Weltraumtechnik aus Bremen
Dieser Roboter kuckt und lernt wie ein Auto

Weit entfernt von der Erde müssen sich Roboter im Weltraumeinsatz selbstständig orientieren und Entscheidungen treffen – wie autonome Autos im Straßenverkehr. Genau zu diesen Themen forscht das Team von Professor Frank Kirchner in Bremen.

Roboter Mantis Porsche Egineering GmbH
Foto: Porsche Egineering GmbH

Die Idee eines autonomen Roboters schickt einen schnell zurück Szenarien, die Spielfilme wie „Terminator“ mitgebracht haben. Eine Welt, in der die künstliche Intelligenz die menschliche mindestens in den Hintergrund gedrängt hat. Ganz so weit ist es in der Realität noch nicht. Doch ist der Ruf nach autonomen Systemen noch nie so laut gewesen wie aktuell. Ob im Straßenverkehr, bei Unterwasser-Missionen oder Weltraum, selbstentscheidende und sich selbst orientierende Roboter werden immer wichtiger. Und genau zu diesen Themen forscht Professor Frank Kirchner gemeinsam mit seinem Team in Bremen am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).

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Zu den Forschungsobjekten zählen ein vierbeiniger Laufroboter namens Charlie, ein Wesen mit sechs Extremitäten, dem der Name Mantis verpasst wurde und Coyote III, ein grau-orangefarbener Rover mit sternenförmigen Rädern und einer flachen Silhouette. Warum diese hochentwickelten und intelligenten Roboter so wichtig sind? Sie müssen an Orten, an denen menschenfeindliche Bedingungen herrschen, ohne ständige Befehlsempfänge funktionieren. Denn bis ein Signal zum Beispiel den Mars erreicht, vergehen schonmal ein paar Minuten. Wie viele genau, hängt von der aktuellen Position des Planeten und seiner Entfernung zur Erde ab. Während der InSight-Landung am 26. November 2018 zum Beispiel war ein Signal rund acht Minuten unterwegs. Zum Jupitermond Europa (ein weiteres Forschungsprojekt der Bremer) sogar zwischen 33 und 53 Minuten. Viel zu lang, um spontane Kurswechsel oder ähnliches auszulösen.

Rover Sherpa Porsche Egineering GmbH
Porsche Egineering GmbH
Sherpa ist ein Rover mit aktivem Fahrwerk, der sich flexibel an verschiedene Geländeund Hindernissituationen anpassen kann.

Selbständig Entscheidungen fällen – auch über Leben und Tod

Die Gemeinsamkeiten zwischen einem autonom agierenden Roboter auf einem weit entfernten Planeten und einem Auto im Straßenverkehr sind deutlich ausgeprägter, als man denkt. Denn im Falle eines bevorstehenden Unfalls darf das autonom fahrende Fahrzeug nicht erst auf Rückmeldung eines Zentralrechners warten, sondern muss in kürzester Zeit eine Entscheidung treffen – die im schlimmsten Falle auch über Leben und Tod entscheidet. Nicht ohne Grund verrät Frank Kirchner: „Ein autonomes Auto ist für mich ein Roboter, mit dem ich fahren kann.“

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Der große Unterschied zwischen den Robotern aus Bremen und autonomen Autos ist zum Beispiel die Orientierung ohne Karte. Im Gegensatz zu autonomen Fahrzeugen kommen Robotern bei ihren Missionen keine Karten des Geländes zu Hilfe. „Die Auflösung von Satellitenbildern ist mit einem Meter noch zu schlecht“, erklärt Kirchner. „Darum müssen die Roboter eigene Karten ihrer Umgebung aufbauen und sich selbst darin lokalisieren.“ Dafür haben Wissenschaftler die SLAM-Algorithmen (Self Localization and Mapping) entwickelt, wahrscheinlichkeitsbasierte Verfahren für die Orientierung in unbekanntem Terrain. „Alles begann mit der Navigation in Abwasserkanälen“, erinnert sich Kirchner. „Das war eine recht einfache Umgebung, sodass wir den neuen Ansatz dort sehr gut testen konnten.“ Ab Mitte der 90er-Jahre wurden die SLAM-Algorithmen dann auch im offenen Gelände und in Gebäuden eingesetzt. Vor etwa 15 Jahren gab es erste Anwendungen für die Selbstlokalisation autonomer Fahrzeuge.

Ein Auto, das stetig dazulernt

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Ebenfalls für wichtig hält Kirchner die Organisation von Wissen, da die einzelnen Algorithmen teilweise seit 50 Jahren bekannt seien: „Es kommt darauf an, die einzelnen Komponenten des Wissens miteinander zu vernetzen – etwa durch kollektives Lernen. Das Fahrzeug muss ein lebenslang lernendes System sein.“ Sogar Träumen sollen die Autos der Zukunft können, was nichts anderes bedeutet als das ständige Durchspielen von realen Verkehrssituationen in einer Simulationsumgebung. Dabei sollen alternative Reaktionen getestet werden um sich auf außergewöhnliche Ereignisse vorzubereiten. Frank Kirchners Idee dazu: „Man kauft ein Fahrzeug mit Grunderfahrungen, das sich während des Betriebs gemeinsam mit den anderen Autos auf der Straße weiterentwickelt.“

Fazit

Ob mit Rädern oder auf Beinen – autonome Roboter werden in Zukunft unser Leben mitbestimmen. Dass sie den Menschen eine große Hilfe sein können, ist klar. Die Frage ist nur, wie groß und weitreichend dürfen ihre eigenen Entscheidungen gehen und wer zieht die Grenzen?