Audi Q3 45 TFSI Quattro gegen VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion
SUV-Kampf der Konzernbrüder

Audi Q3 und VW Tiguan teilen sich nicht nur die Karosseriefarbe, sondern auch Plattform und Antriebsstrang. Wie viel Differenzierung ist da bei den beliebten Kompakt-SUV aus gleichem Haus noch möglich?

Audi Q3 45 TFSI Quattro, VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Kompakte SUV wie Audi Q3 und VW Tiguan punkten primär mit Platz, Variabilität, Komfort und Sicherheit. Mit 230 PS starken Turbobenzinern und Allradantrieb sollte aber auch ein bisschen Fahrspaß aufkommen, oder? Doch bevor wir uns dem Fahren widmen, befassen wir uns ausgiebig mit den Alltagsqualitäten. Rein optisch ist die Verwandtschaft der Konzernbrüder weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick zu erkennen. Trotz nahezu identischer Länge und Breite wirkt der etwas flachere Q3 deutlich kompakter als der Tiguan. Dieser Eindruck setzt sich im Innenraum fort, wo der kastenförmigere VW mit vielen Ablagen punktet. Die großen Fächer am Dachhimmel schaffen selbst dort Platz, wo eigentlich gar kein Stauraum ist. Zudem dürfen sich die Fondinsassen nicht nur über mehr Kopf- und Beinfreiheit freuen, sondern auch über den bequemeren Einstieg durch größere Türöffnungen.

Unsere Highlights

So lassen sich die Jüngsten bequemer in ihrem Kindersitz festgurten, doch einen dritten Kindersitz oder Mitfahrer bekommt man selbst im VW kaum dazwischen. Wer seinen SUV öfter als Großraumtaxi einsetzt, dem sei an dieser Stelle der längere Allspace mit dritter Sitzreihe im Gepäckraum empfohlen. Beim normalen Tiguan fällt das Ladeabteil mit 520 Litern Volumen zwar zehn Liter kleiner aus als im Q3, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn dank seines größeren Quadermaßes darf die nächste Küchengroßgeräteanschaffung 22 Zentimeter länger und rund sieben Zentimeter höher bauen. Nach dem Umklappen der dreiteiligen Rücksitzlehne, die sich nur im VW vom Heck aus entriegeln lässt, passen maximal 1.655 Liter ins Heck – 130 Liter mehr als im Q3. Weiteren Stauraum schafft bei Bedarf die serienmäßig klappbare Beifahrerlehne im VW.

Audi: Qualität kostet

Audi Q3 45 TFSI Quattro, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Mit perfekt sitzenden Ziernähten, präzise rastenden und klickenden Drehstellern sowie penibelst aufeinander abgestimmten edlen Materialien setzt der Q3-Innenraum Maßstäbe.

Das weniger luftige Raumgefühl im Audi-Fond wird besonders deutlich, wenn die verschiebbare Rückbank samt variabler Lehne zugunsten von rund 100 Liter zusätzlichem Gepäckraum nach vorn rückt. Auf den elektrisch verstell- und beheizbaren Vordersitzen samt variabler Lendenwirbel- und Kopfstütze (zusammen 1.430 Euro) fühlt man sich hingegen sehr gut untergebracht, obwohl sie etwas enger geschnitten und tiefer montiert als im VW sind – gut fürs Gefühl, schlecht für die Rundumsicht durch die ohnehin kleineren Fenster. Immerhin helfen auf Wunsch vier Umgebungskameras (800 Euro) beim Rangieren.

Sie merken schon, die kleine Annehmlichkeiten gehen bei Audi ins Geld. Ohnehin verlangen die Ingolstädter für den Q3 45 TFSI als S line 47.000 Euro, also fast 4.000 Euro mehr als für den Tiguan mit dem gleichen Motor, Allradantrieb und DSG, den es zurzeit nur als Highline gibt. Um den Q3 auf dessen Ausstattungsniveau zu bringen, werden übrigens noch einmal rund 4.000 Euro fällig. Da fragt man sich, was denn diesen Aufschlag rechtfertigen könnte.

Zum einen bietet Audi etwas mehr technische Unterstützung wie einen Spurwechsel- oder den Ampelassistenten an. Letzterer weiß, wann die Signalanlagen umschalten, und zeigt dem Fahrer an, wie schnell er sein darf, um auf der grünen Welle zu surfen. Das Problem: Vorerst funktioniert die Car-to-X-Kommunikation nur in Ingolstadt. Ein weiterer Punkt ist der Premium-Anspruch. Der Tiguan ist zwar weder billig noch schlecht verarbeitet, doch mit perfekt sitzenden Ziernähten, präzise rastenden und klickenden Drehstellern sowie penibelst aufeinander abgestimmten edlen Materialien und einem Verarbeitungsniveau, das beinahe in Fetischismus ausartet, setzt der Q3 im Innenraum Maßstäbe.

