Audi A3, Alfa, 1er, DS4 und Focus
Europa gegen den Audi A3

Alles A3 oder was? Der neue kompakte Audi ist zwar der Vorreiter einer ganzen Streitmacht an VW-Konzernprodukten, aber noch gibt es in Europa eine Menge eigenständiger Alternativen. Machen sie dem 1,8-Liter-Turbobenziner das Leben schwer?

Alfa Romeo Giulietta 1.4 TB, Audi A3 1.8 TFSI, BMW 118i, Citroën DS4 THP 200, Ford Focus 1.6 Ecoboost, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Vergleichstestsiege bei auto motor und sport sind die härteste Währung, wenn es um die Qualitäten eines neuen Autos geht. Im direkten Vergleich gegen Alfa Romeo Giulietta, BMW 1er, Citroën DS4 und Ford Focus muss der Audi A3 zeigen, ob sich sein gigantischer Entwicklungsaufwand ausgezahlt hat.

Citroën DS4 mit 200 PS stärkster im Test

Wenn auf einen in diesem Vergleich die oft strapazierte Bezeichnung Crossover passt, dann auf den Citroën DS4. Ganz anders als seine berühmte Urahnin DS will er kein extravaganter Einzelgänger, sondern von allem etwas sein: eine Kompakt-Karosserie, hochgesetzt wie bei einem SUV, mit dem Motor eines Sportwagens – wobei der klasse funktioniert. Mit 200 PS der Stärkste im Test, bringt der 1,6-Liter-Turbo den mit 1.436 kg schwersten Wagen bis auf eine Anfahrschwäche unterhalb 1.700/min überzeugend nach vorne. Er knurrt sportlich ambitioniert gegen die Windgeräusche an und genehmigt sich mit 9,3 Litern pro 100 km einen wenig bescheidenen Spritschluck. Kein Wunder beim höchsten Gesamt-Luftwiderstand (cW x A: 0,73 m²) im Umfeld.

Auf der Habenseite des 28.650 Euro teuren Franzosen steht dafür eine prächtige Serienausstattung, unter anderem mit 18-Zoll-Rädern, Klimaautomatik, Bluetooth-Schnittstelle und duftender Lederausstattung. Doch dann ebbt das Luxusgefühl auch schon ab.

Das Fahrwerk fährt sich genau so, wie man es von einem Citroën nicht erwartet: pseudosportlich – die Federung ist zu straff und unterdämpft, die künstlich auf Agilität getrimmte, gefühllose Lenkung teilt auf schlechten Straßen heftige Schläge aus. Vollbeladen kommt er dort bisweilen völlig aus dem Tritt, auch weil er sich zumindest eine Citroën-Eigenart bewahrt hat: Er wankt spürbar.

Im Interieur leuchtet die große Panorama-Frontscheibe freundlich einige pragmatische Mängel aus: die geringste Zuladung, wegen des coupéhaften Abschlusses, den unbequemsten Fondeinstieg, die umständliche Bedienung und die feststehenden Seitenscheiben, von der Enge im Fond-Kopfbereich gar nicht zu reden. Die Qualitätsanmutung entspricht leider dem Gesamteindruck, den der PSA-Konzern gerade hinterlässt: wenige Glanzpunkte, und es knarzt in allen Ecken. Letzter Platz.

Alfa Romeo Giulietta – Meisterin der standardisierten Tests

Dass der 27.230 Euro teure Alfa Romeo im Test als Einziger mit Doppelkupplungsgetriebe (Alfa konnte nur diese Version liefern) antritt, sollte eigentlich ein Vorteil sein. Doch der automatisierte Sechsgänger dämpft das Resttemperament des etwas brummigen 1,4-Liter-Multiair-Turbos mit 170 PS fast bis zur Unkenntlichkeit. Nicht nur, dass die Gasannahme ruckelig und verzögert gerät, auch für Überholvorgänge braucht keiner im Test länger. Nur der BMW 1er hat noch ein schlechteres Drehmoment-Gewichts-Verhältnis. Beim höchsten Testverbrauch von 9,9 Liter pro 100 km ist man ganz perplex, wie der über 1,4 Tonnen schwere Italiener trotzdem, extrem sparsam gefahren, 5,3 Liter erreicht – eine Spreizung um fast das Doppelte!

Die Giulietta ist eben eine Meisterin der standardisierten Tests. Auf topfebener Fahrbahn absolviert sie die Pylonen-Prüfungen am schnellsten. Doch sobald sich der natürliche, meist wellige Zustand einer kurvigen Landstraße einstellt, bricht das optimistische Handling-Konstrukt zusammen. Dann wirkt die sportlich-direkt ansprechende Lenkung nur noch nervös, und das Fahrwerk torkelt hart über Straßenschäden sowie die Passagiere auf seitenhaltarmen Sitzen. Wobei das hübsch arrangierte Interieur mit seiner Geräumigkeit ein echter Pluspunkt ist, denn an die zum Teil krude Bedienung kann man sich gewöhnen, und die Serienausstattung ist für den zweitniedrigsten Preis beachtlich. Auf eine zeitgemäße Ausstattung mit Assistenzsystemen müssen Alfa-Fans aber ebenso warten wie auf einen endlich mal überzeugenden Auftritt ihrer bella macchinas.

BMW 118i leistet sich unerwartete Schwächen

Wenn einer dem neuen Audi A3 gefährlich werden kann, dann der im letzten Herbst erneuerte BMW 1er – soviel schien vor dem Test klar. Schließlich beäugen sich die beiden bayerischen Auto-Heroen doch intensivst. Und der BMW startet gleich furios: Ganz souverän lässt er den Fahrer durch die intuitive i-Drive-Bedienung wirbeln, auf einem exzellenten, serienmäßigen Sportsitz thronen, die bis auf etwas schiefe Tasten und scharfe Plastikgrate ansprechende Qualitätsanmutung beäugen, die ordentliche Rundumsicht genießen und das größte maximale Ladevolumen im Test ausnutzen. Wenn dann noch das feinnervig-dynamische Handling des untersteuerungsarmen Hinterradtrieblers und die überaus präzise, okay, etwas schwergängige Lenkung hinzukommen, grinst nicht nur der fahrbegeisterte Tester: Obacht Audi A3, jetzt wird‘s eng.

Oder eben nicht, denn der 1er leistet sich unerwartete Schwächen. So hat ihn BMW für den Test mit komfortgünstigen 16-Zoll-Rädern mit hohen Flanken besohlt. Diese rollen zwar durchaus sanft ab, können aber nicht verhindern, dass der 118 mit voller Besetzung auf Block seiner Federung knallt. Das kracht nicht nur auf der immer noch intimen Fondbank unangenehm im Rückgrat, sondern schafft auch fahrdynamisch kritische Zustände. Der „Fahrerlebnisschalter“ kann daran nur subtil die Härte variieren, denn auf den maximalen Federweg hat eine adaptive Dämpferregelung logischerweise keinen Einfluss. Bei den Bremsprüfungen reiht sich der in Sport Line antretende BMW im mittleren Teil des Feldes ein.

Der etwas gepresst klingende 1,6-Liter-Turbomotor tut sein Bestes. Er stammt im Kern aus dem PSA-Konzern, ist damit ein sehr enger Verwandter des Citroën-Aggregats und mobilisiert 170 PS, die auf wenig schlanke 1.429 kg treffen. Trotz des schlechtesten Leistungsgewichts im Test hält sich der 1er aber noch achtbar bei den Sprintprüfungen. Er will dafür jedoch fleißig geschaltet werden, was in den letzten vier Gängen satt flutscht und in den ersten zwei knorpelt. BMW-typisch mutiert er bei zügigerer Fahrt nicht zum Trinker. Das spart Geld und lindert etwas den mit 30.200 Euro höchsten Grundpreis im Vergleich.

Ford Focus mit großartiger Fahrwerksabstimmung

Der Focus ist ein Phänomen: Immer dann, wenn man ihn gar nicht mehr so auf dem Bildschirm hat, taucht er plötzlich wieder auf. So geschehen beim kürzlichen Fünf-Sterne-Erfolg der Dreizylinder-Variante – und der Vierzylinder folgt seinen Spuren. Wie zu Zeiten des New-Edge-Focus, als Ford die agile Schwertlenker-Hinterachse einführte und damit in Wolfsburg Kopfschmerzen bereitete, begeistert auch der aktuelle mit einer großartigen Fahrwerksabstimmung ohne Adaptivspielereien. Den Ford Focus werfen selbst fieseste Straßenschäden nicht aus der Bahn. Fein spricht er an, dämpft passend und trifft exakt die Balance zwischen Komfort und Handling. Passagiere reisen gerne in ihm, weil er so geräumig ist und zudem leise. Vorn wie hinten sitzt es sich am angenehmsten im Ford. Und viel Gepäck darf auch mit, denn es wartet nicht nur ein üppiges Ladevolumen, sondern auch die höchste Zuladung.

