Audi Q3, BMW X1, VW Tiguan
Konkurrenzkampf der SUV-Geschwister

Alle drei SUV sind Bestseller und erfreuen ihre Käufer mit hoher Variabilität. Wir testen den frisch überarbeiteten BMW X1 gegen seine schärfsten Konkurrenten Audi Q3 und VW Tiguan.

VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion, BMW X1 25i xDrive, Audi Q3 45 TFSI Quattro, Exterieur
Foto: Achim Hartmann

Der Markt entscheidet. Und er sagt, dass diese drei SUV der Kompaktklasse derzeit die Renner sind. Also natürlich nicht im Sinne des Tempos, sondern der Verkäufe. Wobei die Sache mit dem Tempo gar nicht so abwegig ist, denn Audi Q3, BMW X1 und VW Tiguan gibt es mit 350 Nm stemmenden Zweiliter-Turbobenzinern. Und die schieben selbst auf Fernstraßen kräftig an, wie wir uns auf den Testfahrten überzeugen konnten.

Warum wir gerade diese hochkarätigen Motorisierungen um 230 PS samt Allradantrieb ausgewählt haben? Weil sie mit ihrem stabilen Drehmoment Alternativen zu Dieselmodellen darstellen, die ja derzeit ja nicht mehr ganz vorbehaltlos vom Mainstream geliebt werden.

Unsere Highlights

Variabilität von Neo-Vans

Drehmoment kann bei nutzwertigen Fahrzeugen nicht schaden. Man schätzt es, sobald die Fuhre vollgeladen werden soll – etwa vor dem Möbelmarkt. Hier spielt der übersichtliche Tiguan seine innere Größe aus, nutzt seine Verkehrsfläche am cleversten aus, bietet nicht nur den meisten Platz, sondern auch den größten Stauraum. Er nimmt selbst dann noch Kleinkram auf, wenn sich neben Q3 und X1 schon überzählige Teile stapeln. Zudem darf der VW das meiste Gewicht an die optionale Anhängerkupplung nehmen.

VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion, Exterieur
Achim Hartmann
Die optionale Anhängevorrichtung kostet 880 Euro extra.

Bei der Variabilität stecken die SUV nicht so schnell auf, positionieren sich als Neo-Vans: Alle drei kommen mit längs einstellbaren, asymmetrisch geteilten und in der Lehnenneigung variablen Rücksitzbänken. Der in der Ausstattungslinie Highline antretende Tiguan kann zudem seine Beifahrersitzlehne umklappen; beim Konzernbruder Q3 ist dieses Feature nicht erhältlich, beim X1 gegen Zahlung von 200 Euro.

Hervorragende Bremswerte

Wo sich die Konzepte augenscheinlich unterscheiden: in der Fahrzeughöhe. Der Tiguan überragt seine Mitstreiter, bietet den größten Türausschnitt und lässt sich folglich am bequemsten besteigen. Auch den Wunsch nach hohem Sitzen, mantraartig wiederholter Kaufgrund in dieser Klasse, erfüllt nur er wirklich.

Schwächen entblößt der VW im Karosseriekapitel lediglich bei der Bedienung. Hier wie auch im Audi zeigt sich, dass der Fortschritt vom Guten fortschreitet: Touchen und Wischen kann intuitiv erfühlbare Drehknöpfe und Taster eben nur unzureichend ersetzen. Wie es besser geht, zeigt BMW (noch) mit der Kombination aus Dreh-Drück-Steller und ausgelagerten Menütasten. Am Bedienkonzept hat sich beim Facelift nichts verändert, wohl aber wurden ein größerer Bildschirm sowie das Betriebssystem 6.0 samt Wireless Carplay eingefügt.

