf-Stärken) besitzt also auch Generation 8 noch. Im Konkurrenzumfeld der Kompaktklasse gehört er noch dazu zum Modernsten, was es für Geld zu kaufen gibt. Dazu gehören neben diesen eher klassischen Vorzügen auch die neueste Smartphone-Integration, das schlaueste Navi, die neusten Fahrhelfer und (auch das ist vielen wichtig) der neueste Look. Das alles möchte natürlich idealerweise möglichst gut nutzbar miteinander verquickt werden. Weder der Benutzer, noch der Golf selbst möchten alt aussehen. Und hier liegt die Krux.

VW Golf 1.5 eTSI DSG, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Nicht vergessen: Wenn ein Auto trotz teils heftiger Schwächen regelmäßig als Testsieger hervorgeht, muss es im Grunde ja richtig gut sein.

Schwächen des Golf 8:

Bis hierhin klingt doch eigentlich alles nach dem altbewährten Tausendsassa Golf: Testsiege errungen durch Kompetenz in (fast) allen Belangen. Nun, im Vergleich zu früheren Generationen kommen diese Testsiege nicht mehr ganz so programmiert und wenn, dann mit deutlich geringerem Punktevorsprung. Das liegt neben der starken Konkurrenz am grundsätzlich verkorksten Bedienkonzept. Über Generationen war des Golfs Paradestück seine narrensichere Bedienung. Heute scheint es allzu oft, als wolle er seine Nutzer zum Narren halten. Unwillige Wisch-, Touch- und Slide-Befehle an unangebrachten Stellen gehören ebenso dazu, wie eine zuverlässig versagende Sprachbedienung, hanebüchene Menüstrukturen, oder Softwarefehler, die gleich das ganze Infotainment lahmlegen. Diese Tirade konnten Sie bislang in praktisch jedem Beitrag zum Golf 8 lesen. Muss es denn auch noch im Gebrauchtvergleich stehen?

VW Golf VIII, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Stein des Anstoßes: Die aktuelle Infotainmentgeneration bekommt ihre Kraft nicht auf den Boden. Tolle Displays, hohe Rechenleistungen und technische Kniffe können angesichts katastrophaler Bedienbarkeit und ständigen Fehlern nicht genossen werden.

Ja, denn schwerer als die Einzelfälle, die uns als Autotester nervten, wiegen die Erfahrungen zahlloser frustrierter Besitzer, die im täglichen Gebrauch auf ein funktionierendes Auto angewiesen sind. Wer sich ihrer Meinungen widmet, bekommt den Eindruck, dass permanent etwas nicht funktioniert, oder das Auto aufgrund von Updates nicht nutzbar ist. Mehr noch: die ursprünglichen Nickeligkeiten des Vorgängers – also hauptsächlich das teils ruckende DSG – finden sich unverändert auch hier. Darüber hinaus kommen auch noch handfeste Hardwareausfälle hinzu: Radarsensoren, Innenraumdisplays, Steuergeräte, ja sogar von Einzelteilen in der Motorsensorik ist die Rede.

Bekanntlich klingt Kritik umso lauter, wenn Zufriedenheit unkommentiert bleibt. So müssen wir betonen, dass die wirklich katastrophalen Kundenberichte seit Sommer 2022 merklich weniger werden. Sind nun also alle Golf 8 auf neuestem Stand, oder funktionieren nur die ganz neuen Exemplare besser? Das muss die Zeit klären.

Kaufvergleich: Welchen nehmen?

Nicht alle Autos, die anfangs mit heftigen Kinderkrankheiten kämpften, sind als Flop in die Geschichte eingegangen. Nehmen Sie den Mercedes W124 zum Beispiel, dessen anfangs schlechte Qualität die Taxifahrer in ganz Deutschland erboste. Heute wird er als Kult vergöttert. Den Golf 8 grundsätzlich zu verteufeln, wäre also auch angesichts seiner guten Eigenschaften falsch. Geht es aber um den Kauf eines jungen Gebrauchten, muss die Empfehlung klipp und klar zugunsten des Vorgängers ausfallen. Der ist mit seinem breiten Nutzangebot fast so gut wie die neue Generation, aber dabei um ein Vielfaches besser bedienbar und vor allem eben ausgereift.

Außerdem: Noch ist der Markt relativ träge. Angesichts der gerade erst überstandenen Neuwagenknappheit gibt es auf dem Gebrauchtmarkt nur wenige Golf 8 und viel mehr Golf 7, erst recht wenn es ein Variant sein soll. Auf diese Weise ist der Golf 7 nicht nur das empfehlenswertere Auto, sondern auch noch das deutlich günstigere.

Fazit

Nehmen Sie diesen Vergleich nicht als immerwährend gestrige Keule gegen den Golf 8. VW hat die Chance, aus ihm einen fehlerbefreiten Golf zu machen, der besser denn je sein wird. Bis es aber soweit ist, lebt es sich besser mit dem Golf 7.