BMW 220i und VW Scirocco 2.0 TSI im Vergleich
Können beide schnell und komfortabel?

Heck- gegen Fronttriebler? So einfach ist es schon lange nicht mehr, die ausgefeilten Fahreigenschaften moderner Sportcoupés verwischen die Unterschiede. Im Test zeigt der überarbeitete VW Scirocco 2.0 TSI, wie gut er gegen den BMW 220i abschneidet.

BMW 220i, VW Scirocco 2.0 TSI, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Bosch-Testgelände Boxberg, Handlingstrecke, wrrummm, der VW Scirocco sticht in die schnelle Links, dritter Gang, alles easy. Nur ein ganz zarter Hauch Untersteuern, das elektronische Sperrdifferenzial XDS filtert Traktionsprobleme und Antriebseinflüsse weg, der VW Scirocco 2.0 TSI folgt brav dem Lenkeinschlag. Nur bei deutlich provoziertem Lastwechsel lenkt das Heck nach, der Kurvenradius wird enger, Vollgas auf der kurzen Geraden, Einlenken in die enge Rechts, zweiter Gang, das macht Spaß.

VW Scirocco kam noch vor Golf

Ähnlich unspektakulär läuft die gleiche Übung ein paar Runden später mit dem BMW 220i ab, er bleibt noch eine Spur gelassener wie der VW Scirocco 2.0 TSI, zeigt keinerlei Lastwechselreaktion, bleibt unerschütterlich neutral und das DSC aufmerksam in Warteposition. Wenn man nicht wüsste, dass eines der Coupés Front-, das andere Hinterradantrieb hat, man käme durch den Fahreindruck nicht unbedingt darauf. Zumal dann, wenn Sportcoupés wie hier mit vergleichsweise milder Motorisierung antreten.

Das alles war vor genau 40 Jahren, als der erste VW Scirocco 2.0 TSI, noch vor dem Organspender Golf, auf den Markt kam, sehr anders. Der stärkste verfügbare Motor hatte 85 PS, das komplette Auto wog gerade mal 800 kg, war nur gut 3,8 Meter lang, und sein Vorgänger hieß Karmann Ghia Typ 14. Ein Konkurrenzmodell von BMW gab es nicht, erst ein Jahr später kam der erste 3er, war jedoch als 316 mit 90-PS-Vierzylinder und Stufenheck eine Klasse höher eingepreist als der kompakte Schrägheck-Scirocco.

Unterschiede sind kaum zu erkennen

Warum wir Ihnen das jetzt hier erzählen? Weil man damals in VW Scirocco 2.0 TSI und 3er bereits beim Ausparken die Unterschiede erfahren hätte. Heute geht das kaum ohne Blick in die technischen Daten. Wenn Sie jetzt noch ein paar Meter mehr mit den Oldtimern von 1975 führen, merkten Sie ebenfalls, lieber Leser, dass damals wirklich nicht alles besser war.

Die Vergasermotoren hängen eher zäh am Gas, puffen ungereinigte Abgase heraus, und die passive Sicherheit befindet sich nach modernen Maßstäben etwa auf dem Niveau von Seifenkisten. Und wenn Sie jetzt noch glauben, dass früher womöglich vieles nicht so gut, dafür aber billiger war: Inflations-und kaufkraftbereinigt würde heute ein 70-PS-VW Scirocco 2.0 TSI oder ein 90-PS-BMW 316 so um die 25.000 Euro kosten.

VW Scirocco ist preiswerter

Für den Preis gibt es heute ebenfalls bereits den billigsten VW Scirocco 2.0 TSI, den TSI mit 125 PS. Ab 26.225 Euro steht die Version mit 180 PS in der Preisliste, für 1.900 Euro mehr ist die sogar mit Sechsgang-DSG erhältlich. Heute wie damals ist es etwas kostspieliger, wenn es ein Sportcoupé aus München sein soll: Der 220i ist ab 29.950 Euro erhältlich; wenn er wie hier mit dem Sport-Line-Paket antritt, ist er mindestens 1.900 Euro teurer. Dieses enthält im Übrigen neben den 17-Zoll-Leichtmetallrädern und den Sportsitzen wenig Habhaftes, es sei denn, Sie stehen auf Außenspiegelkappen in Wagenfarbe, Sport-Schriftzüge, schwarz glänzende Nierenstäbe oder schwarz verchromte Endrohre.

Die Sportsitze hat der VW Scirocco 2.0 TSI serienmäßig an Bord, er ist ohnehin so gut ausgestattet, dass außer Xenon-Scheinwerfern, der Fahrwerksregelung DCC, der bereits erwähnten elektronischen Sperre XDS sowie dem großen Navi nichts wirklich Wichtiges fehlt. Vielleicht bis auf den Parkpiloten, der wegen des schlecht einsehbaren Hecks eigentlich unverzichtbar ist. Den gibt es für 755 Euro sogar inklusive des sehr gut funktionierenden Parklenkassistenten. Genau 1.000 Euro kostet das entsprechende System bei BMW (Parkassistent inklusive Park Distance Control vorn und hinten). Doch es ist eher verzichtbar, weil der 220i trotz seines stummeligen Stufenhecks übersichtlicher ist und die deutlich größeren Fensterflächen aufweist.

Bleibt also unterm Strich festzuhalten, dass der VW Scirocco 2.0 TSI ausstattungsbereinigt rund 3.000 Euro günstiger ist als der BMW. Das ist zwar eine Menge Geld, doch womöglich für Sportcoupé-Freunde, die rund 30.000 Euro für solch ein Auto aufwenden, nicht das kaufentscheidende Kriterium.

VW Scirocco hat den besseren Antrieb

Da spielt ein attraktiver Antrieb vielleicht die wichtigere Rolle. So gesehen war es eventuell keine so weise Entscheidung, beim VW Scirocco 2.0 TSI ausschließlich auf Vierzylinder-Triebwerke zu setzen. Beim BMW 2er ist immer noch der 235i mit Reihensechser und 326 PS bestellbar. Der Zweiliter-TSI-Motor des VW ist beileibe kein schlechter, doch eine potente Sechszylinder-Topversion wäre schön. Was immerhin theoretisch denkbar ist, da der Scirocco nicht auf der MQB-Plattform, sondern der Golf-VI-Basis aufbaut.

Der Zweiliter-TSI passt dennoch besser zum Zeitgeist, erweist sich zudem als ausgesprochen angenehmer und druckvoller Antrieb. Beim Spurt auf 100 km/h ist er dem 220i 0,8 Sekunden zuvor, zieht auch beim Zwischenspurt am BMW vorbei. Das macht zwar am Stammtisch mehr Eindruck als auf der Straße, doch auch subjektiv hängt der VW ein wenig feinnerviger am Gas. Dass der VW-Scirocco-2.0-TSI-Motor dazu noch kultivierter läuft, vervollständigt den Eindruck einer rundum gelungenen Antriebsquelle. Das alles kann der BMW-Turbo kaum schlechter, es fiele zudem gar nicht auf, wenn man nicht direkt aus dem um Nuancen besseren VW umstiege.

Ähnlich gering sind die Unterschiede von VW Scirocco 2.0 TSI und BMW 2er beim Verbrauch, im wahren Autoalltag liegen sie eher im Gasfuß des jeweiligen Piloten als in den technischen Anlagen der Autos. Wer gern sparsam unterwegs ist, kommt mit jeweils rund sieben Litern Superbenzin über die Runden, ohne dabei sehr langsam zu sein.

Der BMW 220i ist harmonischer

Ähnlich dicht beieinander bleiben die beiden Sportcoupés auf dem Handlingkurs in Boxberg. Wenn wir jetzt eine Zeitnahme im Auto hätten, stellten wir vermutlich fest, dass der VW Scirocco 2.0 TSI jeweils ein paar Sekundenbruchteile schneller durch die Lichtschranke rauscht. Er fühlt sich nicht fixer an, ist jedoch auch bei Slalom und doppeltem Spurwechsel jeweils ein paar km/h schneller, fordert andererseits wegen seiner weniger mitteilsamen Lenkung und der ausgeprägteren Lastwechselreaktionen mehr fahrerischen Einsatz als der leichtfüßige BMW.

So gewinnt der VW Scirocco 2.0 TSI diesen Vergleich also vor dem 220i. Auch weil er das schnellere, dynamischere Auto ist, das allerdings im Innenraum weniger Platz bietet. Der BMW ist komfortabler als der VW, ist das insgesamt samtigere, kultiviertere Auto, in dem man sich auch als feinsinniger Fahrer jenseits der 40 gut aufgehoben fühlt. Im Scirocco fühlt der sich jedoch zehn Jahre jünger, alt genug für den BMW wird man schließlich ganz von selbst.

Fazit

1. VW Scirocco 2.0 TSI
402 von 1000 Punkte

Der modellgepflegte VW Scirocco 2.0 TSI ist schneller, dynamischer und billiger als sein Konkurrent von BMW. Zudem hat er die besseren Bremsen, ist somit also ein verdienter Erster.

2. BMW 220i
393 von 1000 Punkte

Der 220i ist etwas langsamer, aber gleich sparsam wie der VW Scirocco. Er hat das feinere Fahrwerk, bietet mehr Platz und die besseren Sitze. Zum Sieg reicht das nicht.

Technische Daten
VW Scirocco 2.0 TSI BMW 220i Coupé Sport Line
Grundpreis27.425 €31.850 €
Außenmaße4256 x 1810 x 1406 mm4432 x 1774 x 1418 mm
Kofferraumvolumen312 bis 1006 l390 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder1997 cm³ / 4-Zylinder
Leistung132 kW / 180 PS bei 4200 U/min135 kW / 184 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit227 km/h235 km/h
0-100 km/h6,9 s7,7 s
Verbrauch6,1 l/100 km6,3 l/100 km
Testverbrauch8,3 l/100 km8,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten