Youngtimer für 3.000 Euro
Coole Karren zum kleinen Preis

Inhalt von

Wer nur 3.000 Euro für einen Gebrauchten hat, sollte stur nach Vernunftskriterien wie Alter und Zustand entscheiden? Nein, heute suchen wir das Besondere.

Austin LTI Fairway FX4
Foto: Hardy Mutschler

Wie in einer automobilen Spielzeugkiste drängen sich stark verwitterte Morris Minor neben einem Mercedes-Benz-230-Leichenwagen und dem ausgemusterten Luftwaffen-Unimog mit Flugunfall-Untersuchungs-Ausstattung. Dahinter reihen sich fein säuberlich unzählige Londoner "Black Cabs" wie schwarze Perlen auf einer Kette aneinander. Ich ahne schon, dass dies hier kein normaler Gebrauchtwagenhändler sein kann. Perfekt, denn ich suche heute ja auch keine normalen Gebrauchtwagen, sondern eine abgefahrene Karre für schmale 3.000 Euro.

Die meisten Fahrzeuge auf dem Pflastersteinhof entlang der Lagerhalle stammten aus Insolvenzen, erklärt mir der Geschäftsführer, der hauptamtlich eine Spedition führt. Sein Motto: "What you see is what you get." Und so blüht der Rost an allen Ecken und Kanten des schwarzen Stahlkleids der Fairway-Taxen. Auf den durchgesessenen Polstern im Fond haben Abertausende Fahrgäste nicht nur ihre Spuren, sondern auch ihre Duftnote hinterlassen. Abgeschottet durch eine Plexiglaswand nehme ich hinter dem erstaunlich gut erhaltenen Vollholzlenkrad Platz. Das Taxameter fehlt – leider, aber ich müsste mir auch erst die 25.000 Straßen und 20.000 Sehenswürdigkeiten der englischen Hauptstadt einprägen, um dort eine Taxifahrerlizenz zu erhalten. Die Auswahl an FX4 ist groß. Abhängig vom Verlebungszustand sollen die Kult-Taxen zwischen 2.500 und 3.500 Euro kosten. Nicht zu viel, aber für den TÜV-Segen wären noch unzählige Nachtschichten in der Grube des besten Kumpels nötig. Außerdem habe ich da noch etwas entdeckt.

Range Rover mit Lochfraß

Einen echten englischen Lord, einen Range Rover für unglaubliche 2.990 Euro – nicht Pfund. Grün, 23 Jahre alt und kaum 200.000 Kilometer gelaufen. Die meisten davon anscheinend artgerecht in den schottischen Highlands, denn beim Öffnen der Fahrertüre rieselt schwarze Muttererde aus den Radhäusern. Der Innenraum präsentiert sich ähnlich verlebt wie das Exterieur. Es riecht nach nassem Hund, der dem Tierhaarteppich zufolge auf der Rückbank seinen Stammplatz hatte. Aber all das rückt in den Hintergrund, als der 3,9-Liter-V8 dank Starterkabel zum Leben erwacht. Nach kurzem Aufbäumen setzt sich der Landy in Bewegung, und auf einmal ist da jenes erhabene Gefühl, das man nur in einem Range Rover erfährt. Zumindest solange die schwache Batteriespannung den Motor am Laufen hält. Unterm Lack ist der Rechtslenker ein vom Lochfraß geplagtes Restaurationsobjekt, das noch mal mindestens 3.000 Pfund – nicht Euro – verschlingen würde.

Also auf zum nächsten Händler. Trotz telefonischer Absprache ist er zunächst nicht vor Ort, dafür aber das online offerierte S 500 Coupé. Als das Mittagsgebet der benachbarten Moschee verstummt, erscheint auch der freundliche Gebrauchtwagenhändler samt Hund Blue. Ja, genau wie die Farbe des Luxusschlittens – Zufall?

Den C 140, wegen seiner aggressiv gezeichneten Scheinwerfer auch "Mörderbiene" genannt, hat er aus erster Hand, scheckheftgepflegt. Und tatsächlich: Der Fünfliter-V8 springt sofort an und säuselt wie am ersten Tag vor sich hin. Dazu funktionieren fast alle elektrischen Helferlein: Gurtzubringer, Sitzverstellung, selbst der elektrifizierte Innenspiegel. Nur der zentrale Bedienknochen will nicht mehr so recht auf die Kommandos des Bedieners hören.

Klar sieht man dem nur 26.022-mal gebauten Coupé sein Alter an, für über 300.000 gelaufene Kilometer aber befindet es sich in erfreulich guter Verfassung, was bei einem Preis von 2.500 Euro nicht unbedingt zu erwarten war.

Mini mit defektem Anlasser, aber guter Substanz

Die nächste Karre auf meiner Liste steht im Hinterhof eines 70er-Jahre-Wohnhauses im Stuttgarter Osten. Dort wird sich der schwarze Mini Cooper mit dem Silverstone-Signum in der Heckscheibe heute auch nicht mehr wegbewegen, denn der Anlasser hat seinen Dienst quittiert. Schade! Wenn wir ihn trotzdem nehmen, würde der Händler 500 Euro mit dem Preis runtergehen. Was den kleinen Engländer wieder interessant macht, denn die Substanz scheint in Ordnung.

Den letzten Kandidaten finde ich in Zuffenhausen, unweit der expressionistischen Hochhäuser namens Romeo und Julia aus den 50er-Jahren. Ein Alfa GTV, natürlich rot, wenn auch in mindestens fünf verschiedenen Nuancen. Bedeckt von einer Laubschicht steht er in der sprichwörtlich hinterletzten Ecke eines Exporthändlers.

"Motor und Getriebe gut" – sagt der Händler. Den Beweis bleibt er allerdings schuldig, da ein Baum gefällt und zehn für die Dritte Welt vorgesehene Fahrzeuge umgeparkt werden müssten, damit der Romeo wieder zu seiner Julia findet. Ein Aufwand, der an diesem Abend in keinem Verhältnis zum 1.600-Euro-Schnäppchen zu stehen scheint.

Macht nichts, denn eines ist mir jetzt klar: Coole Karren gibt’s genug.

FAZIT

Was man für 3.000 Euro Budget erwarten kann? Faszinierende und vor allem nicht alltägliche Fahrzeuge. Natürlich sind die von uns ausgewählten Exemplare nicht im Topzustand – das war aber auch nicht Ziel der Suche. Die coolen Gebrauchten haben alle ein bewegtes Autoleben, oft mit mehreren Hunderttausend Kilometern, hinter sich. Die Überraschung des Tages: das S 500 Coupé. Es steht technisch gut da. Und mit ein bisschen Pflege, außen wie innen, würde der übertechnisierte Benz wieder im alten Glanz erstrahlen. Die exorbitanten Unterhaltskosten bleiben natürlich, und wehe, es geht dann doch mal was kaputt. Da sind sie also wieder, die Vernunftskriterien. Aber zum Glück zählen die diesmal nicht.