Aston Martin DB11 gegen Lexus LC 500
Zwei stilsichere Rivalen im Vergleich

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Stil kann man nicht kaufen? Oh doch! Kostenpunkt: 99.200 oder 184.000 Euro – je nachdem, ob man es progressiv-klassisch oder traditionell-modern haben will. Im Vergleichstest stellen wir die beiden Rivalen gegenüber.

Aston Martin DB 11, Lexus LC 500
Foto: Rossen Gargolov

Ja, ich weiß, das sind zwei Kunstobjekte. Wir sollten daher eigentlich direkt auf Connaisseur umschalten, verstandberaubt in die Ferne blicken, über Linienverführung schwadronieren und uns der Frage widmen, ob die spezielle Spannung von Lexus LC 500 und Aston Martin DB11 daher rührt, dass Motorkonzept und Stilrichtung stark kontrastieren: Hier der archaisch befeuerte Martial Artist aus Fernost, dort die urtypische Gentlemännlichkeit mit Pubertär-Turbo.

Doch um die Anziehungskraft von Gegensätzen kümmern wir uns gleich. Zunächstmuss noch etwas Dampf abgelassen werden. Dampf, der sich dadurch aufgestaut hat, dass viele sogenannte Enthusiasten immer noch der Ansicht sind, bei Exoten müsse alles immer ganz besonders besonders sein – mit Betonung auf alles.

Aston Martin DB 11, Lexus LC 500
Rossen Gargolov

Stein des Anstoßes ist der Aston Martin, der nicht nur seinen 510-PS-Achtzylinder von Mercedes adoptiert, sondern auch weite Teile des Bedienkonzepts im Innenraum. Infotainment samt Bedienpult, Lenkstockhebel, Bordcomputermenü – alles kann seine Herkunft trotz markenspiritueller Einfärbung kaum vertuschen. Nur frage ich mich, was daran so schrecklich ist? Oder anders: Warum verlangt man gerade von den Kleinen der Branche immer mundgeblasene Lautstärkeregler und handgemalte Navi-Karten? Wieso freuen wir uns nicht einfach darüber, dass das Zeug – im krassen Gegensatz zu manch Hausmacherlösung – nun vernünftig funktioniert? Außerdem sollte man sich bei all dem idealistischen Gemecker mal überlegen, ob solche Techniktransfers wirklich der Todesstoß für die Eigenständigkeit der Manufakturmarken sind oder nicht vielmehr deren einzige Chance, in anderen Bereichen noch eigenständig zu sein. Ich finde jedenfalls, dem DB11 hat der schwäbische Akzent mehr gut getan als geschadet – insbesondere im digitalen Bereich. Und es gibt keinen, der das besser illustriert als der LC 500 neben ihm.

Komplizierte Bedienung des Infotainmentsystems im Lexus

Dabei ist die Situation für Lexus vergleichsweise kommod. Als Luxus-Label von Toyota sitzt man direkt an der Hightech-Quelle. Offenbar jedoch hat man panische Angst davor, dass diese Verbindung als zu eng empfunden werden könnte. Anders ist die Existenz einer solch eigenwilligen Infotainment-Bedienung per Touch-Feld und Mauszeiger jedenfalls nicht zu erklären. Okay, im Gegensatz zum DB11 besteht keinerlei Verwechslungsgefahr, dafür kriegst du bei der Nutzung einen Föhn.

Lexus LC 500, Interieur
Rossen Gargolov

Die Menülogik ist verquer, die Grafik gruselig, der hopsende Cursor nicht zu koordinieren – schon gar nicht während der Fahrt. Das Tragische: Die Nerven werden völlig grundlos getötet, weil der LC 500 vor Individualität geradezu strotzt. Die Walzenschalter und die Digitalinstrumente sind eine gelungene Hommage an den Markenheiland LFA, der hinterleuchtete Armaturenträger könnte auch als postmoderne Installation im Guggenheim stehen, das Design locker als Studie auf einem Messestand. Großserienmief? Keine Spur!

Und dann gehört der Lexus auch zu jenen seltenen Erscheinungen, die sich von den bösen Zeitgeistern noch nicht haben kirre machen lassen. Statt mit der einen oder der anderen Glaubensrichtung auf Konfrontation zu gehen, zeigt er, dass der Weg in die Zukunft auch zweigleisig sein kann: Um die politisch Korrekten kümmert sich ein Hybrid – der LC 500h; die andere Schiene bedient er hier, der LC 500 ohne Zusätze, der seine 477 PS noch ganz romantisch aus acht Zylindern schöpft und uns damit zurückbringt auf die Eingangsfrage nach dem stilistisch-technischen Spannungsfeld.

Meiner Meinung nach liegt die Attraktivität des Lexus genau darin. Von außen der Futurist, drinnen der Hammerschmied, der dreht, schuftet, reintritt, Kraft erzeugt, statt sie eingehaucht zu bekommen. Dass dies so wunderbar harmoniert, ist auch ein Verdienst des Automatikgetriebes. Mit seinen zehn Fahrstufen macht es Selberschalten zwar zum Chaos, jedoch kaschieren die vielen kurzen Einzelübersetzungen das Drehmomentdefizit des Saugmotors. Kaschieren, nicht kompensieren!

Der Aston Martin ist dem Lexus immer einen Sprung voraus

Geradeaus macht der Aston jedenfalls Sushi aus dem LC 500. Der Vierliter-Biturbo des DB11 mag tapsiger ansprechen und nicht so blitzsauber die Last wechseln, dafür hat er Wumms. Immer, überall. 675 Newtonmeter sind maximal unterwegs, das sind 135 mehr, als der Lexus zusammenkratzt. Und die liegen nicht nur 2800Umdrehungen pro Minute früher und langfristiger an, sie haben auch noch fast 180 Kilo weniger voranzubringen. Die logische Folge: Deutliche bis sehr deutliche Vorsprünge in allen Längsdynamikdisziplinen, die sich im Alltag dadurch genauso drastisch anfühlen, dass der massive Schub recht ungestüm hereinplatzt.

Aston Martin DB 11, Exterieur
Rossen Gargolov

Speziell in den unteren Gängen hängt der Motor biestig am Gas, reagiert schnappig selbst auf Streicheleinheiten, was nicht mit der eleganten Note im Fahrverhalten korrespondiert. Mit der Länge der Übersetzungen wächst aber die innere Ausgewogenheit. Spätestens auf der Landstraße fährt der DB11 so sinnlich, wie er flairt. Die Fahrstufen, acht an der Zahl, rücken mit Nachdruck aber knickfrei in die Drehzahlbänder ein, die Lenkung verwebt Leichtigkeit mit intensivem Feedback, das dreistufig dämpfende Fahrwerk beherrscht sanfte Töne ebenso wie schärfere, auch der Klang hat die Melange aus GT und Sportwagen perfekt verinnerlicht. Kein AMG-Gegrunze, sondern stilsichere Melodik. Bassig, bronchial, leicht versoffen in den Zwischentönen, aber nie vulgär.

Der Lexus übt sich derweil in Diskretion. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Der Motor klingt unverkennbar nach V8, rockt aber softer, Lenkung und Fahrwerk gehen auf Tuchfühlung mit der Fahrbahn, ohne einen wirklich in sie zu verwickeln, und auch das Handling strahlt im ersten Moment deutlich mehr Ruhe aus. Im Alltag ist das ungeheuer charmant, gar keine Frage, allerdings verheißt es wenig Gutes für das, was dem Lexus in Hockenheim noch blüht.

Lexus-Motor muss kämpfen

Doch irgendwie scheint ihn die Leibesertüchtigung aus der Reserve zu locken. Im Slalom legt er dank Hinterachslenkung die Messlatte, und auch auf der Runde lässt er mehr heraus, als man in ihm vermutet hätte. Er lenkt willig ein, drückt schön übers gesperrte Heck und zieht motivierter um Kurven als der leicht hibbelige Aston Martin. Dass der LC 500 am Ende trotzdem mit 1,3 Sekunden in der Kreide steht, liegt jedenfalls weniger an seiner Querdynamikqualität als am Motor, der spürbar zu kämpfen hat, das Trumm aus Ecken zu zerren.

Andersrum würde es dem DB11 aber nicht gerecht, seine Leistung auf die Muskelmasse zu reduzieren. Ja, er hat das breitere Kreuz, entscheidend ist aber, dass er es zu nutzen weiß. Wichtigste Faktoren dabei: die optimale Trans-axle-Balance und das Sperrdifferenzial, das so perfekt mit dem Kraftfluss interagiert, dass sich der lange Lulatsch tatsächlich mit dem Gasfuß lenken lässt. Mehr Druck und er giert nach Winkel, etwas weniger, schon sind die Wogen wieder glatt. All das wirkt so stimmig, dass es schon wieder unstimmig ist. Nicht nur dass der Achtzylinder-DB11 mit diesem Auftritt seine eigene Modellhierarchie einreißt, indem er der stärkeren V12-Version mal eben sieben Zehntel überbrät. Vor allem konterkariert der überraschende Motivationsausbruch den Augenschein: Er prügelt dich Geraden entlang, reißt dich in Kurven, stiftet zu Unsinn an. Und dann steigst du aus, und der, der gerade noch Reifen-Graffiti in die Sachskurve geschmiert hat, steht da wie Michelangelo himself.

Fazit

Lexus LC 500 und Aston Martin DB11 haben es eigentlich nicht nötig, sich mit Messwerten, Rundenzeiten oder Wertungspunkten zu profilieren. Umso bemerkenswerter, dass es ihnen trotzdem gelingt – und zwar ohne sich in ihrer Grundbestimmung einzuschränken. Der Lexus gibt das perfekte Genuss-Coupé: spektakulär in der Außendarstellung, geschmeidig im Bewegungsablauf, charismatisch im Motor. Seine Agilität steht völlig unterm Scheffel, blitzt aber sofort auf, sobald man nach ihr verlangt. Vier Gänge runterschalten, zackig einlenken, schon ist der LC 500 hellwach. Anders der fast doppelt so teure Aston: Seine Diskretion wirkt flüchtiger, die Motivation aufgrund des Biturbo-Motors und der direkteren Abstimmung präsenter. Seine Manieren verliert er aber nur auf Wunsch.

Technische Daten
Aston Martin DB11 Coupé 4.0 V8
Grundpreis184.000 €
Außenmaße4739 x 1940 x 1279 mm
Kofferraumvolumen270 l
Hubraum / Motor3982 cm³ / 8-Zylinder
Leistung375 kW / 510 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit300 km/h
0-100 km/h4,2 s
Verbrauch9,9 l/100 km