So läuft eine Leasingrückgabe ab
Abzocke oder Fairplay?

Der heikelste Moment des Leasingzyklus ist die Rückgabe. Hier entscheidet sich, ob man nochmal zur Kasse gebeten wird. Wir waren undercover dabei.

BMW 318i Touring Leasing Rückgabe Dekra Check
Foto: Patrick Lang

Wie schnell drei Jahre vorbeiziehen können, das wissen Menschen mit Kindern genau so gut wie Leasingnehmer. Grade hat man sich an ein Auto gewöhnt, da ist die gemeinsame Zeit auch schon wieder vorbei. Doch der Moment der Rückgabe ist nicht nur emotional eine potentiell heikle Szene, sondern auch, weil hier häufig Abzocke und Kostenfallen vermutet werden. Urbane Gruselgeschichte oder traurige Wahrheit? Wir haben undercover eine Leasingrückgabe begleitet, um uns ein Bild davon zu machen.

Unsere Highlights

Gegenstand unseres Experiments ist ein BMW 320i Touring, Baujahr 2017, Ausstattungslinie Advantage, der es inklusive aller Extras auf einen Neuwagenpreis von 43.340 Euro bringt. Der Leasingvertrag wurde über Kilometer und nicht über Restwert abgeschlossen. Am Tag der Rückgabe standen knapp unter 30.000 Kilometer auf der Uhr, der Zustand des 3ers: Tadellos und unfallfrei. Entsprechend reibungslos sollte die Begutachtung laufen. Oder?

BMW 318i Touring Leasing Rückgabe Dekra Check
Patrick Lang
Da steht er und glänzt: Der BMW 320i Touring von 2017 - ob der Gutachter das auch so sieht?

Drei Beulen pro Bauteil

Um den Zustand des Autos zu bewerten, engagiert der Händler einen Gutachter. In unserem Fall kommt der von der Dekra und macht sich sofort ans Werk. Zunächst wird das Äußere rundherum in Augenschein genommen. "Bei Fahrzeugen mit 30.000 und weniger Kilometern schaut man schon extra genau hin", erklärt er uns. Schließlich dürfen bei solchen Autos die üblichen Gebrauchsspuren nur recht gering ausfallen. Kleine Kratzer im Lack, Steinschläge und selbst Beulen sind allerdings kein Problem. Bei letzteren kommt es jedoch auf Tiefe und Häufigkeit an. "Wenn am selben Bauteil mehr als drei Dellen sind, dann handelt es sich schon um einen relevanten Schaden, der auch in Rechnung gestellt werden kann", stellt der Gutachter fest.

Im Innenraum sind Gebrauchsspuren genau so selbstverständlich, schließlich ist hier der Kontakt zu Bauteilen und Werkstoffen am intensivsten. "Was relativ häufig passiert, sind Dellen im Türrahmen. Die entstehen, wenn Gurte nicht komplett eingezogen werden und dann die Türe zuschlägt. Die Schließe steckt dann zwischen Tür und Rahmen", erzählt der Dekra-Prüfer. Bei häufig berührten Teilen wie Lenkrad oder Schalthebel gibt es dagegen häufiger Kratzer und Risse, wenn der Fahrer Ringe oder anderen scharfkantigen Schmuck trägt. "Viele Teile, gerade aus Kunststoff, lassen sich aber leicht mit Smart Repair wieder auf Vordermann bringen. Da muss der Kunde normalerweise keine Extra-Kosten fürchten", wendet der Prüfer ein. Bisher klingt das ja alles recht stressfrei.

BMW 318i Touring Leasing Rückgabe Dekra Check
Patrick Lang
Im Kofferraum werden auch Verbandskasten und Pannenhilfe-Set auf ihr Haltbarkeitsdatum überprüft.

Kundenfreundliche Anpassung

Bei genau diesem Eindruck bleibt es auch. Vorne wird noch die Haube geöffnet, auf der Suche nach reparierten Unfallschäden, das Lack-Prüfgerät darf rundherum aus gleichem Grund ran. Im Kofferraum werden die Verfallsdaten von Pannen-Set und Verbandskasten geprüft, dann fährt die Hebebühne nach oben und gibt den Blick auf den Fahrzeugboden frei. "Von der Dekra gibt es einen Standard-Schadenskatalog, den große Händler oder Fahrzeughersteller meist noch um eigene Maßgaben ergänzen", sagt uns der Sachverständige. Davon profitiert in der Regel durchaus der Kunde. Ist beispielsweise ein Bauteil als Sorgenkind bekannt, oder taucht bei einem Modell die immer gleiche Materialschwäche auf, fallen solche Mängel bei einer Leasingrückgabe nicht ins Gewicht.

Am Ende der Begutachtung macht der Dekra-Prüfer mit einem Lächeln seine letzten Notizen. "Wissen Sie, manche Leute geben ihre Autos ab wie Kraut und Rüben, aber solche wie dieser BMW hier sind mir am liebsten. Ich habe absolut nichts zu beanstanden." Gut für den 320i und gut für den Kunden. Im Anschluss geht es noch einmal für die letzte Unterschrift in den Verkaufsraum und nach insgesamt kaum einer Stunde ist der ganze Spuk vorbei. Zum Abschied verraten wir dem Prüfer dann auch, dass es einen Artikel bei auto motor und sport geben wird. Ist hier auch kein Problem, dann nach dieser fairen und korrekten Arbeit muss sich schließlich niemand verstecken.

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Fazit

Nach allem was wir gesehen haben, kann hier von Abzocke keine Rede sein – es war Fairplay auf ganzer Linie angesagt. Anders kann es allerdings aussehen, wenn Sie einen Restwert-Leasing-Vertrag abschließen. Hier sind die Kriterien schwerer greifbar, der Interpretationsspielraum größer. In diesem Fall lassen Sie Ihr Auto am besten vor der Abgabe von einem unabhängigen Gutachter durchchecken, um nicht in die Kostenfalle zu laufen.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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