Rudimentär abgesoftet

Bei der Zahl der Airbags und Assistenzsysteme hat BMW keinen Sprung hingelegt, weshalb der X1 gegenüber dem Q3 ins Hintertreffen gerät. Für alle, die gerne vollumfänglich selbst ins Lenkrad greifen wollen und dem Verkehr dabei ungeteilte Aufmerksamkeit widmen, dürfte das nicht entscheidend sein. Allerdings kostet das Manko viele Punkte, und der BMW fällt im Sicherheitskapitel zurück – trotz hervorragender Bremswerte. Letztere gehen zum einen aufs Konto der sogenannten Sportbremse (600 Euro), zum anderen auf die haftstarken Pirelli P Zeros, welche auf die 19-Zoll-Felgen gezogen sind (860 Euro).

BMW X1 25i xDrive, Exterieur
Achim Hartmann
Bei einer Vollbremsung aus Tempo 100 steht der BMW auf der Teststrecke nach 33,7 Metern.

Bei dieser Bereifung samt niedrigem Querschnitt sollte man keinen herausragenden Federungskomfort erwarten. Häufig geizen Vertreter der Klasse der kompakten SUV mit flauschigem Abrollverhalten, so auch der BMW: Trotz Verstell-Stoßdämpfern mit Comfort-Kennlinie (150 Euro) weist er unmissverständlich auf Unebenheiten hin, wird in Stellung Sport sogar zum Rüpel und gibt Stöße lediglich rudimentär abgesoftet in die straff gepolsterten und eng geschnittenen Sportsitze weiter.

Auf der Rückbank fehlt es dabei nicht nur an Beinauflage, sondern auch an Seitenhalt. Letzteres wirkt sich vor allem dann negativ aus, wenn der Fahrer querdynamische Ambitionen verspürt und den X1 am langen Zügel laufen lässt. Dieser sperrt sich nicht gegen eine zünftige Landpartie und nimmt Kurven deutlich beschwingter als seine Konkurrenten. Dass er fast 100 Kilogramm leichter als der Tiguan ist, glaubt man nach dem direkten Umstieg schon in der ersten flott genommenen Passage; dass der Q3 dagegen nur 20 Kilogramm mehr auf die Waage stemmt, verwundert.

Schon die Fahrdynamikprüfung auf dem Testgelände absolviert der Audi mit gebremstem Schaum, fällt mit rigiden ESP-Eingriffen und dumpf rückmeldender Lenkung auf. Auch an der Landstraße zeigt er kein gesteigertes Interesse, wohl aber an Autobahnpassagen, die er angenehm federnd abspult – ohne hier jedoch das sanfte Gleiten des Tiguan zu erreichen. Beide treten übrigens mit adaptiven Stoßdämpfern an; jene kosten beim Audi 1.180 Euro und sind beim VW Teil der hochpreisigen Highline-Ausstattung.

Sport hier, Sport da

Wobei dem hohen Preis eine erstklassige Ausstattung gegenübersteht. Auch der BMW kommt hochgerüstet, fokussiert sich als M Sport allerdings vorwiegend auf dynamische Extras. Neben der bereits erwähnten Sportbremse sowie den Sportsitzen und 19-Zöllern fährt der Testwagen die M-Sport-Lenkung und das gleichermaßen sanft wie bestimmt schaltende Steptronic-Sportgetriebe auf.

BMW X1 25i xDrive, Interieur
Achim Hartmann
Die Sportlenkung gehört zur Grundausstattung der M Sport Variante.

In Verbindung mit dem Mehrpreis der Ausstattungslinie summieren sich die Sport-Extras auf knapp 8.000 Euro; wie immer schlagen wir testrelevante Optionen bei allen Kandidaten auf den im Kostenkapitel zu bewertenden Grundpreis auf. Trotz großzügigstem Garantieversprechen – BMW steht für drei statt zwei Jahre gerade –, gibt es für den X1 also wenig zu punkten.

Immerhin schiebt er sich vor den Audi, der ebenfalls teure Extras wie etwa 20-Zöller mitschleppt, erzielt zudem einen minimalen Vorteil bei den Kraftstoffkosten. Sein aufgeladener Zweiliter geht im Vergleichstest am sparsamsten mit dem Superbenzin um – auf 100 Kilometern nimmt er im Testdurchschnitt 8,9 Liter, landet aber zügig gefahren schnell über elf Liter.

