Alpina B3 Touring
Der Rock-and-Roll-Kombi

Linksverkehr, Berge voller Grün – ist das die Isle of Man? Nein, der Bernina-Pass, in diesem Fall auch ohne Tempo-Limit, aber zusätzlich ohne Gegenverkehr. Ein einmaliges Erlebnis im 462-PS-Kombi.

Alpina B3 Touring, ams 2420
Foto: Maximilián Balázs

Den Big-Mac-Index dominieren sie so zuverlässig wie den Markt für Luxusuhren, auch die Pralinen sollen Weltklasse sein – aber das absolut Beste an der Schweiz? Diese gewaltigen Bergparadiese, die auf jedem Schnapp-schuss dreifach Instagram-gefiltert aussehen. Und entschuldigen Sie das Natur-Banausentum, aber das Spektakulärste daran: der Asphalt darauf.

Wenn da jetzt noch 100 statt 80 km/h erlaubt wären, würde hier richtig die Luzie abgehen. Weil’s wohl beim "wäre" bleibt, lautet eine Lösung: 2.750 Franken für das Bergrennen Bernina Gran Turismo berappen. Pech hat jedoch, wer kein historisch relevantes Auto fährt. Es sei denn, der Veranstalter rückt eine Einladung für die Demo-Klasse raus: wie für Alpina, die ihren B3 Touring melden dürfen, weil sie mit ihrem BMW E30 M3 auch einen DTM-Rentner ins Rennen schicken. Super für uns, denn wir bekommen den Sitz im Kombi.

Unsere Highlights

Die Voraussetzungen für die Demo-Klasse? Ein zugelassener Helm plus D1-Rennlizenz, für die ein Führerschein und 100 Franken genügen. Los geht’s am heutigen Samstag auf 1.871 Metern in La Rösa bei trockener Piste, wobei es spät im September morgens um 6:30 Uhr noch reichlich kalt ist. Jedenfalls wird der Kerl an der Startlinie sich in seinem Formel-2-Auto von 1988 garantiert den Allerwertesten abfrieren. Weiter hinten in der Schlange sitzen die Herrenfahrer in Vor- und Nachkriegskreuzern, die ohne Dächer eher prunkvoll als komfortabel aussehen. Aber der vier Autos vor mir, der gestern bei der Ausstellung am Edelhotel in St. Moritz auf dem Schweller seines Countach sitzend zielsicher rückwärts geparkt hat – der könnte ja Wohlfühltemperatur haben. Und ich so? 22 Grad, Sitz- und Lenkradheizung laufen.

Alpina ist kein BMW-Tuner

Der alte DTM-M3 hat auch eine Heizung, nur darf der Motor im Stand mangels Lüfter nicht lange laufen; zusätzlich stresst das Anlassen die winzige Batterie. Heißt? Wie für viele im Starterfeld: schieben, wenn die Schlange sich bewegt. Wir überbrücken die Wartezeit entspannt mit der Technik, denn auf den ersten Blick sieht so ein B3 ja nicht groß anders als die M340i-Basis aus. Außen gibt’s modifizierte Stoßstangenansätze, die klassischen Deko-Aufkleber und Vielspeichenfelgen. Hinten gucken vier Endrohre der Boysen-Edelstahlanlage raus, weiter vorne stecken zwei Unterboden-Partikelfilter vom X3 M daran. Aus dem B5 hat er vorne die Brembo-Bremssättel, hinten bedingt die E-Parkbremse BMW-Hardware.

Fürs Fahrwerk liefert Eibach den vorderen Stabi sowie die Federn. Dass viel Energie in die Abstimmung fließt, zeigen über ihre "ALP"-Kennung schon die P Zeros: Die tragen sie, weil Pirelli die Reifen mit Alpina speziell für den B3 entwickelt hat.

"Von der Stange" gibt’s auch unter der Haube nicht, denn statt des B58 aus dem M340i (374 PS) nutzt Alpina den S58 als Basis: das Aggregat, das im neuen M4 und M3 (erstmals auch als Kombi) 480 bis 510 PS leistet. Und der Respektabstand ist so groß nicht. Der B3 liefert mit zwei Turboladern von Tachyon 462 PS und 700 Nm (M3: 550 bis 650 Nm). 37 Schläuche wurden im Motorraum neu angeordnet, auf manchen steht sogar Alpina. Der Ladeluftkühler ist wassergekühlt, und er hat den 1.000-Watt-E-Lüfter, den es in den USA im Track-Paket für den M340i gibt. Noch mehr: Ein statt zwei Ansauggeräuschdämpfer, zudem besteht die Ölwanne für die ZF8-Automatik aus Alu statt Kunststoff.

Launch Control, endlich!

Alpina B3 Touring, ams 2420
Maximilián Balázs
Typisch Alpina: Edle Vielspeichenfelgen.

Wieso Alpina also Hersteller und kein Tuner ist, scheint geklärt. Gutes Timing, denn vor mir räumt der vom "Pakistan’s Truck Art Team" bemalte Flossen-Benz das Startzelt. Auf den letzten Metern dort hinein wird plötzlich klar: Da wartet endlich mal ein sinnvoller Einsatz auf die Launch Control!