Leider kann der 1,4-Tonner das beste Drehmoment-Gewicht-Verhältnis nicht in die zügigsten Elastizitätswerte umsetzen. Er fährt zumindest eilig genug, auch wenn der 1,6-Liter-Turbomotor ein wenig braucht, bis er in die Puschen kommt, und die Wege des präzise rastenden Sechsganggetriebes etwas lang sind. Wäre hier schon das Resümee des Tests, würde der Focus mit seinem mit Abstand niedrigsten Grundpreis von 25.850 Euro dem Audi A3 dicht am Auspuff hängen.

Doch leider leistet er sich auch objektive Schwächen und Marotten: Er verzögert am schwächsten im Test, zirkelt mit dem größten Wendekreis, bietet eine eher triste Material-Anmutung und stellt gerade neue Nutzer seines Infotainmentsystems vor eine intellektuelle Aufgabe. Trotzdem: Ein zweiter Platz in diesem talentierten Umfeld ist ein halber Sieg. Ein Golf VI hätte es sehr schwer gegen den Focus in dieser Form.

Audi A3 ist deutlich leichter als seine Konkurrenten

Doch der Golf VII steckt schon unter dem Premiumkleid des neuen Audi A3. Europas größte Auto-Entwicklungsabteilung hat für ihren Volumenträger den modularen Quer-Baukasten erfunden. Dass dieser gut wird, scheint logisch. Aber wie gut? Der Audi A3 hat vor allem seine Hausaufgaben bei den primären Fahrwiderständen gemacht: Er wiegt dank aufwendigem Leichtbau zwischen 62 und 105 kg weniger als seine Konkurrenten (wenn auch mit dem Gewichtsbonus des Zweitürers) und stellt mit einem cW x A-Wert von 0,68 m² dem Wind am wenigsten Widerstand entgegen.

Zusammen mit der Leistung des hubraumstärksten und aufwendigsten Motors (kombinierter Saugrohr-Direkteinspritzer-Turbo) im Test kommen eben physikalisch die besten Beschleunigungswerte sowie der niedrigste Testverbrauch heraus. Der 1,3 Tonnen schwere Fronttriebler hängt schon ab 1.250 Touren mit seinem vollen Drehmoment von 250 Nm am Gas und geht ab wie vom bayerischen Problembär gejagt. Wenig Kilos und serienmäßige 17-Zoll-Räder in der Ambition-Ausstattung sorgen für die fadingfreiesten Bremsen im Testfeld, eine kluge neue Vorderachsaufhängung trotz Frontantriebs für den kleinsten Wendekreis.

Audi A3 fegt äußerst neutral ums Eck

So erschließt sich der Audi A3 fast in jeder seiner Eigenarten mit Ingenieurs-Logik. Sein um zwei Zentimeter gewachsener Radstand schafft im Fond mehr Raum, wenn auch nicht so üppig wie im Focus. Da der Audi A3 zurzeit nur als Zweitürer erhältlich ist, muss er zudem einen Malus in der Funktionalität für den Einstieg hinten hinnehmen. Dafür lässt sich der Ladeboden bei umgelegter Fondbank endlich einebnen, und die Rundumsicht ist (20,6 Prozent Überdeckung; Zweitbester 1er mit 26,5 Prozent) klar die beste im Test.

Beim Handling widerlegt der Audi A3 das Vorurteil vom zäh untersteuernden Fronttriebler und fegt äußerst neutral ums Eck. Das Sportfahrwerk verliert selbst auf ziemlich kaputten Straßen nicht die Contenance und zeigt nur mit etwas ruppigerem Abrollverhalten die höhere Straffheit seiner adaptiven Dämpfer. Dazu noch ein fetter Klacks leichtgängiger Lenk- und Schaltpräzision, penibler Geräuschdämmung, intuitiver Bedienung sowie perfekter Verarbeitung, und schon steht ein absoluter Musterschüler da. Er wird damit sicher Erfolg haben, aber vielleicht nicht schaffen, dass ihm die Herzen nur so zufliegen. Irgendwie passend, dass Audi mit dem FC Bayern München einen Verein sponsert, den viele mögen, andere aber auch nicht.

