Ford Focus RS im Supertest auf der Nordschleife
Sportlicher Fronttriebler als Fahrdynamiker

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Für den Ford Focus RS mit 305 PS gehört es im Supertest mit zum Standardrepertoire im Hauptfach Fahrdynamik die Kurve auf drei Rädern zu nehmen. An Traktion mangelt es dem Kompaktwagen deshalb keineswegs: Als stärkster Serien-Fronttriebler zieht er sich mit vorzüglichen Antriebseigenschaften aus der Affäre, was das Testurteil bestätigt.

Ford Focus RS
Foto: Rossen Gargolov

Mit dem Konzept, sich trotz tiefschwarzer Seele einen grünen Anstrich zu geben, hat sich schon so macher aus der großen Partei der Opportunisten öffentlich ins rechte Licht rücken können. Aber diese Art Unredlichkeit kann dem Ford Focus RS, dem die Ford-Sportabteilung TeamRS die Lackierung "Ultimate Green" als Leitfarbe mit auf den eiligen Weg gegeben hat, wahrhaftig nicht unterstellt werden. Er kommt zum Test ganz auffällig als Grüner daher, weil, so die Deutung der Designer, die grelle Farbe so energiegeladen ist und den Geist und die Kraft des RS auf verwegene Art transportieren kann.

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Reminiszenz an den Focus RS WRC aus der Rallye-WM

Aber damit nicht genug: Der grüne Auftritt darf auch als Reminiszenz an den Focus RS WRC aus der Rallye-WM und den Sponsor BP angesehen werden und ist zudem inspiriert vom klassischen Le Mans-Grün seines ältesten Ahnen, dem legendären Escort RS 1600 aus dem Jahr 1970. Angesichts dieses farblich doch sehr bedeutungsvollen Hintergrunds kommen die beiden Alternativlackierungen "Frost-Weiß" und "Indianapolis-Blau" fast schon gehaltlos daher - obwohl: Auch hier handelt es sich laut Ford um Symbolfarben. Nämlich um jene des Ford Focus RS der ersten Generation, der ab 2002 eine ähnlich verschworene Fangemeinde auf sich vereinte, wie übrigens fast alle der insgesamt 22 Ford-Modelle, die in der nunmehr 38-jährigen Geschichte mit dem berühmten RS-Signet ausgezeichnet wurden. Darunter so charaktervolle und unvergessliche Preziosen wie der Capri RS 2600 von 1970, der RS 200 von 1985 und der Sierra RS 500 Cosworth aus dem Jahr 1987.

Den Anschein einer im politischen Sinn grüner Gesinnung gibt sich der Ford Focus RS also höchstens noch im Prospekt, wenngleich es seine Herkunft erlaubt, auf provokante Anzüglichkeiten hinsichtlich seiner Bewandtnis mit schlüssigen Argumenten zu kontern. Schließlich ist er Abkömmling einer von vernünftigen Aspekten geleiteten, kompakten Mittelklasse und somit gewiss kein umweltpolitischer Hasardeur. Seine sportliche Gesinnung plakativ zur Schau zu stellen, ist ihm bei alledem sichtbare Herzensangelegenheit: mit weit ausgestellten Radläufen und entsprechend modellierten Seitenschwellern, diversen Entlüftungsöffnungen auf den Flanken und auf der Motorhaube, einem imposanten, doppelflügeligen Dachspoiler, zwei unterarmdicken Auspuffendrohren und einem riesigen unteren Lufteinlass in der Front, der in seiner schwarz hinterlegten Trapezform fast den Eindruck erweckt, als wolle er die Straße fressen.

