Internet im Auto ist zurück
Neue Angebote von Google und Microsoft

Das Internet im Auto ist zurück. Mit umfangreichen Diensten, Informationen und fotorealistischer Navigation fahren die Online-Riesen Google und Microsoft in Zukunft mit.

Neue Angebote von Google und Microsoft
Foto: Picture-Alliance

Kennen Sie Wingcast? So nannte Ford Anfang 2000 ein Internetprojekt, mit dem bis 2003 eine Million Autos an das weltweite Web angeschlossen werden sollten. 

Viele Online-Projekte wurden in der Vergangenheit eingestellt

Es war eine der Lieblingsideen des damaligen Ford-Chefs Jacques Nasser: "Wir transfomieren das Auto damit in ein mobiles Portal." Wie man sich irren kann. Wingcast wurde sang und klanglos eingestellt, 200 Mitarbeiter entlassen. Weder war die mobile Übertragungstechnologie für das Auto-Internet schnell genug, noch waren die Kunden bereit, die monatlichen Gebühren zu zahlen. Das gleiche Schicksal ereilte auch die engagierten Online-Projekte von Audi und Mercedes. Die Abteilungen wurden wieder aufgelöst, und der Hype nahm ein jähes Ende. Damals wie heute sind die Kunden glücklicher, wenn einfach die Basis-Elektronik problemlos funktioniert. Nur bei BMW glimmte das Internet im Auto noch weiter. Mit ausgewählten Online-Angeboten im eigenen Assist-Portal hielt der bayerische Autohersteller bis heute tapfer durch.

Das Internet im Auto ist noch lange nicht tot

2008 präsentierte BMW sogar einen vollwertigen Internetzugang. Vollwertig insoweit, dass der Fahrer im Stand mit der nicht sonderlich schnellen, aber breit verfügbaren GSM-Übertragungstechnologie EDGE surfen konnte. Ein netter Gag, mehr nicht. Wie auto motor und sport im Vergleich feststellte, taugt ein i-Phone erheblich besser für das mobile www. Ist das Internet im Auto also quasi tot? Keineswegs, es startet wieder. Aber dieses Mal wohl nicht als Gimmick, sondern mit praktischen Anwendungen und Diensten, die dem Autofahrer wirklich helfen sollen.

Audi bietet im neuen A8 die weltweit erste Hybrid-Navigation an

So ist Audi beim neuen Audi A8 mit einem fulminanten Auftritt zurück im Auto-www: In Zusammenarbeit mit Google integrieren die Ingolstädter die weltweit erste Hybrid-Navigation ab Werk. Das heißt, die fotorealistische Online-Darstellung von Google Earth wird im A8 mit den präzisen Karteninformationen einer im Auto integrierten Festplatte gemischt. Klingt einfach, kostete laut Audi-Elektronikchef Ricky Hudi bei der Entwicklung die Google-Spezialisten aber viel Zeit und Nerven. Zudem erfordert dies eine sehr leistungsfähige Grafikdarstellung. Audi holte sich daher den amerikanischen Videospezialisten Nvidia mit an Bord.

Audi setzt als erster Autohersteller auf UMTS

Als erstes integriertes Auto-System überhaupt bietet die Audi-Navigation einen direkten Online-Zugriff auf die Sonderzielsuche von Google maps. Der Autofahrer muss nicht mehr mit den veralteten Daten der Kartenhersteller leben, und die Ziele werden mit den typischen Fähnchen direkt im Kartenbildschirm angezeigt. Damit die dabei anfallenden großen Datenmengen (Bilder werden ebenso übertragen) überhaupt gehandhabt werden können, setzt Audi als erster Autohersteller auf die schnelle Mobilfunk-Technologie UMTS. Ab Ende 2010 ist das mit einem eigenen Auto-Portal ausgestattete System für den A8 verfügbar.

Google strebt im automobilen Sektor nach der Informationshoheit

BMW nutzt schon länger Google maps, doch die Daten sind nicht direkt in die Sonderzielsuche im Auto integriert und lassen sich auch nicht über den integrierten Internetbrowser während der Fahrt abrufen. Vielmehr kann der BMW-Fahrer zu Hause entsprechende Ziele am PC heraussuchen und sie über seine eigene Userseite via Internet zum Auto schicken. Dabei ist es sicher nur eine Frage der Zeit, wann BMW mit einem ähnlichen System wie Audi nachlegen wird. Denn egal welche Marke und Technologie - der Kernpunkt dieser neuen Online-Offensive ist eher der, dass Google nach der Informationshoheit im heimischen Internet jetzt auch nach der im mobilen strebt.

Continental entwickelt AutoLinq auf der Basis von Android

Und das automobile Online-Feld präsentiert sich noch recht unbestellt, während im so genannten Smartphone-Bereich schon das Apple i-Phone den Kurs angibt. Dem tritt Google mit dem offenen Betriebssystem Android entgegen. Eine Vielzahl an Smartphones läuft schon damit - und bald auch die ersten Auto-Anwendungen. Denn die Infotainment-Sparte von Continental entwickelt gerade an AutoLinq. Auf der Basis von Android ermöglicht es die einfache Anbindung der Auto-Elektronik an die Online-Welt.

So soll der Autofahrer ab 2013 via Computer oder Mobiltelefon nicht nur den Zustand seines Autos überprüfen (Ist es abgeschlossen?), sondern auch bestimmte Funktionen fernsteuern können. Während der Fahrt sollen zudem wie bei Google maps umfangreiche standortbezogene Dienste zur Verfügung stehen.

Microsoft kooperiert hauptsächlich mit Ford, Fiat und Kia

Auf die Online-Suche im Fahrzeug setzt auch der größte Konkurrent von Google, Microsoft. Von seinem Kommunikationssystem Sync hat der Redmonder Softwareführer schon über 1.5 Millionen Exemplare über Ford abgesetzt. Hinzu kommen Kooperationen mit Fiat und Kia. An der Einbindung der Microsoft Online-Suche Bing in Navigationssysteme wird gerade gearbeitet.
Nach dem Erfolg von Sync und der Software-Plattform Microsoft Auto in den USA setzt Ford jetzt große Stücke auf sein neues, MyFord Touch genanntes Infotainmentsystem, das auf der Unterhaltungselektronik-Messe CES in Las Vegas vorgestellt wurde. Neben einem Touchscreen wird die Eingabe über ein sehr leistungsfähiges Spracheingabesystem funktionieren.

In Zukunft kann man den Ford Focus zu einem fahrenden Wifi-Hotspot machen

Mit MyFord Touch und Sync kommt das Internet vollends in Ford-Modelle. Musikfreunde dürfen dann über die integrierte Einheit dem Internet-Radio Pandora lauschen, und Informationsfreaks werden von Twitter mit News versorgt. Wer will, kann sogar sein Auto zu einem Wifi-Hotspot machen: Mitfahrer surfen dann mit einem Laptop drahtlos während der Fahrt durchs Internet. Nach Europa kommt die Infotainment-Einheit erst mit dem neuen Ford Focus 2011. Vielleicht irrt sich Jim Buczkowski, Elektronik-Chef bei Ford, dieses Mal nicht, wenn er sagt: "Was die Maus für den Computer getan hat, wird Ford bei Autos erreichen."

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