Anders sieht es bei der Bedienung aus, die im VW-Cockpit etwas einfacher gelingt. So gibt es hier einen separaten Drehschalter zum Justieren des Head-up-Displays und eine Taste am Lenkrad nur für die Fahrassistenten. Ansonsten setzt auch der Tiguan auf hochauflösende digitale Instrumente und ein ebenfalls rund 2.400 Euro teures Infotainment, das sich mit Sprache, Berührung oder Gesten steuern lässt.

Der Top-Tiguan kurvt gerne

VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Trotz nahezu identischer Fahrleistungen gefällt die DSG-Abstimmung im Tiguan besser. Auf der Teststrecke fährt er dem Q3 sogar davon.

Apropos steuern: Es wird Zeit, die Unterschiede zwischen den MQB-Brüdern herauszufahren. Trotz Allradantrieb und Offroad-Fahrmodi sind beide nur bedingt geländetauglich, schon weil die Frontschürzen weit herunterreichen und die Anbauteile eher schick als robust wirken. Deshalb bleiben wir lieber auf festem Untergrund. Ist dieser wie auf unserer Komfortstrecke in bemitleidenswertem Zustand, fällt der Q3 durch sein 1.180 Euro teures Adaptivfahrwerk positiv auf: Schlaglöcher absorbiert er gelassener, da die Ingenieure ihm längere Ausfederbewegungen gönnen. Dazu ist er – obwohl die Messwerte das nicht belegen – dank der serienmäßigen Akustikverglasung hörbar leiser: Fahrwerks-, Abroll- und Windgeräusche treten in den Hintergrund.

Auch der VW beherrscht die komfortable Gangart. Die etwas straffere Grundauslegung des beim Topmotor serienmäßigen DCC-Fahrwerks zieht sich durch alle Fahrmodi, was sich vor allem in „Sport“ bei schnellen Richtungswechseln positiv bemerkbar macht. Mit deutlich weniger Untersteuern und etwas gripstärkeren 18-Zoll-Reifen, vor allem aber weniger restriktiven ESP-Einsätzen fährt der Tiguan nicht nur auf kurvigen Landstraßen dem Q3 davon. Auf der Teststrecke nimmt Wolfsburg Ingolstadt beim Dribbling im 18-Meter-Slalom sechs km/h und im doppelten Spurwechsel sogar 13 km/h ab. Unsere regelmäßigen Leser wissen: Das ist eine kleine Welt.

Dagegen sind die Unterschiede bei den Fahrleistungen erwartungsgemäß gering. Der Zweiliter-Turbobenziner mit 230 PS und 350 Nm Drehmoment schiebt beide Kompakt-SUV souverän in rund sieben Sekunden auf Tempo hundert. Auf der Teststrecke ist der 39 Kilogramm leichtere Audi dabei stets einen Wimpernschlag schneller und verzögert mit 35,4 Metern aus 100 km/h etwas besser als sein Rivale (36,3 Meter). Im Alltag fühlt sich der Tiguan dagegen spritziger an. Die Software des Siebengang-DSG ist besser auf den Vierzylinder abgestimmt: Gangwechsel erfolgen schneller, zudem hält der Doppelkuppler stets den richtigen Gang parat. Der Verbrauch pendelt sich bei beiden im Testdurchschnitt zwischen neun und zehn Litern Super auf 100 Kilometern ein – wer viel fährt, greift da lieber zum sparsameren und mit SCR sauberen Diesel.

Ungeachtet dessen ist der Testsieg eine klare Angelegenheit für den Tiguan, der mehr Platz bei vergleichbaren Fahrleistungen zum deutlich geringeren Preis bietet. Doch zumindest bei Qualität und Komfort ist der Audi-Mehrwert klar erkennbar.

Fazit

1. VW Tiguan 2.0 TFSI 4Motion Highline
442 von 1000 Punkte

Mit viel Platz, guter Ausstattung und agilem Handling zieht der Tiguan auch an seinem Konzernbruder vorbei. Hier ist er zwar günstiger, absolut jedoch nicht ganz billig.

2. Audi Q3 45 TFSI Quattro S line
420 von 1000 Punkte

Der Q3 federt komfortabler, bietet viel Fahrassistenz und wird qualitativ dem Premium-Anspruch der Marke gerecht. Doch die maue Fahrdynamik und der hohe Preis werfen ihn zurück.