Ford Focus RS folgt den Prinzipien aus dem Motorsport

Den Prinzipien aus dem Motorsport ist der in Saarlouis auf dem Serienband montierte Focus RS so konsequent verpflichtet wie kein zweiter in seiner Klasse - was seinen Erfolg keineswegs schmälert, sondern extrem beflügelt hat. Allen Abwrack- und sonstigen Prämien zum Trotz erlaubte sich Ford Köln kurz nach Markteinführung eine Preiserhöhung um 1.000 auf nunmehr 34.900 Euro - was die Nachfrage aber nicht geschmälert hat: Die komplette Charge für 2009 (1.000 Stück) ist bereits ausverkauft, was angesichts des noch immer vergleichsweise günstigen Einstandspreises sicher keine Überraschung ist. Schließlich haben wir es mit einem klar disponierten Kompaktsportler zu tun, der sich weder optisch noch antriebsseitig um einen Konsens schert, sondern mit üppigen 305 PS geneigt ist, der Konkurrenz bei jeder sich bietenden Gelegenheit richtig einen einzuschenken.
 
Der mit 2,5 Liter Hubraum gesegnete und von einem direkt im Auspuffkrümmer integrierten Borg Warner-Turbolader unter Druck gesetzte Motor ist zwar in seinen Grundzügen vom Ford Focus ST bekannt, aber insofern eine Besonderheit, als er nicht - wie in dieser Klasse bisher üblich - mit vier oder in Ausnahmefällen auch sechs Zylindern, sondern mit deren fünf ins Rennen um Sympathien geht. Der akustische Beitrag dieses vorne quer installierten motorischen Nonkonformisten trägt mindestens ebenso viel zur Unterhaltung bei wie die höchst anregende Leistungsentfaltung, die auch und besonders im öffentlichen Umfeld echte Begeisterung hervorrufen kann.

Ford Focus RS mit Fünfzylinder als Turbotriebwerk reinster Prägung

Dass die Form der Leistungs- beziehungsweise Drehmomentkurve maßgeblich von der Arbeitsweise eines Turboladers geprägt ist, wird dem Kenner der Materie nicht erst beim Blick auf die entsprechenden Kurvenverläufe klar. Mit dem kräftigen Antritt knapp über Leerlaufdrehzahl, einem zornigen Höhepunkt bei 4.000 Touren und einer ab 5.000/min bis zur Drehzahlgrenze bei knapp 7.000/min subjektiv leicht nachlassenden, faktisch aber etwa gleichbleibende Kraftentfaltung outet sich der Fünfzylinder als Turbotriebwerk reinster Prägung. Nur auf die in den frühen Anfängen des Turbos für unverzichtbar erklärte Turbo-Gedenksekunde muss verzichtet werden.
 
Das RS-Triebwerk spricht auf Leistungsabfragen so spontan an wie ein Sauger. Aber im Gegensatz zu Saugmotoren, die aufgrund ihrer kontinuierlich ansteigenden Leistungsentfaltung tendenziell mittlerweile eher hohe Drehzahlen favorisieren, um in den Bereich ihrer größten Überzeugungskraft zu kommen, erlaubt diese Motorcharakteristik ein viel gelasseneres Prozedere: Frühes Hochschalten, also das Ausnutzen des immensen, zwischen 2.300 und 4.500/min gleichmäßig anliegenden Drehmoments von 440 Newtonmetern, ist deutlich zielführender, als in der Nähe des roten Drehzahlbereichs zu agieren. Der sonore, bedeutungsvolle Fünfzylinder-Sound, das unterschwellige, zornige Rauschen unter vollem Ladedruck und das im Abgasstrang erzeugte Nachbrennergeräusch beim Schalten - ein trockenes Plopp - weist akustisch große Analogien zu den Klängen eines World Rally Cars auf Basis des Focus RS auf.

