Mercedes S-Klasse Coupé Concept Vorstellung
"Michelangelo unter den Autos"

Die Studie des Mercedes S Coupé hatte ihren ersten Auftritt im Freien auf dem Odeonsplatz in München. Wie kam das Luxuscoupé an? auto motor und sport war exklusiv dabei und hat nachgefragt.

Mercedes S-Klasse Coupé Concept, München, Seitenansicht
Foto: Dirk Weyhenmeyer

Die Dame vom Niederrhein gehört nicht unbedingt zu jener Kundschaft, die Mercedes für den CL-Nachfolger aktiv umwirbt. Sie wirkt bodenständig und trägt keine teure Garderobe. Aber als sie die Studie des S-Klasse Coupé sieht, huscht ihr ein unerwartetes Lächeln über das Gesicht: "Das ist ja der Michelangelo unter den Autos. Wenn ich für den doch nur das passende Portemonnaie hätte ...", sagt sie und zieht weiter, um sich wohl nicht noch mehr in Versuchung führen zu lassen.
Bei Ahmed Rashed aus Dubai liegen die Dinge anders: "Wenn ich nach Hause komme, werde ich meinen CL 63 AMG sofort verkaufen und den hier bestellen." Sein Freund nickt zustimmend – er hat das Gleiche vor, beschlossen hier und jetzt auf dem Münchner Odeonsplatz.

"Bislang war Mercedes doch immer langweilig. Und jetzt das?"

Wer sich mit den Menschen auf der Straße unterhält, stößt nahezu durchgängig auf mitreißende Äußerungen. "Wie von einem anderen Stern", raunt ein junger Ingenieur, der sich als früherer SLK-Fahrer und heutiger BMW-Mitarbeiter entpuppt. Drei tschechische Fußballfans, die zum Champions-League-Spiel Bayern München gegen Viktoria Pilsen angereist sind, wollen sogar ihren Augen nicht trauen: "Bislang war Mercedes doch immer langweilig. Und jetzt das?" Robert Lesnik, bei Mercedes verantwortlich für das Exterieur-Design, betrachtet die Szene mit einem Lächeln. "Es sieht fast so aus, als ob hier ein Ufo gelandet wäre. Aber das liegt natürlich auch an der Farbe Alubeam Silver, die wir extra für den Messeauftritt gewählt haben."

Das Mercedes S-Klasse Coupé Concept ist auffällig aber nicht provokant

Stimmt. Aber auffällig ist auch, dass das Design nicht provoziert, was häufig vorkommt, wenn eine Marke ihre stilistische Ausrichtung ändert. Nur ein 22-jähriges Mädel aus München moniert bei der Kurzumfrage, "dass die hier ein bisschen übertrieben haben. Da wollte jemand zu viel im Design". Viel mehr Kritik war den Passanten nicht zu entlocken.

"Wir haben das Auto bewusst nicht zu stark überzeichnet. Es hat zwar einen Showeffekt, aber den braucht man auch bei einem Auto in dieser Preisklasse", so Lesnik, der seit 2009 bei Mercedes ist; zuvor war er neun Jahre bei VW und zwei Jahre bei Kia unter Designchef Peter Schreyer. Fest steht, dass die Studie dem Serienmodell (Vorstellung Frühjahr 2014) schon ziemlich nahe kommt – inklusive des großen Bildschirms, der aus der S-Klasse stammt. "Für uns ist wichtig, auch die Jüngeren zu erreichen, selbst wenn sie sich noch gar nicht so stark für Autos interessieren. Und dass sie die Studie als Mercedes erkennen."

Das tun die Menschen, wenngleich der eine oder andere sicherheitshalber guckt, ob er irgendwo einen Stern entdecken kann. Ein älterer Herr, privat mit einem Hyundai Santa Fe unterwegs, gesteht: "Ich hab vermutet, dass es ein Mercedes ist, ganz sicher war ich mir aber nicht."

"Jetzt wird unsere Strategie immer deutlicher."

Ein Tourist aus Indonesien schlendert mit einer Hermes-Tasche am Arm heran und fühlt sich von dem Fünf-Meter-Coupé ebenfalls magisch angezogen: "Kann ich den gleich reservieren?" guckt er sich fragend um. Auch außerhalb Deutschlands kommt die neue Form also offenkundig gut an.
"Wir haben uns sehr bewusst überlegt, wie wir unsere künftige Designstrategie ausrichten", erklärt Lesnik, der in Slowenien geboten wurde, Transportation Design an der Fachhochschule Pforzheim studierte und bei Mercedes in jener Phase angefangen hat zu arbeiten, in der Gorden Wagener Designchef wurde. "Jetzt wird unsere Strategie immer deutlicher. Wir überladen im Design nichts, wir konzentrieren uns nur auf die Flächen und Linien, die das Auto braucht."

Auch Schüler bleiben vor dem Mercedes S-Klasse Coupé stehen

Angetan zeigen sich auch zwei 17-jährige Schüler: "Das geht schon Richtung Zukunftsauto. Uns gefällt vor allem der herausgearbeitete Kofferraumdeckel", erklären sie, bevor es wieder in den Unterricht geht. Auch der Innenraum gefällt den Passanten, nicht zuletzt, weil viel Licht durch das große Glasdach fällt: "Das sieht aus, als ob da ein Scheinwerfer herausstrahlen würde", meint eine junge Frau, und ihr Begleiter ergänzt: "Für mich sehen die Rückleuchten aus, als ob sie aus dem nächsten Jahrtausend stammen würden."

In München machen sich allmählich Regenwolken am Himmel breit, die Studie muss zurück in einen Transporter – derweil wird der Odeonsplatz von immer mehr tschechischen Fußballfans bevölkert. Filip, zehn Jahre alt und aus Brünn, will sich das Auto trotzdem noch einmal in Ruhe anschauen. Er spricht kein Deutsch, weshalb sein Vater übersetzen muss: "Papa, das wäre toll, wenn du so ein Auto hättest."