Porsche 917 wird 50
Bei 350 km/h kam das Heck hoch

Inhalt von

Als Porsche den 917 auf dem Genfer Salon zeigte, war noch nicht klar, wie erfolgreich das Auto sein würde – oder ob die Homologationsautos fertig würden. Sie wurden, doch fahren wollten zunächst sogar Werksfahrer nicht.

Porsche 917 (1970)
Foto: Porsche

Fünfzig Jahre nach der Premiere auf dem Genfer Auto-Salon 1969 zeigte Porsche den 917-001 zum ersten Mal wieder während der Oldtimermesse Retro Classics in der Öffentlichkeit. Vorangegangen war eine längere Restaurierungsphase des ersten 917. Wie der Rennwagen wirkte, fasste sein Erbuer gewohnt knapp so zusammen; "Der 917 war das ultimative Tier unter den Rennwagen, ein dramatischer Auftritt", meinte Ferdinand Piëch. Der war mit dem Auto in jeder Hinsicht an die Grenzen gegangen und hatte ein Biest geschaffen, vor dem sich anfangs sogar gestandene Rennfahrer fürchteten. Und Furcht gehört Ende der Schzigerjahre nicht unbedingt zu den hervorstechenden Eigenschaften eines Rennfahrers.

Unsere Highlights

12-Zylinder mit 520 PS

Am 12. März 1969 stand der Porsche 917 dort auf dem Automobilsalon im Rampenlicht. Was damals niemand ahnt: In Genf feiert vor 50 Jahren eine Rennwagenlegende ihre Premiere. Der "Sportwagen für schnelle Strecke wie Spa, Monza und Le Mans" wurde bereits vorab in auto motor und sport vorgestellt: "Zwölfzylindermotor (wie üblich luftgekühlt) mit offiziell zugestandenen 520 PS, der der Langheckausführung zu 350 km/h Höchstgeschwindigkeit verhilft." Der Verkaufspreis betrug 140.000 Mark. Um als "Sportwagen" gemäß der damaligen Gruppe 4 zugelassen zu werden, musste Porsche 25 identischen Exemplare bauen.

Piëch im Grenzbereich

Piëch erinnerte sich in seiner Auto-Biographie: "Der 917 lief im Grenzbereich, wie immer man ihn anschaute: leistungsmäßig, in seiner aerodynamischen Machbarkeit, in seiner Beherrschbarkeit durch die Piloten, im Handling der Firma und in der Familienverträglichkeit der Piëchs und Porsches." Die Vorstellung des neuen Rennwagenprojekts fand eher in aller Stille statt: Nur Ferdinand Piëchals Leiter der Technischen Abteilung und Werksfahrer Gerhard Mitter posierten neben dem neuen Hoffnungsträger.

Statt 25 waren erst zwei Autos fertig

Porsche 917 (1969)
Porsche
Ferdinand Piëch (links) erinnerte sich in seiner Auto-Biographie: „Der 917 lief im Grenzbereich“.

Die Firmenspitze um Ferry Porsche und Pressechef Huschke von Hanstein: Fehlanzeige. Von dem kostspieligen und waghalsigen Projekt wollte von den Firmenoberen niemand etwas wissen. Drohte das Projekt zu scheitern? Sogar Piëch verspürte Muffensausen: "Ich hatte ein mulmiges Gefühl, auf was ich mich da eingelassen hatte." 2002 kommentierte Piech: "Aber gerade aus jetziger Sicht, wo ich selbst eine solche Kühnheit nicht mehr verantworten würde, sehe ich das ganze Projekt 917 als durchaus nützlichen Irrwitz." Die Frontpartie des Premieren-917 war grün lackiert – die Farbe der Hoffnung. Doch die schwand schon acht Tage nach der Premiere in Genf: Die Inspektoren des Motorsportverbands CSI verweigerten die Zulassung. Statt der geforderten 25 fahrfertigen Autos konnte Porsche nur zwei Exemplare präsentieren, 18 Autos befanden sich noch im Aufbau, für sieben weitere lagen die Ersatzteile bereit. Bei der zweiten Inspektion am 21. April konnten alle 25 Rennwagen vorgestellt werden, und ab dem 1. Mai war der 917 offiziell als Sportwagen homologiert.

Bei 350 km/h hob das Heck ab

Für den ersten Renneinsatz beim 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring musste Porsche-Rennleiter Rico Steinemann sich für den 917 nach Aushilfsfahrern umsehen: Kein Werksfahrer war bereit, diesen Rennwagen über die Nordschleife zu steuern. So trugen sich David Piper und Frank Gardner in die Geschichtsbücher ein: erster Start, erste Zielankunft mit defensiver Fahrweise.

Kurt Ahrens, damals einer der Porsche-Werksfahrer, hat das tückische Fahrverhalten des in nur neun Monaten entwickelten Autos noch lebhaft im Gedächtnis. Er berichtet von der Entwicklung und den ersten Renneinsätzen: "Nach einer Vollgasphase hart auf die Bremse zu treten, war unmöglich. Dann stieg sofort das Heck hoch. Und bei Tempo 350 schwänzelte das Heck derart, dass man sich unglaublich konzentrieren musste. Es war der reinste Horror." Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans erzielten Ahrens und Rolf Stommelen trotz dieses Fahrverhaltens die schnellste Trainingszeit. Im Rennen führten sie 20 Stunden lang, ehe die Kupplung aufgab. Ahrens war dann auch am ersten 917-Erfolg beteiligt: Gemeinsam mit Jo Siffert gewann er das Weltmeisterschaftsfinale in Österreich. 1970 und 1971 prägten die 917 die WM: 14 Siege in insgesamt 21 Rennen.

Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 05 / 2024
Motor Klassik 05 / 2024

Erscheinungsdatum 11.04.2024

148 Seiten