Traktionseigenschaften vom Schlage eines allradgetriebenen Focus WRC

Wer die ungeheuren Traktionseigenschaften des Rallye-Geräts vom Schlage eines allradgetriebenen Focus WRC nicht kennt, könnte angesichts des höchst agilen Vorwärtsdrangs meinen, der RS wäre nicht nur mit dessen Drehmoment, sondern auch mit dessen aufwendigem Antriebssystem gesegnet. In Wahrheit ist es - leider oder Gott sei Dank - nur ein Vorderradantrieb, mit dem der RS vorstellig wird, allerdings einer, der es konstruktiv in sich hat. Anstelle der klassischen McPherson-Federbeinkonstruktion kommt hier nämlich eine sogenannte „Revo“-Achse zum Einsatz, bei der sich der sonst aus einem Stück bestehende Achsschenkel in zwei Teile aufteilt: Ein Teil fixiert das Federbein und den unteren Querlenker, das andere rotiert um die Lenkachse des Fahrzeugs. Ähnlich einer Doppelquerlenker-Konstruktion minimiert diese Achse beispielsweise den kritischen Abstand zwischen Radmittelpunkt und der Lenkachse - den sogenannten Störkrafthebelarm - auf weniger als die Hälfte dessen, was bei einer konventionellen McPherson-Architektur mit Breitspurfahrwerk möglich wäre.
 
Um die Traktion dieser patentierten Konstruktion weiterzuverbessern, wurden nicht - wie etwa in Wolfsburg derzeit üblich - vornehmlich die elektronischen Optionen etwa in Form von künstlicher Drehmomentbegrenzung oder selektivem Bremseneingriff genutzt, sondern zunächst einmal der konstruktive Königsweg gewählt: Das Planetenrad-Design des mechanischen „Quaife“-Sperrdifferenzials nutzt die mit steigender Drehzahl zunehmende Reibungs der Gangräder, was die Sperrwirkung sanft und ohne ruppige Verlagerung des Drehmoments gestaltet. Überdies erlaubt diese konstruktiv hochkarätige Achse umfangreiche Einstellmöglichkeiten, wie sie sonst nur Doppelquerlenker-Layouts von reinrassigen Rennwagen offerieren, um dem antriebstechnischen Optimum unter den unterschiedlichen Bedingungen so nahe wie möglich zu kommen.

Der Zweitürer bringt vollgetankt 1.485 Kg auf die Waage

Ein Sporteinsatz des Ford Focus RS drängt sich also von dieser Seite her betrachtet geradezu auf, wenngleich er gewichtsmäßig nicht unbedingt die günstigsten Voraussetzungen dafür mitbringt. Immerhin steht der Zweitürer vollgetankt mit fast 1.500 Kilogramm auf seinen 19-Zoll-Rädern. Unterm Strich darf die Fahrwerks- und Antriebstechnik also durchaus als Meilenstein betrachtet werden. So sind die überzeugenden Traktionseigenschaften des Focus RS allemal dazu angetan, dem Frontantrieb den umfänglichen Segen zu erteilen und seine bisherige, nicht selten negative Einflussnahme etwa auf die Lenkung vergessen zu machen. Im Extremfall, so wie etwa ausgangs des Streckenstücks Ex-Mühle auf der Nürburgring-Nordschleife, weist allenfalls ein leichtes Zucken im Lenkrad noch darauf hin, dass das üppige Drehmoment des Fünfzylinder-Turbos ausschließlich über die Vorderräder auf die Straße gebracht wird.

Überzeugender kann der Auftritt eines Fronttrieblers nicht gelingen

Das liegt allerdings auch daran, dass das Fahrverhalten des Focus RS generell nicht den geringsten Anlass gibt, diesem im Grund genommen gängigen, unter sportlichen Gesichtspunkten aber nicht immer überzeugenden Konzept auch nur ansatzweise das Misstrauen auszusprechen. Die Tatsache etwa, dass dem Gebot der Fahrsicherheit unter allen Umständen Geltung verschafft wurde, ist insofern höchst bedeutungsvoll, als die fahrdynamischen Eigenschaften gleichzeitig auf höchstem Niveau angesiedelt sind. Wenn von einem drängenden Heck gesprochen wird, dann nicht etwa deshalb, weil es beklagenswert wäre, sondern weil dies in Hinblick auf die Agilität höchst produktive Eigenschaften in sich birgt. Die grundsätzlich leichte Neigung zum Untersteuern lässt sich in mittelschnellen Kurven nämlich durch ein etwas zackiger ausgeführtes Lenkmanöver hervorragend kompensieren, sodass am Ende ein neutrales Fahrverhalten dabei herauskommt.
 
