Bei Mercedes ist es die E-Klasse, bei VW der Golf und bei BMW eben der 3er – die Baureihe, die wie keine andere für den Kern der Marke steht. Und die seit über 40 Jahren als Sportlimousine schlechthin in ihrem Segment entscheidend das dynamische Image der Marke prägt.
Allerdings waren sie bei BMW der Meinung, dass die dynamischen Attribute zuletzt etwas in den Hintergrund gerückt sind. Mit der neuen Generation soll das wieder anders werden, obwohl die äußeren Abmessungen erst einmal eine andere Sprache sprechen. Der 3er ist wieder größer geworden, die Länge wächst von 4,63 auf 4,71 Meter. Davon profitieren vor allem die Mitfahrer im Fond, zwei große Passagiere fühlen sich hier nicht eingeengt. Nur die Füße haben unter den im Testwagen elektrisch verstellbaren Vordersitzen (1.200 Euro) wenig Spielraum, was auch den Ausstieg beeinträchtigt.
Konfrontation mit der Informationsflut
Wer hinter dem Fahrer Platz nimmt, spürt zudem das unglücklich angebrachte Gurtschloss für den mittleren Sitzplatz in seinem verlängerten Rücken. Dafür ist die Lehne nun serienmäßig im Verhältnis 40:20:40 flach umlegbar und erhöht so die Nutzbarkeit des 480 Liter großen Kofferraums, die Entriegelung erfolgt vom Gepäckraum aus.
Doch die besten Plätze im 3er sind nach wie vor vorn, vor allem der hinter dem Lenkrad. Der Fahrer fühlt sich auf den Sportsitzen perfekt ins Auto integriert, die Bedienung kommt einem vertraut vor, und obwohl es viel zu bedienen gibt, macht es einem der 3er dank der Wahl zwischen iDrive-Controller, Touchscreen und Sprachbedienung recht einfach, sich ohne allzu große Ablenkung zurechtzufinden.
Informations-Junkies schätzen die Fülle, die sich über das volldigitale Cockpit abrufen lässt. Schade nur, dass BMW hierbei auf die Wahlmöglichkeit verzichtet, auch analoge Rundinstrumente darzustellen. Auf jeden Fall empfehlenswert: das 980 Euro teure Head-up- Display mit deutlich vergrößerter Projektionsfläche. Es beschränkt sich auf alle fürs Fahren relevanten Informationen.
Kultivierter Dieselschub, feine Automatik
Genau, das Fahren. Es war bislang immer noch der wichtigste Grund, sich für einen 3er zu entscheiden. Damit auch keine Zweifel an der Ausrichtung der neuen Generation aufkommen, schickt BMW den 320d als M Sport samt Sportbremse und adaptivem M-Fahrwerk zum Test. Der Zweiliter-Diesel unterscheidet sich in seinen Eckdaten – 190 PS und 400 Nm ab 1.750/min – nicht vom Vorgänger, doch die nun zweistufige Aufladung aus kleinem Hochdrucklader und großem Niederdrucklader mit verstellbarer Schaufelgeometrie macht sich positiv in der Leistungsentfaltung bemerkbar.
Und im Laufgeräusch, denn der Fahrer muss schon bewusst hohe Drehzahlen wählen, um den Selbstzünder als solchen wahrzunehmen. Überlässt er die Gangwechsel der lohnenswerten Achtstufenautomatik, die nahezu immer und unauffällig die passende Übersetzung einlegt, bekommt er von der Arbeitsweise des Vierzylinders kaum etwas mit – außer sahnigen Schub aus dem Drehzahlkeller und hohe Effizenz. Auch bei zügig absolvierten Etappen verbrennt der nach Euro 6d-Temp schadstoffarme Diesel kaum mehr als sechs Liter pro 100 km. Selbst eine fünf vor dem Komma ist problemlos möglich.
Kurven bevorzugt, aber bitte glatt gebügelt
Ist der 320d also ideal für die Langstrecke? Kommt drauf an. Der Serientank fasst nur 40 Liter, ein Behälter mit 59 Litern samt 8,5 Liter größerem AdBlue-Tank kostet 170 Euro extra. Sparen kann man sich hingegen die Adaptivdämpfer. Comfort-Modus? Ist vorhanden, erfüllt aber die Erwartungen an seinen Namen nicht, denn die Insassen bleiben nie im Unklaren darüber, wie viele Querfugen und Kanaldeckel die Asphaltdecke gerade säumen. Nur die gröbsten Stöße werden weggefiltert.
Was der 320d in dieser Konfiguration an Federungskomfort vermissen lässt, versucht er mit einer großen Dosis Fahrfreude wettzumachen. Und das gelingt ihm: Er wartet nur auf kurvige Landstraßen, um dort die Befehle der feinfühligen Lenkung ebenso direkt wie präzise umzusetzen. Macht es genau so, wie es der Fahrer will, umrundet Biegungen auch bei flottem Tempo nahezu neutral mit geringer Seitenneigung. Und er bremst ausgezeichnet, steht aus 100 km/h nach 33,5 Metern.
Ein Fahrerauto, fahren lassen geht aber auch
Ein prima Auto also zum Selberfahren. Trotzdem liefert BMW ihn auch mit einer Reihe neuer und verbesserter Assistenzsysteme, die den Fahrer beim Fahren unterstützen, ohne ihn zu sehr zu bevormunden. Beispielsweise beim Rückwartsfahren: Die letzten gefahrenen 50 Meter lenkt er exakt alleine zurück.
Doch die vielen zur Wahl stehenden Optionen treiben den Basispreis des 320d (40.450 Euro) kräftig nach oben. Er ist damit zwar nicht teurer als der Vorgänger, doch die hinzugewonnene Dynamik hat auch ihren Preis.
Fazit
Der neue BMW 320d ist wieder ein typischer 3er, mit Fortschritten in nahezu allen Belangen. Beim Thema Sportlichkeit hat es BMW aber zulasten des Alltagskomforts übertrieben.
BMW 320d M Sport | |
Grundpreis | 48.700 € |
Außenmaße | 4709 x 1827 x 1435 mm |
Kofferraumvolumen | 480 l |
Hubraum / Motor | 1995 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 140 kW / 190 PS bei 4000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 240 km/h |
0-100 km/h | 7,2 s |
Verbrauch | 4,2 l/100 km |
Testverbrauch | 6,5 l/100 km |