Carsharing auf dem Land
Geteilte Autos und Räder statt Nahverkehr

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Carsharing und andere Mobilitätslösungen können auch im ländlichen Raum funktionieren. Ein Beispiel aus Hessen zeigt, wie privater Autoverkehr minimiert werden soll.

5/2019, Vorfahrt für Jesberg
Foto: Vorfahrt für Jesberg e.V.

Carsharing als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr in urbanen Räumen ist ein großes Thema bei Stadtplanern und Mobilitätsdienstleistern. Aber auch außerhalb der pulsierenden Metropolen können geteilte Autos einen Sinn ergeben, wenn auch einen etwas anderen.

In der hessischen 2.500-Seelen-Gemeinde Jesberg, auf halben Weg zwischen Marburg und Kassel gelegen, hat sich der Verein „Vorfahrt für Jesberg e.V.“ der geteilten Mobilität für die Bürger vor Ort verschrieben. Befragungen haben ergeben, dass die Einwohner einen Großteil ihrer Strecken, auch innerhalb des auf fünf Ortsteile verteilten Gemeindegebiets, fast ausschließlich mit dem Auto zurücklegen. Es soll sogar mehr private Autos als Fahrräder geben, wobei immerhin 20 Prozent der Jesberger Autos im Jahr weniger als 5.000 Kilometer zurücklegen.

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Schlechtes Nahverkehrsnetz zwingt Leute ins Auto

Der Grund im ständigen Autofahren liegt in hier, wie in vielen anderen ländlichen Gemeinden auch, im oftmals wenig alltagstauglichen Nahverkehrsangebot mit langen Taktungen und weit vom Startpunkt oder Ziel entfernten Bushaltestellen.

„Vorfahrt für Jesberg“ will dieser Situation mit einem vielschichtigen Mobilitätsangebot begegnen. Neben einem Abhol- und Lieferservice per Lastenfahrrad sowie einem Radverleih zählt auch Carsharing zu den Angeboten des Vereins.

Wie bei den großen Vorbildern wird ein geteiltes Auto, je nach Fahrzeugklasse, nach gefahrener Wegstrecke oder alternativ nach Tagespauschalen bezahlt. Neben einem Smart Fortwo ED, VW Caddy und Ford Tourneo vervollständigt bald auch ein Renault Zoe den Fuhrpark.

Mit dem Angebot an Autos und Fahrrädern für die Kurzzeitmiete will der Jesberger Verein nicht nur die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen vor Ort erfüllen, sondern mit der Reduzierung des privaten Autoverkehrs auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Carsharing auch mit anderen Gemeinden

Das Carsharing sowie das Teilen von privaten Autos untereinander kann auch über Gemeindegrenzen hinaus Schule machen. Eine Jesbergerin hat Interesse angemeldet, den Smart des Vereins für den Weg zur Arbeit ins benachbarte Homberg zu nutzen. Bevor sie nach Feierabend mit dem Fahrzeug wieder den Heimweg antritt, soll er dort von Kolleginnen und Kollegen für Besorgungsfahrten genutzt werden.

Ähnlich wird auch mit Carsharing-Autos in Homberg verfahren. Sie werden tagsüber von Mitarbeitern der Stadt- und Kreisverwaltung, der Kreissparkasse und dem örtlichen Energieversorger genutzt. Danach können die Mitarbeiter mit den Autos nach Hause fahren und dann sowie an Wochenenden in den umliegenden Gemeinden bestehende örtliche Carsharing-Dienste aufstocken. Am nächsten Morgen kommen die Angestellten wieder mit den Autos nach Homberg.

Die Steuerung dieses Projekts übernehmen neben teilnehmenden Firmen und Behörden, die mit einem Dienstleister vor Ort für die Abwicklung zusammenarbeiten.