Die Gefahr, dass dieses durch die sportliche Brille betrachtete konstruktive Eindrehen des Hecks am Ende in einem Dreher endet, ist selbst bei unprofessionell eingearbeiteten Lastwechseln äußerst gering. Erstens, weil das Heck stets wieder sanft und gänzlich ohne Konterneigung auf die von der Vorderachse vorgegebene Linie einschwenkt und zweitens, weil entgegen der Vermutung im Hintergrund stets ein elektronischer Rettungsanker aktiv bleibt. Bis ein sanfter Eingriff des per Schalter auch hier nur scheinbar zur Gänze deaktivierten ESP stattfindet, muss es aber schon zu extremen Abweichungen vom sachgerechten Gebrauch kommen. Immerhin blieben die gezeiteten Fahrten in Hockenheim und auf der Nordschlei fe des Nürburgrings von Zugriffen seitens der Elektronik verschont, was nur zwei Ursachen haben kann: Entweder wurden sie von der Überwachungselektronik als durchaus systemrelevant entdeckt oder die Eingriffe wurden seitens des Fahrers nicht registriert. Wie dem auch sei: Diese Form des Redundanzsystems lassen sich auch Fahrdynamikaktivisten gerne gefallen.

Sportreifenalternative für den Ford Focus RS

Die Idee, einen Supertest gleich doppelt zu produzieren, nämlich einmal mit den ab Werk montierten Serienreifen und zum anderen mit der einzig freigegebenen Sportreifenalternative Toyo Proxes R888, drängte sich insofern auf, als der Focus RS nach intensivem Genuss auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim förmlich danach schrie (siehe Einzeltest Ford Focus RS): Die Conti SportContact 3, bekanntlich eine feste Größe sowohl bei Nässe als auch im Abrollkomfort, erwiesen sich den erhöhten Anforderungen in Sachen Querdynamik kaum länger als zwei, drei schnellen Runden gewachsen. Der durch die Sportreifen hervorgerufene fahrdynamische Fortschritt in Form von 1,2 Sekunden Vorsprung auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim steht allerdings bei Licht betrachtet nicht im Verhältnis zu den Nachteilen, die mit den Proxes R888 in Kauf genommen werden müssen - weshalb auch die Punktewertung auf der Conti-Bereifung beruht. Ein Nassgrip, der kaum als solcher bezeichnet werden kann, und ein Abrollkomfort, der vor allem in Sachen Geräuschentwicklung an Winterreifen der 6oer Jahre erinnert, reichen nicht aus, um die Vorteile in der Agilität zu rechtfertigen. Da lassen wir doch lieber die Contis quietschen.

Supercheck Wertungen
Nürburgring Nordschleife
5
maximal 10 Punkte
8.26,00min

Der geringe Unterschied in der Rundenzeit zwischen dem serienmäßigen Conti-Reifen und dem Sportreifen Toyo R888 (8.25 min) lässt sich mit dem agiler "mitlenkenden" Heck bei der Verwendung der Serienreifen begründen. Der RS verliert damit allerdings spürbar in den langsameren Ecken, in denen die Untersteuerneigung wiederum stärker zum Tragen kommt. Insgesamt ist es die Fahrbarkeit und die hohe Fahrsicherheit am Limit, die den Focus RS so weit nach vorne bringen.

