Schweiz versteigert beschlagnahmte Supersportwagen
Erlös übertrifft Erwartungen deutlich

Die Schweiz hat vom Vizepräsidenten Äquatorialguineas Supersportwagen beschlagnahmt. Die Schätzpreise waren offenbar viel zu niedrig angesetzt. Im Vorfeld gab es Riesenärger mit Koenigsegg – und deren One:1 performte bei der Versteigerung auch nicht schlecht.

Lamborghini Veneno Roadster, Bonhams-Versteigerung, Genf 2019
Foto: Bonhams

Koenigsegg One:1, Bugatti Veyron, und McLaren P1 sind nur einige der 25 Autos, die die Schweizer Regierung jetzt versteigert hat. Insgesamt sollten die Supersportwagen 13 Millionen Dollar (aktuell umgerechnet zirka 11,5 Millionen Euro) wert sein. Der tatsächliche Erlös liegt jetzt erheblich höher: 27 Millionen Dollar (24,67 Millionen Euro) brachten die seltenen Autos ein. Ganz vorn dabei: Einer von nur neun jemals gebauten Lamborghini Veneno Roadster, den sich ein Sammler für 8,28 Millionen Dollar (7,62 Millionen Euro) sicherte. Der bis zu 359 km/h schnelle Supersportler hatte nur 325 Kilometer auf der Uhr. Der Neupreis betrug ohne Steuern 3,3 Millionen Euro.

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Ehemaliger Eigentümer ist mit Teodoro Obiang Nguema Mangue angeblich der Vizepräsident und Sohn des Präsidenten Äquatorialguineas. Präsident Teodoro Obiang Nguema Mbasogo kam am 3. August 1979 durch einen gegen seinen Onkel gerichteten Staatsstreich an die Macht. Laut Transparency International gehört das südlich von Kamerun gelegene Äquatorialguinea zu den korruptesten Ländern der Welt.

Bugatti Veyron, Bonhams-Versteigerung, Genf 2019
Bonhams
Inzwischen ein klassischer Supersportwagen: Auch ein Bugatti Veyron kam im September in Genf unter den Hammer. Erlös: 1,2 Millionen Euro.

Weltbank sieht in den Autos gestohlene Vermögenswerte

Die Schweiz wirft dem Vizepräsident Mangue Korruption und Geldwäsche vor und beschlagnahmte die Fahrzeuge am 31. Oktober 2016 – angeblich kurz bevor sie mit einem Frachtflugzeug außer Landes geschafft werden konnten. Damals behauptete Mangue, dass ihm die Autos nicht gehören würden, sondern einer staatlichen Firma. Diese Firma hätte die Fahrzeuge angeblich zur Reparatur nach Genf gebracht, berichtet eine Initiative der Weltbank zur Wiederbeschaffung gestohlener Vermögenswerte. Die Schweizer Behörden schenkten der Argumentation des Präsidentensohns keinen Glauben und zogen die Sportwagen ein.

Lamborghini Veneno Roadster, Bonhams-Versteigerung, Genf 2019
Bonhams
Vom Lamborghini Veneno Roadster entstanden nur neun Exemplare zu einem Verkaufspreis in Höhe von je 3,3 Millionen Euro ohne Steuern. Auf der Versteigerung brachte er 7,62 Millionen Euro.

Koenigsegg war stocksauer

Zu den beschlagnahmten Fahrzeugen gehört auch ein Ferrari LaFerrari. Vom oben bereits erwähnten One:1 baute Koenigsegg inklusive eines Prototyps sieben Exemplare, das Modell mit der Chassis-Nummer YT9LK1A38EA007111 gehörte Mangue. Das Auktionshaus Bonhams bewertete den nur 597 Kilometer gefahrenen 1.360-PS-Sportler mit 1,8 bis 2,3 Millionen Dollar (1,6 bis zwei Millionen Euro) – was in Schweden Entsetzen auslöste: Koenigsegg hielt die Bewertung für viel zu gering und damit für geschäftsschädigend. Auf einen schriftlichen Einspruch von Koenigsegg an Bonhams reagierte das Auktionshaus nur mit einer minimalen Preiskorrektur. Daraufhin gab sich Koenigsegg verzweifelt und wetterte weiter gegen Bonhams. Mit 4.24 Millionen Euro brachte der Koenigsegg nun mehr als das Doppelte des Schätzpreises. Ob Koenigsegg damit zufrieden ist, ist unbekannt – allerdings erzielten andere One:1 angeblich schon höhere Preise: 2016 soll ein One:1 für fünf Millionen Dollar (4,4 Millionen Euro) den Besitzer gewechselt haben, 2018 war einer für 7,3 Millionen Dollar (6,5 Millionen Euro) im Angebot. An das Sieben-Millionen-Ergebnis des Lamborghini Veneno Roadster kommt der schwedische Supersportler jedenfalls bei weitem nicht heran.

Lamborghini Veneno Roadster, Bonhams-Versteigerung, Genf 2019
Bonhams
Ein Nachfolger ist bei McLaren bereits in Arbeit: Der P1 war das erste Hypercar der Engländer. Für 1,16 Millionen Euro wechselte er den Eigentümer.

Bereits zweite Beschlagnahmung für Mangue

Geld für Autos hat Mangue genug – laut Human Rights Watch verbrauchte er zwischen 2004 und 2006 für die Finanzierung seines Lebensstils 43,45 Millionen US-Dollar, während die Regierung Äquatorialguineas 2005 mit 43 Millionen Dollar etwas weniger für Bildung ausgab. Er lebt die meiste Zeit in Paris, London, Rio de Janeiro und auf seinem 35-Millionen-Dollar-Anwesen im kalifornischen Malibu. Die verschiedenen Wohnsitze kosteten Mangue schon einmal einige Autos: Vor einigen Jahren wurde in Paris gegen ihn Anklage erhoben, weil er in seiner Zeit als Landwirtschaftsminister umgerechnet 110 Millionen Euro veruntreut haben sollte. In diesem Zusammenhang beschlagnahmte die Pariser Staatsanwaltschaft 2011 unter anderem elf Autos, die 2013 versteigert wurden.

Die neue Auktion fand am 29. September im schweizerischen Genf statt und wurde vom Auktionshaus Bonhams abgewickelt. Der Erlös soll verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen und der Bevölkerung Äquatorialguineas zugutekommen.

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Fazit

Jetzt haben die 25 Supersportwagen aus ehemaligem Diktatoren-Sohn-Besitz neue Eigentümer. Die bei der Versteigerung erzielten Preise liegen weit über den Erwartungen – und das in einem Jahr, in dem es auf Auktionen bisher eher mau zuging. So waren die Versteigerungen bei der diesjährigen Monterey Car Week von vielen unverkauften Autos geprägt. Die windige Vergangenheit der Sportwagen mit einem höchst umstrittenen Vorbesitzer scheint in diesem Sonderfall den Wert angefeuert zu haben.

Die Sorge von Koenigsegg, dass der von Bonhams mit einer moderaten Schätzung in Höhe von 1,6 bis zwei Millionen Euro versehene One:1 auf der Auktion unter Wert den Eigentümer wechselt, erwies sich als unbegründet. Allerdings zog die Marke Lamborghini bei Sammlern mehr: 7,6 Millionen Euro sind nicht nur absolut gehesen viel, im Vergleich zum Neupreis in Höhe von 3,3 Millionen Euro (ohne Steuern) ist das mehr als eine Verdopplung.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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