So wirkt es fast sympathisch, ein paar Nachlässigkeiten zu entdecken wie das ruppige Bremspedalgefühl, die unharmonische Berganfahrhilfe und die manchmal hängende Bluetooth-Audio-Verbindung. Sie kratzen nicht am eindeutigen Sieg. Doch bevor die Korken in Ingolstadt losknallen, lohnt sich noch ein Blick 200 Kilometer in den Westen. Dort läuft sich ein ziemlich talentierter Gegner warm: die neue Mercedes A-Klasse.

Kritisch bei voller Beladung

Das Problem ist nicht neu, schon beim Mastertest 2010 fiel der BMW 1er durch kritisches Fahrverhalten bei voller Beladung auf. BMW versprach für die Neuauflage Abhilfe, doch so richtig gefruchtet scheint das noch nicht zu haben: Auch der aktuelle 1er setzt mit voller Zuladung in einer Kurve mit Bodenwelle auf den Endanschlägen seiner Federn auf. Eine Folge: Das Heck kann plötzlich wegdrehen. In den sportlichen Stufen des BMW-ESP eine gewöhnungsbedürftige Situation.

Fazit

1. Audi A3 1.8 TFSI Ambition
519 von 1000 Punkte

So gut war die Kompaktklasse noch nie. Der neue Audi A3 erfüllt die hohen Erwartungen und begeistert mit Agilität, Sparsamkeit und Qualität.

2. Ford Focus 1.6 Ecoboost Titanium
495 von 1000 Punkte

Beim Fahren macht dem Focus keiner was vor. Exzellenter Komfort paart sich bei ihm mit passender Agilität – und günstig ist er auch noch.

3. BMW 118i Sport Line
471 von 1000 Punkte

Für alle Fahrdynamiker ist sein Hinterradantrieb immer noch die erste Wahl. Leider unerwartete Schwächen im Fahrwerksbereich.
 

4. Alfa Romeo Giulietta 1.4 TB 16V Turbo
441 von 1000 Punkte

Bei Standard-Messprogrammen ist der Alfa Romeo ein Held. Im realen Verkehr nicht: wenig dynamisch, unkomfortabel und durstig.

5. Citroën DS4 THP 200 SportChic
439 von 1000 Punkte

Er will von allem etwas sein und verirrt sich dabei im Crossover-Gestrüpp. Immerhin ist sein Turbomotor ein echter Freudenspender.

Technische Daten
Audi A3 1.8 TFSI AmbitionFord Focus 1.6 EcoBoost TitaniumBMW 118i Sport LineAlfa Romeo Giulietta 1.4 TB 16V MultiAir TurismoCitroën DS4 THP 200 SportChic
Grundpreis29.050 €25.120 €28.900 €27.700 €29.800 €
Außenmaße4237 x 1777 x 1421 mm4358 x 1823 x 1484 mm4324 x 1765 x 1440 mm4351 x 1798 x 1465 mm4275 x 1810 x 1533 mm
Kofferraumvolumen365 bis 1100 l363 bis 1148 l360 bis 1200 l350 bis 1045 l385 bis 1021 l
Hubraum / Motor1798 cm³ / 4-Zylinder1596 cm³ / 4-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder1368 cm³ / 4-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung132 kW / 180 PS bei 5100 U/min134 kW / 182 PS bei 5700 U/min125 kW / 170 PS bei 4800 U/min125 kW / 170 PS bei 5500 U/min147 kW / 200 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit235 km/h222 km/h225 km/h218 km/h235 km/h
0-100 km/h7,4 s8,8 s8,1 s8,3 s7,5 s
Verbrauch5,9 l/100 km5,9 l/100 km5,9 l/100 km5,1 l/100 km6,4 l/100 km
Testverbrauch9,1 l/100 km8,8 l/100 km9,9 l/100 km9,3 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten