Audi S6 4.0 TFSI Quattro im Test
Wenn aus weniger mehr wird

Zum ersten Mal hat ein Audi-Sportmodell weniger PS als der Vorgänger, doch der Audi S6 geht im Test trotzdem wie die Hölle.

Audi S6, Seitenansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

„Immer mehr, immer mehr“ sang Herwig Mitteregger schon in den neunziger Jahren. Die Automobilindustrie hörte aufmerksam zu und packte auf jedes neue Modell fröhlich Leistung drauf. Ein scheinbar endloses Aufschaukel-Spiel mit prächtigem Stammtisch-Aufreger-Potenzial. Jetzt dreht ausgerechnet Audi die Spirale um: Der neue Audi S6 verzichtet im Vergleich zum Vorgänger auf 1,2 Liter Hubraum, zwei Zylinder und – Schock – 15 PS.

Zehnzylindrige, frei saugende Lamborghini-Gewalt muss einem Vierliter-Biturbo-V8 mit 420 PS weichen. Das kostet Emotionen: So schmutzig wie der Alte klingt der neue Audi S6 nicht, und die schnappend-gierige Ansprache ist ebenso passé wie die kultige Maßlosigkeit eines italienischen V10 in einer Mittelklasse-Karosse. Doch dramatisch ist der Verlust nicht, denn nun darf der Audi-Markenclaim „Vorsprung durch Technik“ mal zeigen, was er kann. In jüngster Vergangenheit nicht gerade verschwenderisch eingelöst, soll er das PS-Manko kompensieren – was hervorragend klappt.

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Neuer Audi S6 schneller als stärkerer Vorgänger

Schneller: Die Kraftcharakteristik des V8 ist günstiger. Seine 550 Nm – immerhin zehn mehr als vorher – liegen bei 1.400/min viel früher an und spannen sich bis über 5.000 Touren. Diese Gewalt portioniert nun nicht mehr eine komfortable, aber phlegmatische Wandlerautomatik, sondern ein blitzschnell klammerndes Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe. Zusammen mit der leicht hecklastigen Traktion des permanenten Allradantriebs schießt der Audi S6 in 4,4 Sekunden auf Tempo 100. Damit steht er offensichtlich top im Futter (Werksangabe 4,8 s) und hängt seinen Vorgänger (Messwert 5,5 s) weit ab. Dazu kommt das Brabbeln und gedämpfte Röhren aus vollem Benzinherz. Er schiebt aus allen Touren mit leicht in Flausch gepackter Brutalität und hängt für einen Turbo sehr direkt am Gas.

Sparsamer: Im Teillastbereich legt der V8 des Audi S6 auf vier Zylindern die Einspritzung lahm und schließt die Ventile. Das ergibt eine weite Verbrauchsspreizung (9,6 bis 13,4 L/100 km), kostet aber nur wenig Laufruhe, weil ein Gegenschallsystem über die HiFi-Anlage und ein aktives Motorlager störende Schwingungen unterdrücken.

Lenkung wirkt synthetisch und entkoppelt

Das Fahrverhalten hinterlässt einen zwiespältigeren Eindruck. Der Audi S6 eilt sportlich sehr agil, federt erheblich überzeugender als ein RS4 und bremst fadingfrei, doch seine Lenkung wirkt synthetisch und entkoppelt. Das kostet Präzision, um den breiten, im späten Grenzbereich untersteuernden Wagen zu führen. Daran lässt sich sicher noch feilen, aber die prinzipielle Richtung stimmt: Aus weniger mehr holen.

Vor- und Nachteile
Audi S6
sehr gute Fahrleistungen
exzellentes Durchzugsvermögen
schöner V8-Sound
agiles Handling
recht niedriger Verbrauch bei sehr zurückhaltender Fahrweise
schnell schaltendes Doppelkupplungsgetriebe
guter Federungskomfort
exzellente Qualitätsanmutung
gefühlsarme Lenkung
sehr breite und etwas unübersichtliche Karosserie
hoher Verbrauch bei zügiger Fahrweise
mäßiger Komfort beim Anfahren
Technische Daten
Audi S6 4.0 TFSI Quattro
Grundpreis73.850 €
Außenmaße4931 x 1874 x 1468 mm
Kofferraumvolumen530 bis 995 l
Hubraum / Motor3993 cm³ / 8-Zylinder
Leistung309 kW / 420 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,4 s
Verbrauch9,6 l/100 km
Testverbrauch13,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten