Brände von Elektroautos
Brennen Elektroautos leichter und öfter?

In einem Parkhaus in Shanghai brannte ein Tesla plötzlich ab – jetzt ist die Ursache geklärt. Im Mai 2018 brannte ebenfalls ein Tesla Model S bei einem Unfall in der Schweiz komplett ab, der Fahrer kam ums Leben. In den Niederlanden versenkte die Feuerwehr einen rauchenden BMW i8 kurzerhand in einem Tauchbecken. Aber wie brandgefährlich sind Elektroautos wirklich? Wir haben Experten gefragt.

Tesla Model S brennt
Foto: YouTube

Ein weißer Tesla Model S steht in einem Parkhaus in Shanghai. Er scheint nicht an eine Ladesäule angeschlossen zu sein. Plötzlich steigt seitlich Rauch vom Unterboden des Elektroautos auf, Sekunden später steht es in Flammen. Der Videoclip verbreitete sich blitzartig erst durch die chinesischen Online-Medien, dann weltweit. Er sorgte sogar dafür, dass die Tesla-Aktie um vier Prozent einbrach.

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Ob der Brand vom Akku ausbrach, war lange nicht geklärt – Tesla kündigte über den chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo an, dass Experten nach Shanghai unterwegs sind, um die Brandursache zu untersuchen. Dies geschah im April 2018 – jetzt liegt das Ergebnis der Brandermittlungs-Experten vor.

Software-Update weil kein Einzelfall

Der Brand soll von einem einzelnen Batteriemodul rühren. Dies sei bei der Analyse der Batterie, der Fahrzeughistorie, der Software und der Herstellungsdaten herausgekommen. Das Modul saß im Bereich der Vorderseite des Model S. Als Gegenmaßnahme hat Tesla ein Software-Update für die Einstellungen der Batterieladung und des Wärmemanagements veröffentlicht. Dieses Update hatte der kalifornische Elektroautohersteller bereits im Mai angekündigt, nachdem ein Model S in Hongkong Feuer gefangen hatte. Dieses Update kündigte der kalifornische Elektroautohersteller bereits im Mai an, nachdem ein Model S im März 2018 in Hongkong Feuer gefangen hatte. Das Feuer im Hongkonger Model S brach aus, nachdem es eine halbe Stunde auf seiner Parkposition neben einem Einkaufszentrum stand. Überwachungskameras zeichneten drei Explosionen auf.

Immer wieder mal kommt es bei Modellen von Tesla zu spektakulären Fahrzeugbränden, was regelmäßig ein intensives Medienecho auslöst. Ob Elektroautos eher zum Brennen neigen, ist bisher nicht geklärt – laut der deutschen Feuerwehr sind aktuell für die meisten Fahrzeugbrände ältere Autos mit Verbrennungsmotor verantwortlich.

Die Anleger reagierten auf den Brand nervös, die Tesla-Aktie gab um vier Prozent nach.

Das sagen die Experten zu Elektroauto-Bränden

Feuerwehr, ADAC und Dekra sind sich einig: Dass Autos bei Unfällen in Brand geraten, ist äußerst selten. Viel häufiger sind technische Defekte die Brandursache. Die Datenlage ist noch zu dünn, um eine endgültige Aussage dazu zu treffen, ob Elektroautos schneller oder weniger schnell in Brand geraten als ihre Verbrenner-Brüder. Laut Markus Egelhaaf, Experte für Unfallforschung bei der Dekra, lassen sich dazu selbst aus dem US-Straßenverkehr, wo deutlich mehr Elektroautos und Hybride unterwegs sind als in Deutschland, kaum Schlüsse ziehen. Es gibt aber eine Tendenz: Die Experten lassen sich zur ganz vorsichtigen Vermutung hinreißen, dass Elektroautos möglicherweise etwas seltener zum Brennen neigen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Auch klar scheint aber: Brennende E-Autos sind schwerer zu löschen. Dachte wohl auch die Brandweer Midden en West-Brabant. Die Einsatzkräfte dieser niederländischen Feuerwache haben einen BMW i8, der im Showroom eines Händlers aus noch ungeklärter Ursache zu rauchen begann, vorsorglich in einem Container voller Wasser gelöscht und das Auto 24 Stunden darin belassen (siehe Bildergalerie). Aber der Reihe nach.

Brandursache Nr. 1 bei Verbrennern: Elektrik

Die Hauptursache für Fahrzeugbrände bei Autos mit Verbrennungsmotor ist die Elektronik: Durchgescheuerte Kabel verursachen beispielsweise im Stand Brände. Diese zu löschen, ist für die Feuerwehr Routine. Brennende Elektroautos haben bisher die wenigsten Feuerwehrleute erlebt: "Wir hatten bisher noch kein einziges brennendes Elektroauto", erzählt uns Friedhelm Bechtel, Brandamtmann bei der Berufsfeuerwehr Augsburg. Wie bei herkömmlichen Fahrzeugen, würde die Augsburger Feuerwehr auch bei Elektroautos Druckluftschaum zum Löschen nutzen. "Wasser funktioniert zum Löschen von Elektroautos auch sehr gut." meint Bechtel. Markus Egelhaaf von der Dekra ergänzt: "Es ist beim Brand einer Batteriezelle ganz wichtig, die Zelle zu kühlen. Das funktioniert am besten mit Wasser – sehr viel Wasser." Die einzelne, oft schwer zugängliche Zelle zu löschen, ist laut Egelhaaf beinahe unmöglich – schließlich ist in der Zelle auch Sauerstoff enthalten, der das Ersticken des Brandes unmöglich macht. Die brennende Zelle heizt ihre Nachbarzellen permanent auf, bis diese ebenfalls anfangen zu brennen. Der Fachmann spricht hier von einem "Thermischen Durchgehen" (Thermal runaway). Und dieses Thermische Durchgehen muss mit viel Kühlwasser unterbunden werden. Deshalb dauert das Löschen von Elektroautos länger als das von Verbrennungsmotor-Fahrzeugen.

Stromschlag beim Löschen von Elektroautos?

Die Feuerwehrleute können übrigens vor Ort per Tablet über das Kennzeichen des Fahrzeugs abfragen, welche Antriebsart verbaut ist. Zudem zeigt eine schematische Darstellung, wo das Fahrzeug für die Bergung von Verletzten aufgeschnitten werden kann, ohne die Retter der Gefahr eines Stromschlags auszusetzen. Beim Löschen ist diese Gefahr, auch per Lichtbogen, laut Egelhaaf beinahe ausgeschlossen: "Im Gegensatz zum Hausstromnetz ist das Stromnetz des Autos nicht geerdet. Man müsste schon zwischen die beiden Batteriepole geraten, um einen elektrischen Schlag zu bekommen." Und da in Lithiumionen-Batterien kein elementares Lithium verbaut ist, ist auch in dieser Hinsicht der Kontakt mit Wasser unproblematisch.

Brände in Tiefgaragen sind grundsätzlich problematisch, da die entstehende Hitze nicht nach oben entweichen kann, so Albert Kreutmayr, ebenfalls Brandamtmann bei der Feuerwehr Augsburg. Ein Liter Wasser ergibt 1.700 Liter Wasserdampf. Dieser Wasserdampf behindert zusätzlich das Abfließen der Wärme. "Das ist wie bei einem Saunaaufguss", so Kreutmayr. Da zum Löschen von Elektrofahrzeugen besonders viel Wasser benötigt wird, müssen die Feuerwehrleute dies bei Bränden in Tiefgaragen beachten.

Akkus bei E-Autos gut Crash-geschützt

Der ADAC hat bereits mehrere Elektrofahrzeuge in Crashversuchen getestet. "Wir testen mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 64 km/h und bisher ist noch nie eine Batterie kaputt gegangen. Nur bei einem Mitsubishi i-MiEV gab es mal eine Beschädigung an der Batterieschutzhülle – aber nicht an der Batterie selbst.", sagt uns Melanie Mikulla vom ADAC. Für einen direkten Vergleich hat der ADAC einen VW e-Up und einen VW Up mit Benzinmotor gecrasht. Das Ergebnis: Beim elektrischen Up konnten die Experten, trotz des etwas höheren Gewichts, keinerlei Einbußen bei der Sicherheit feststellen. Der weltweit größte Automobilclub hat bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass Elektroautos bei Unfällen eher zur Entzündung neigen als Autos mit Tank. Und auch bei den Euro-NCAP-Crashs ist bisher kein Elektroauto in Flammen aufgegangen. Friedhelm Bechtel von der Feuerwehr meint: "Bei Autos mit Gastank dachten einige zum Anfang, dass die sich schnell entzünden können. Deshalb waren diese Fahrzeuge in vielen Tiefgaragen verboten. Heute wissen wir, dass auch Gasfahrzeuge nicht zu einer schnelleren Entzündbarkeit neigen. Diese Entwicklung könnte so auch bei Elektroautos ablaufen." Als schwierig hat Bechtel Autos mit Magnesiumteilen am Motor in Erinnerung. "Brennendes Magnesium war sehr schwer zu löschen, das haben wir aber mit speziellem Löschpulver in den Griff bekommen."

Autos explodieren nur im Film

Bechtel betont zum einen, dass Autos nach Unfällen grundsätzlich nur extrem selten brennen, aber dass ein Auto explodiert, gäbe es nur im Film. Am heftigsten sei die Flammenentwicklung, wenn ein Kunststofftank reißt und dann der Kraftstoff in großen Mengen herausschwappt. Die entstehenden Dämpfe sind entzündlich, besonders bei hohen Temperaturen, wobei sich die Diesel-Dämpfe deutlich schwerer entzünden lassen als verdampftes Benzin: "Oft gar nicht" meint Bechtel.

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Elektroauto-Problem: Verzögerte Entzündung

Auf ein spezielles Problem verunfallter Elektroautos weisen aber alle von uns befragten Experten deutlich hin: Bis zu 72 Stunden nach einem Unfall kann sich der Akku durch innere Beschädigungen noch entzünden – einigen Berichten zufolge fanden Entzündungen sogar noch später statt. Deshalb dürfen verunfallte E-Autos nur im Freien gelagert werden und ein Elektroauto-Fachmann muss die elektrischen Komponenten deaktivieren und untersuchen.

Fazit

Aktuell gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Elektroautos mit oder ohne Unfalleinwirkung eher zum Brennen neigen als Autos mit Verbrennungsmotor – laut den befragten Experten könnte es sogar sein, dass E-Autos seltener zu Bränden neigen. Benzin- und Dieselfahrzeuge brennen nach Unfällen nur äußerst selten, wobei sich Dieselkraftstoff, selbst als Dampf, viel schwerer entzünden lässt als Benzin – technische Defekte sind eine viel häufigere Brandursache.

Dass Brände von Elektroautos bedrohlicher wirken, hat zwei Gründe: Einzelne Batteriezellen zu löschen ist beinahe unmöglich. Eine brennende Zelle heizt ihre Nachbarzellen auf, bis diese ebenfalls anfangen zu brennen. Dieses "Thermische Durchgehen" (Thermal runaway) ist der Grund, dass das Löschen von Elektroautos länger dauert, als das von Verbrennungsmotor-Fahrzeugen. Außerdem können Elektroautos bei einem Unfall in Brand geraten, wenn die Batterie durchstoßen wird. Darum hat Tesla nach einem entsprechenden Unfall in den USA den Akku des Model S von unten mit einer Titanplatte geschützt.

Nach bisherigen Erfahrungen haben die Insassen von Elektroautos und Verbrennungsmotorfahrzeugen gleich viel Zeit, das brennende Fahrzeug zu verlassen – die Brände breiten sich relativ langsam aus. Beim Elektroauto ist zu beachten, dass sich der Akku aufgrund von inneren Beschädigungen bis zu 72 Stunden (oder noch später) nach einem Unfall entzünden kann – deshalb muss ein verunfalltes Elektroauto zwingend immer im Freien gelagert werden.

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Erscheinungsdatum 11.04.2024

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