Da tröstet es wenig, dass die Konkurrenten noch mehr durch die Brennräume lassen (Audi: 9,6 bis 12,2 l/100 km. VW: 9,7 bis 12,5 l/ 100 km).

Interessanterweise fühlt sich der X1 auch beim Beschleunigen deutlich leichter an als der Q3 und der Tiguan, prescht bei Vollgas im Bereich des maximalen Drehmoments aufgeweckt vorwärts und durchwandelt seine acht Gänge geflissentlich.

Im direkten Vergleich wirkt der VW etwas bemüht, wenn er den Anschluss halten muss – was angesichts seiner fast 100 Kilogramm mehr, die er zu schleppen hat, nicht wirklich verwundert. Eher schon erstaunt, dass Ähnliches für den Audi gilt; er übertrifft den BMW schließlich nur um 20 Kilogramm – bei gleicher Leistung.

Merkwürdig schlapp

Wieder einmal fällt also auf, dass ein Audi-Triebwerk nach der Umstellung auf den WLTP-Verbrauchszyklus merkwürdig schlapp am Gas hängt, sich betulich aus niedrigen Drehzahlen erhebt. Und im Falle des 45 TFSI so gar nicht den Eindruck einer Topmotorisierung vermitteln will.

Am mangelnden Einsatz des Doppelkupplungsgetriebes mit sieben Gängen kann es nicht liegen; dieses zeigt sich bemüht und wechselt die Fahrstufen zackig. Teilweise so zackig, dass zuweilen Schaltrucke zu spüren sind oder die Vorderräder beim forschen Anfahren ganz kurz den Halt verlieren.

VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion, BMW X1 25i xDrive, Audi Q3 45 TFSI Quattro, Exterieur
Achim Hartmann
Betrifft alle drei: ihre angehängten Hinterräder werden erst durch erhöhten Schlupf an der primär angetriebenen Vorderachse aktiviert.

Ähnliches kann übrigens bei allen dreien hier im Test passieren, denn ihre angehängten Hinterräder werden erst durch erhöhten Schlupf an der primär angetriebenen Vorderachse aktiviert. Weshalb wir bei der Bewertung der Traktion jeweils einen Punkt zum Maximum abziehen.

Profunde Balance

Im Hinblick auf seine Tradition als Sieger in Vergleichstests wundert es nicht, dass wieder einmal der Tiguan vorn liegt – in der Eigenschaftswertung wie auch im Kostenkapitel. Er bietet einfach das attraktivste Gesamtpaket, ist bei den Käufern überaus beliebt, weshalb er hinter dem VW Golf auf Platz zwei der aktuellen Zulassungsstatistik steht.

VW Tiguan 2.0 TSI 4Motion, Exterieur
Achim Hartmann
Der Tiguan liegt vorn - in der Eigenschaftswertung wie auch im Kostenkapitel.

Seine besondere Balance überrascht dennoch immer wieder: Er ist komfortabel, ohne tumb zu lenken, geräumig und handlich zugleich. Genau so, wie ein kompakter SUV sein soll.

Fazit

1. VW
447 von 1000 Punkte

Die Devise des Tiguan: nur keine Blöße zeigen. Weder bei der Geräumigkeit noch beim Federungskomfort und der Ausstattung. So gewinnt man Vergleichstests.

2. BMW
434 von 1000 Punkte

Auch nach dem Facelift überzieht der X1 bei der Straffheit – sie ist bei SUV unpassend. Mit seinem starken und (halbwegs) sparsamen Antrieb punktet er dagegen.

3. AUDI
419 von 1000 Punkte

Bei Verarbeitung und Federungskomfort überzeugt der Q3, brilliert davon abgesehen aber zu selten. Top ist er bei der Sicherheitsausstattung samt Assistenzsystemen.