Audi Charging Hub
Audi eröffnet weitere Luxus-Ladewürfel

Audi investiert in eigene Schnelllade-Stationen. Nachdem das in Nürnberg gestartete Pilotprojekt erste Erfolge verzeichnet, weitet Audi das Angebot nun aus. Wir haben uns die Ladestation angesehen und erklären, wie sie funktioniert.

06/2022, Audi Charging Hub Nürnberg
Foto: Audi AG

Die Idee der Charging Hubs zielt eigentlich auf E-Auto-Käufer, die zu Hause keine Lademöglichkeit haben und deshalb auf innerstädtische Ladestationen angewiesen sind. Der erste Test in Nürnberg liegt allerdings nur zentrumsnah am Messegelände, ist dafür aber direkt an der B8 und nur drei Minuten von der A9 und der A73 entfernt. "Der Standort ist ideal für Langstreckenfahrer", sagt Audi-Technik-Vorstand Oliver Hoffmann. "Er befindet sich in Autobahnnähe, bietet aber auch Zugang zur Metropolregion Nürnberg."

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Spatenstich in Nürnberg war am 1. Oktober 2021, aber schon Mitte Dezember stand das modular aufgebaute Gebäude. In dessen Fuß befindet sich die Technik, im 1. Stock mit größerer Fläche sind die Lounges untergebracht. Flexible Container – oder "cubes" – werden hier zu einer Ladestation mit Lounge zusammengesetzt. Audi-Kunden sollen sich schon demnächst einen Schnellladepunkt dort reservieren können, den dann ein elektrisch hochfahrender Bügel absperrt.

Auch für Fremdmarken-Fahrer geöffnet

Die Zeit bis zur Weiterfahrt können nicht nur Audi-Fahrer bei Snacks und Kaffee im Obergeschoss verbringen. Denn dort befindet sich die Lounge für Fahrer von Fremdmarken, an die sich eine größere für Audi- und Porsche-Fahrer anschließt. Im für alle zugänglichen Bereich gibt es Automaten mit Snacks und für Heißgetränke und vor allem eine Toilette. Eine Kooperation mit dem Lieferdienst Gorillas ermöglicht außerdem allen Lade-Kunden, sich Einkäufe zur Lounge liefern zu lassen; inzwischen soll sogar die Fahrzeugreinigung durch einen mobilen Dienstleister möglich sein.

SPERRFRIST 20.05.21 16 Uhr Audi HPC Charging Hub
Audi
Nicht nur Audi-Fahrer haben Zugang zu den Ladepunkten und der Lounge - auch Fremdfabrikate können die Charging Hubs nutzen. Der eigenen Kundschaft bietet Audi aber einen VIP-Bereich.

Der Clou dabei: Die Charging Hubs können quasi überall aufgebaut werden, weil sie nicht auf das jeweilige lokale Stromnetz angewiesen sind. Gebrauchte Lithium-Ionen-Akkus aus zerlegten Entwicklungsfahrzeugen erwachen hier als Pufferspeicher für Gleichstrom zu einem zweiten Leben. Eine Hochspannungszuleitung nebst Transformatoren ist also nicht notwendig. In Nürnberg spendet der Netzbetreiber vergleichsweise bescheidene 200 kW. Minimum wären 22 kW pro Ladepunkt.

Maximale Ladeleistung von 320 kW

Der Charging Hub verfügt verteilt auf drei Speichermodule über eine Kapazität von 2,45 MWh. An sechs Schnellladepunkten können E-Autofahrer mit bis zu 320 kW laden – lädt an einem Cube bereits ein zweites Fahrzeug, bleiben immer noch 160 kW. Die kommen vor allem aus den Batterien, die wiederum mit Grünstrom aus dem Netz dauerhaft schonend geringe Ladeströme beziehen. Photovoltaik-Module auf dem Dach speisen zusätzlich grüne Energie in den Hub. In Nürnberg bringt die Solaranlage immerhin 30 kW im Peak.

Audi Charging Hub Nürnberg
Audi
Die maximale Ladeleistung beträgt 320 kW - falls das Auto dazu fähig ist.

Die Preise für die Kilowattstunde sind übrigens moderat: Mit 31 Cent verlangt Audi etwa das, was auch bei den meisten zu Hause fällig wird (beziehungsweise fällig wurde, bevor die Energiepreise in die Höhe schossen). An einer Schnellladesäule des Konsortiums Ionity, bei dem Audi Gründungsmitglied ist, liegen die Preise derzeit deutlich höher. Fahrer anderer Fabrikate zahlen die bei ihrem Ladeanbieter fälligen Preise gemäß des entsprechenden Tarifs – Audi nimmt keinen Roaming-Aufschlag.

Nächste Charging Hubs in Zürich, Salzburg und Berlin

Bislang scheint Audi damit zufrieden zu sein, wie das Pilotprojekt in Nürnberg läuft. Jedenfalls plant der Hersteller nun die Expansion des Charging-Hub-Projekts. Noch in der zweiten Jahreshälfte 2022 sollen drei weitere Standorte entstehen: Zuerst in Zürich, dann in Salzburg und Berlin. Aufgrund ihrer urbanen Lage sind diese jedoch kompakter konzipiert als das Pendant in Nürnberg. 2023 sollen drei weitere Standorte in Deutschland hinzukommen, und auch für das Jahr darauf plant der Autohersteller eine weitere Expansion seiner Charging Hubs. Dafür werden allerdings noch die passenden Locations gesucht.

Insgesamt peilen sie in Ingolstadt 200 bis 300 Stationen an, berichtet das Handelsblatt. Kosten: mehr als eine Milliarde Euro. Eine Investition, die sich Audi eventuell mit Porsche und den anderen Premium-Partnern des Konzerns teilen könnte. Der Bedarf seitens der Kundschaft scheint da zu sein, und die Konkurrenz setzt Audi unter Druck: Tesla arbeitet längst daran, hochfrequentierte Super-Charger-Stationen zu Elektro-Rastanlagen umzubauen. Mit großen Solar-Carports und Tesla-Lounges, in denen man sich während der Pause kostenpflichtig mit allem eindecken kann, was man unterwegs so braucht. Ein erster derartiger Standort in Deutschland wurde nun in Mittelfranken an der A7 eröffnet.

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Fazit

Getrieben von der Artemis-Truppe kommt das Thema Lade-Infrastruktur bei VW wieder auf die Tagesordnung. Das ist wichtig. Weil sich weder VW noch irgend ein anderer Ionity-Partner auf dem bislang Erreichten ausruhen darf. Die Ionity-Stationen sind eine feine Sache, werden aber vor der Hintergrund massiv steigender Elektroauto-Zulassungen sehr schnell an ihre Grenzen kommen. Da wäre ein zweites Schnelllade-Netz im VW-Konzern keine schlechte Idee. Ionity für die Masse an Fahrzeugen und vor allem für unterwegs.

Die Charging Hubs könnten Audi-Kunden und E-Auto-Fahrern eine Möglichkeit bieten, zu laden, wie man tankt – nur schöner: Hinfahren, in der heimeligen Lounge entspannen oder arbeiten, bei Bedarf den Wagen waschen lassen und zeitnah weiterfahren.   

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