Rundenzeit Nordschleife Ford Focus RS
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Hockenheim-Ring Kleiner Kurs
6
maximal 10 Punkte
1.17,8min

Die hohe Agilität, die der RS um die Mittellage der Lenkung an den Tag legt, geht bei der Annäherung an den Kurvengrenzbereich deutlich in eine Untersteuerneigung über, dies vor allem in den langsamen Kurven. Das Verbesserungspotenzial in Form der Sportreifen ist auf diesem vergleichsweise engen Umfeld signifikant: 1,2 Sekunden (1.16,6 min). Der Seitengrip ist mit den Sportreifen deutlich erhöht. In jedem Fall ist der Focus RS der schnellste bisher im Supertest gemessene Fronttriebler.

Rundenzeit Hockenheim Ford Focus RS
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Beschleunigung / Bremsen
5
maximal 10 Punkte
28,7sek

Dank der patentierten Achskonstruktion und des Sperrdifferenzials zeigt der Focus RS eine tadellose Traktion. Der Frontantrieb zeigt sich also trotz der bärigen Leistungsentfaltung des Motors nicht überfordert. Dass er die vom Werk angegebenen Beschleunigungswerte nicht ganz erreicht, ist ein kleiner Fauxpas, der weniger mit mangelnder Motorleistung als vielmehr mit dem hohen Gewicht begründet werden kann. Die Bremsanlage ist dem Leistungsgewicht gewachsen, wenngleich die maximalen Verzögerungswerte mit den Conti-Reifen nicht auf Spitzenniveau liegen. Mit den Sportreifen schafft der RS dagegen Verzögerungswerte von bis zu 11,1 m/s².

Beschleunigung 0-200 km/h:
23,2 s
Bremsen 200-0 km/h:
5,5 s
Windkanal
9
maximal 10 Punkte

Eine vergleichsweise große Stirnfläche (2,35 m²) in Kombination mit dem eher schlechten CW-Wert (0,36) sind keine allzu guten Voraussetzungen für Vmax-Rekorde auf der Autobahn. Die mit 263 km/h angegebene Höchstgeschwindigkeit erscheint auch ein wenig hochgegriffen, denn in der Praxis ist es aufgrund mangelnden Auslaufs nicht gelungen, diesen Wert auf der Geraden zu erreichen. Ab etwa 230 km/h stellt sich der weitere Vortrieb etwas zäh dar. Dem minimalen Abtrieb an der Vorderachse steht ein ebenso minimaler Auftrieb an der Hinterachse gegenüber. Das Fahrverhalten ist davon insofern betroffen, als es auch bei hohem Tempo von erster Güte ist.

Vorderachse bei 200 km/h:
8 kg Abtrieb
Hinterachse bei 200 km/h:
4 kg Auftrieb
Querbeschleunigung
8
maximal 10 Punkte
1,20g

Der für die Wertung herangezogene Querbeschleunigungswert von 1,2 g basiert auf der Messung mit den ab Werk montierten Serienreifen Conti Sport- Contact 3. Mit den Sportreifen Toyo Proxes R888 erhöht sich der Maximalwert auf 1,25 g, was sowohl bei der Rundenzeitmessung in Hockenheim als auch bei den Fahrdynamiktests messtechnisch durchaus Vorteile bringt. Die frontlastige Gewichtsverteilung - 62,6 Prozent lasten auf der Vorderachse - ist diesbezüglich vermutlich eher kontraproduktiv, wenngleich das spezielle Eigenlenkverhalten des RS von dieser besonderen Gewichtsbalance sicher mit beeinflusst wird.

36-Meter-Slalom
8
maximal 10 Punkte
131km/h

Im Fach Fahrbarkeit gebührt dem Focus RS eine Goldmedaille. Er lenkt überaus agil ein, reagiert sensibel auf Lastwechsel und lässt sich tadellos beherrschen. Ein leicht mitlenkendes Heck erleichtert die Zielführung durch die Pylonenreihe. Als Schwachpunkt erweisen sich die serienmäßigen Conti-Reifen, die bei zunehmender Erwärmung das Schmieren beginnen. Als Trockengrip-optimiert gehen die SportContact 3 also nicht unbedingt durch. Mit den Sportreifen kommt der Focus RS auf ein Durchschnittstempo von 133 km/h - bei grundsätzlich gleichem Fahrverhalten.

