Porsche Matrix-LED-HD-Scheinwerfer
Die Schwaben biegen das Licht

Porsche hat einen neuen HD-Matrix-LED-Scheinwerfer entwickelt. Der kann nicht nur für eine höchst variable Lichtverteilung sorgen, er vermag sogar um die Kurve zu leuchten. Wie machen die das?

Porsche Matrix Licht
Foto: Porsche

Nun also auch Porsche. Nachdem Mercedes und Audi ihre LED-Hochleistungsscheinwerfer mit Matrix HD-Licht eingeführt haben, stellt Porsche eine eigene Entwicklung vor. Aber anders als Stuttgart und Ingolstadt, wo auf Matrix-LED mit dem DMD-Mikrospiegel-Chip mit 1,3 Millionen Pixel Auflösung gesetzt wird, haben die Licht-Gurus in Weissach eine eigene Interpretation gefunden. Sie setzten auf vier einzelne LED-Module pro Scheinwerfer, betonen damit das Porsche-typische Vier-Augen-Lichtgesicht noch stärker als bisher.

Unsere Highlights

Neben dem Design standen bei der Entwicklung aber vor allem die Ziele Lichtqualität mit maximal möglicher Flexibilität und Performance, sowie Homogenität und Effizienz ganz oben auf der To-do-Liste. Zudem soll sich das Vierpunkt-Design auf alle Baureihen ausrollen lassen, was eine gewisse Flexibilität bei der Anordnung der Module bei verschieden großen Scheinwerfern zwischen Cayenne und 911 erfordert.

Aufbau der Module

In jedem Scheinwerfer stecken vier einzelne LED-Module. Die beiden oberen Bi-Funktionsmodule kombinieren die Vorfeldbeleuchtung mit einem Zusatzfernlicht über jeweils drei einzelne LED, die individuell schalt- und dimmbar sind. Die Nahbereiche lassen sich stufenlos und pixelindividuell regeln, etwa um Nebel- oder Regenlicht zu erzeugen. Die Ausleuchtbreite liegt bei +/- 45 Grad. Das Licht wird durch ein System von geschliffenen Linsen auf die Straße projiziert. Die beiden unteren Module sind für die Ausleuchtung im zentralen Bereich vor dem Auto zuständig. Das jeweils innere Modul sorgt für die starke Ausleuchtung im zentralen Bereich mit 20 Grad-Winkel und leuchtet dabei mit bis zu 120 Lux. Das äußere Modul beleuchtet im 40 Grad-Winkel gleichmäßig einen breiten Bereich mit bis zu 45 Lux. Die Platinen sind mit jeweils einer von Hella gefertigten Pixel-LED bestückt, die nur 12,8 x 3,2 mm klein ist. Auf dieser Fläche versammeln sich 16.384 LED, jede einzelne hat eine Kantenlänge von 45 µm und lässt sich individuell in 1.024 Helligkeitsstufen ansteuern. Pro Scheinwerfer macht das also 32.780 LED.

Das klingt im Vergleich zum 1,3 Millionen-Pixel-Licht von Audi und Mercedes erstmal wenig, hat aber keinerlei sichtbare Auswirkungen im nächtlichen Betrieb. Je höher die Auflösung ist, desto feiner lassen sich Lichtstrukturen auf der Straße darstellen. Porsche verzichtet aber im Gegensatz zu den beiden anderen auf die Projektion von Symbolen oder Warnhinweisen auf die Straße, weshalb die Auflösung für alle relevanten Funktionen locker reicht. Gegenüber dem aktuellen 84-Pixel-Licht von Porsche ist der Fortschritt bei der Testfahrt offensichtlich, was vor allem die Flexibilität betrifft.

Die vollautomatische Steuerung des Lichts übernimmt wie üblich ein zentrales Licht-Steuergerät. Das bezieht dabei folgende Informationsquellen in seine Berechnung ein: Navigationsdaten, Frontkamera, Infrarotkamera im Frontbereich, Lenkwinkel, momentane Position des Fahrwerks, Verkehrsinfos über 5G oder LTE, Position des Lenkstockschalters. Die Berechnungen erfolgen kontinuierlich alle 16 Millisekunden. Somit kann der Porsche-Pilot immer mit der Funktion Fernlicht unterwegs sein, das Steuergerät kümmert sich um den Rest, schaltet beispielsweise bei der Ortseinfahrt (Koordinaten und Kamera-Infos) automatisch auf ein breites, abgedimmtes und nicht blendendes Licht um, andererseits bei der Auffahrt zur Autobahn auf das weitreichende Fernlicht mit – wenn gewünscht – einem führenden Lichtteppich auf der eigenen Fahrspur um. Zudem wird die momentan ideale Lichtverteilung in Echtzeit berechnet und eingestellt. Das sorgt auch dafür, dass andere Verkehrsteilnehmer aus dem Lichtstrahl sicher ausgeblendet werden. Bei der zweistündigen Testfahrt über nächtliche schwäbische Landstraßen und Autobahnen kam es jedenfalls zu keiner einzigen Beschwerde des Gegenverkehrs. Selbst die Lkw auf der Gegenfahrbahn wurden auch bei vorhandener Beton-Mittelplanke nicht geblendet.

Dass die LKW auf der Autobahn nicht geblendet werden ist jedoch nicht Teil des blendfreien Fernlichts, sondern eine eigene, spezielle Autobahn-Funktion (erkannt per GPS), wo grundsätzlich das komplette Licht ungefähr oberhalb der Betonbebauung abgeschnitten wird. Also nicht nur, wenn ein Lkw kommt, sondern grundsätzlich. Auf der Autobahn werden nur die eigenen Fahrspuren beleuchtet, es wird kein Licht über die Mittelleitplanke hinaus projiziert.

Lichtverteilungen

Die vollautomatische Steuerung der Scheinwerfer ermöglicht beispielsweise folgende Funktionen:

Porsche Matrix Licht
Porsche
Blendfreies Fernlicht bei entgegen kommendem Fahrzeug.
  • Abblendlicht, flexibel durch situationsoptimierte Lichtverteilung und Helligkeit
  • Autobahn-Abblendlicht mit Fokus auf höherer Reichweite
  • Baustellenlicht, Fahrspuraufhellung durch Lichtteppich, nebel- oder regenoptimierte Ausleuchtung
  • Zusätzliches Kurvenlicht
  • Fernlicht mit und ohne Zusatzfernlicht mit situationsabhängiger Steuerung von Reichweite, Helligkeit und Lichtverteilung
  • Blendfreies Fernlicht mit hohem Lichtstrom von über 1.200 Lumen, Reichweite bis 600 Meter, flexibel und situationsabhängig gesteuert, Schilder-Entblendung
  • Animationen wie Coming-/Leaving Home

Praktische Erfahrung

Bei der zweistündigen nächtlichen Ausfahrt durfte das neue Scheinwerfersystem nun erstmals zeigen, zu was es in der Lage ist. Das sind die Eindrücke:

Umfrage
Hätten Sie gern Matrix-LED-Licht?
5241 Mal abgestimmt
Ja - im Dunkeln kann man gar nicht gut genug sehen.Nein - mir reicht klassisches Halogenlicht vollkommen aus.
  • Sehr hell, weitreichend und gleichmäßig
  • Hochflexibel
  • Schnell reagierend
  • Weiche Übergänge
  • Auf- und Abblenden erfolgt weich und harmonisch
  • Reflektionsminderung von Verkehrsschildern: bei blauen Autobahnschilder okay, bei weißen Bahnübergangsbaken zu starke Reflektion
  • Sicheres Ausblenden von anderen Fahrzeugen auf Landstraßen und Autobahnen
  • Keine "Reklamationen" vom Gegenverkehr
  • Großes Kino: Theater-Effekt am Ortsausgang, wenn der Lichtteppich ausgebreitet wird und beim Einbiegen auf die Autobahn
  • Auf der Autobahn keine Blendung des Gegenverkehrs
  • Der Lichtteppich als Fahrspurmarkierung kann wegen der hohen Auflösung sogar kurvig leuchten, das Licht wird virtuell "gebogen"
  • Der Lichtteppich ist auf beiden Seiten etwa 15 cm breiter als das eigene Fahrzeug (mit Außenspiegeln)

Fazit

Porsche stellt mit dem selbst entwickelten digitalen LED-Matrixlicht eine deutlich sichtbare Weiterentwicklung dar. Ob und wie sich das künftige Top-Licht von den Pendants von Audi und Mercedes unterscheidet, wird erst der direkte Vergleich zeigen. Ist aber auch nicht wirklich relevant. Denn sicher ist, dass Porsche ein enorm helles, flexibles und sicheres Lichtsystem entwickelt hat, das mit seinen über 65.000 einzeln steuerbaren Pixeln in keiner Situation Mühe hat, für Durch-, Weit- und Überblick zu sorgen. Der Aufpreis zum bisherigen 84-Pixel-Licht dürfte allerdings kein kleiner sein. Aber er ist vielleicht verschmerzen, wenn man diese neuen Scheinwerfer demnächst selbst erfahren kann.