Dann jetzt also Rambazamba: Sport+ rein, ESP auf Sport, Schalthebel in die M-Gasse, feste aufs Bremspedal, voll aufs Gas und dann: "ratatatata" – aber eher verhalten, denn die Starthilfe legt nur knapp über 2000 Touren an. Doch dabei baut sich Ladedruck auf, ergo sollten die laut Drehmomentkurve 450 Nm tatsächlich sofort anliegen, ab 2500/min dann die vollen 700. Also runter von der Bremse, und dann gehören die nächsten 5,7 Kilometer nur mir.

Trotz xDrive schießt der Alpina nicht von der Linie, dafür punchen die Turbos kurz danach superschwergewichtig. Jedenfalls kommen wir im Express-Tempo zur Kurvenparty: sofort mit ordentlich Schmackes rein, natürlich minus einem Mach-keinen-Quatsch-Puffer. Trotz komfortorientierter Abstimmung und richtig schwerer Knochen (1.859 kg, vollgetankt, ohne Fahrer) wankt der Kombi nur wenig: So reagiert er zügig auf Richtungsänderungen und rennt mit ein bisschen Pirelli-Gewimmer athletisch durchs Geschlängel. Macht richtig gute Laune.

Danach werden die Kurven blind, was mit einem faulpelzigen Bildgedächtnis zunächst schwierig ist – also langsam rein und bei Sicht dann voll drauf. Und? Jo, der Allradantrieb reduziert die Lenkarbeit in bester Freude-am-Fahren-Manier. Ob das Heck ausschert oder den B3 nur auf die Linie dreht, lässt sich modulieren. Wenn du allerdings im mittleren Drehzahlbereich einlenkst, musst du vor dem Scheitel drauflatschen, damit dort genug Ladedruck anliegt.

Ob das Gerutsche die Zeit nicht verhagelt? Völlig egal, denn in der Demo-Klasse wird keine gestoppt – und wenn, würde der alte Prototyp-Rennwagen sowieso alle deklassieren. Ohnehin haben die Ergebnisse bei der Bernina GT keine Priorität, so stehen sie nicht mal auf der Webseite. Das ist mehr ein Klassikerfest mit bemerkenswerter Atmosphäre, etwas Schickimicki und sechs Vollgasläufen, zwei davon sonntags. Das Euro-zu-Fahrzeit-Verhältnis hält mit Trackdays natürlich nicht mit, die wiederum – die Nordschleife mal ausgeklammert – nicht mit der Exklusivität der abgesperrten Bergstrecke. Blättern Sie doch noch mal zurück und schalten Sie die Fantasie ein: So geht das nonstop, sogar noch variationsreicher. Sagenhaft.

Schnell und wütend

Alpina B3 Touring, ams 2420
Maximilián Balázs
ESP auf Sport, Schalthebel in die M-Gasse, feste aufs Bremspedal, voll aufs Gas und dann: „ratatatata“ – aber eher verhalten, denn die Starthilfe legt nur knapp über 2000 Touren an.

Auf rund 2.300 Metern angekommen, kannst du auf der Zielgeraden richtig ausdrehen: Aus dem Schubbetrieb geht bis 3.000/min wenig, danach ein bisschen was, über 4.000 kommt der "Fast and Furious"-Modus. Da hämmert er explosiv los, als wäre ein Ventil fürs Lachgas aufgesprungen.

Auf unseren Hausstrecken um Stuttgart (500 bis 700 Meter) spricht ein anderer B3-Testwagen zwar nicht so direkt an wie ein M340i, wohl aber spürbar gleichmäßiger als der in den Alpen – war’s also tatsächlich die dünne Luft? Wie Sie in der Tabelle sehen, rennt der Kombi jedenfalls wie bekloppt, im Zweifel bis 300 km/h, zudem verzögert er heftig. Weitere Fahreindrücke unter realistischen Bedingungen ergeben sich über Land, diesmal mit nur einer Spur, viel weniger Speed und dreifachem Malheur-Puffer. Die freudige Kunde: Der Allrad bleibt enorm fahraktiv.

Und das ist keine Randnotiz, sondern essenziell. So, jetzt noch der Vergleich zwischen "Comfort" und dem Alpina-Modus "Comfort+". Das Ergebnis auf unserer Lieblingsrumpelpiste: marginal weicher, vielleicht nur Placebo. Egal wie, für einen Sportkombi federt der B3 top – und es gibt eben Comfort+ bei 300 km/h. Wie Gran Turismo ist das denn?

Fazit

Der B3 ist ein richtiger Rock-and-Roll-Kombi, der Komfort, Sport und massig Power feinfühlig zusammenführt. Wünschenswert wäre viel weniger Gewicht – das Alpina-Fahrerlebnis ist trotzdem mega.

Technische Daten
Alpina B3 Touring
Grundpreis85.150 €
Außenmaße4719 x 2068 x 1438 mm
Kofferraumvolumen500 bis 1510 l
Hubraum / Motor2993 cm³ / 6-Zylinder
Leistung340 kW / 462 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit300 km/h
0-100 km/h3,6 s
Verbrauch9,9 l/100 km
Testverbrauch11,9 l/100 km