Ausweichtest
7
maximal 10 Punkte
139km/h

Das tadellose Grenzbereichverhalten ist sicher auch der Abstimmung der Feder/Dämpferelemente zu verdanken, die zusammen mit den noch immer recht nachgiebigen Stabilisatoren der Karosserie in Kurven eine relativ großen Seitenneigung erlauben. Mit zunehmender Härte wird der Grenzbereich bekanntlich tendenziell schmaler. Dafür offenbart der Ford einen akzeptablen Abroll- und Federungskomfort. Mit Sportreifen erreicht der RS in dieser Übung eine Geschwindigkeit von 141 km/h.

Nasshandling
5
maximal 10 Punkte

Am grundsätzlich gut zu parierenden Fahrverhalten ändert sich auch auf nasser Fahrbahn nichts – sofern die vom Werk vorgesehenen Conti SportContact 3 aufgezogen sind. Von den Eingriffen des elektronischen Rettungsankers, der auch bei ausgeschaltetem ESP aktiviert bleibt, ist so gut wie nichts zu spüren. Er lässt also einen recht großen Driftwinkel zu. Das ABS arbeitet gleichfalls äußerst sensibel, sodass die Spur auch bei harten Bremsmanövern exakt gehalten wird. Die Traktion ist für einen Fronttriebler außergewöhnlich gut. Mit den aufgrund ihrer Tragfähigkeit einzig zugelassenen Sportreifen wird die Sache auf nasser Fahrbahn spannend: Traktion, Seitengrip und Bremsleistung sind unter aller Würde.

Fazit

48 Punktemaximal 100 Punkte

Setzt man Preis und Leistung des 305 PS starken Ford Focus RS ins Verhältnis, dann steht eigentlich zwangsläufi g eine Kaufempfehlung zu Gebote. Auch wenn der Preis mittlerweile um 1.000 Euro erhöht wurde: Für 34.900 Euro gibt der Markt nichts Vergleichbares her, außer man schaut sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt um. Der Fünfzylinder-Turbo stellt nicht nur ein ordentliches Pfund an Leistung und Drehmoment zu Disposition, sondern verfügt auch über äußerst charaktervolle Eigenschaften. Der Klang etwa hat auch für Außenstehende eine sehr überzeugende Wirkung. Der Motor ist in seiner Präsenz allerdings keineswegs so dominant, dass er das Fahrwerk in den Hintergrund drängen könnte: So agil im Auftritt und so gehorsam am Limit hat sich bisher noch kein Fronttriebler in Szene gesetzt. Neben seinen ausgeprägten sportlichen Talenten überzeugt das optisch sehr extrovertiert auftretende RS-Modell grundsätzlich mit hoher Alltagstauglichkeit - immerhin ist er direkter Abkömmling einer vom Wesen her sehr vernunftorientierten GroßserienBaureihe.

Der vergleichsweise hohe Verbrauch des 2,5-Liter-Turbos ist freilich ein Malus, der nur mit großem Verständnis für einen Antrieb dieser exponierten Art akzeptiert werden kann. Wenngleich er von seiner Innenraumgestaltung her durchaus langstreckentaugliche Qualitäten mitbringt, so ist sein vornehmliches Einsatzgebiet nicht die Autobahn, sondern eher die kurvenreiche Landstraße - es kann aber durchaus auch eine Rennstrecke sein.

Technische Daten
Ford Focus RS
Grundpreis35.900 €
Außenmaße4402 x 1842 x 1497 mm
Kofferraumvolumen385 l
Hubraum / Motor2521 cm³ / 5-Zylinder
Leistung224 kW / 305 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit263 km/h
0-100 km/h6,1 s
Verbrauch9,4 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten