BMW 330d und VW Passat 2.0 TDI im Vergleichstest
Schlägt der Passat den 3er auf der Rennstrecke?

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Agile Mittelklasse-Limousinen mit kräftigem Dieselmotor und Allradantrieb – eine Domäne der selbst ernannten Premium-Hersteller, darunter auch BMW, klar. Doch jetzt will der neue VW Passat 2.0 TDI 4Motion dem BMW 330d xDrive ans Leder. Ob er den Münchner schlagen kann, finden wir im Vergleichstest heraus.

BMW 330d xDrive, VW Passat 2.0 TDI 4Motion, Heckansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Auf einen VW Passat trifft sicher alles Mögliche zu, aber ein Exot zu sein? Eigentlich nicht. Obwohl – durch die sport auto-Brille betrachtet fuhren in den letzten 20 Jahren häufiger Sportwagen-Granaten von Koenigssegg, Gumpert oder gar TVR durchs Blatt als das Wolfsburger Mittelklasse-Modell. Weshalb also gerade jetzt ein Vergleichstest, gegen den vermeintlichen Dynamik-König des Segments, den BMW 3er, noch dazu?

VW Passat mit direkter Lenkung und guter Sitzposition

Na, immerhin geht die neueste Generation des VW Passat mit einem hochaufgeladenen Zweiliter-Biturbo-Diesel an den Start, 240 PS stark, die völlig neue Fahrzeugarchitektur verspricht obendrein ein agiles Handling – warum also nicht? Und kaum haben es sich die Pylonen so richtig auf dem Asphalt gemütlich gemacht, gibt's schon die erste Kopfnuss für den BMW 330d xDrive: Im 18-Meter-Slalom wedelt der VW Passat 2.0 TDI 4Motion eine Spur flinker, überraschend befreit, so überhaupt nicht mittelklassig.

Wie kommt's? Vor allem durch die Lenkung. Bereits auf der Fahrt zur Teststrecke fällt die elektromechanische Konstruktion durch direktes, natürlich nicht hibbeliges Ansprechen, vorbildliche Rückmeldung und angenehme Haltekräfte auf. Und ganz nebenbei: Die Sitzposition im VW Passat passt auch. Klar, das Thema Lenkung beherrscht der mit adaptivem M-Fahrwerk ausgestattete BMW 330d xDrive ebenso gut, doch er lässt mehr Unruhe zu, lockert das Heck eine Spur zu stark, fordert mehr Konzentration, um eine wirklich saubere Linie zu finden – und scheitert letztlich, kommt 1,2 km/h langsamer durch den Slalom als der VW Passat 2.0 TDI 4Motion.

Wie der BMW 330d xDrive schickt auch der Passat sein maximales Drehmoment von 500 Newtonmetern sicherheitshalber an alle vier Räder, eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung nach dem Prinzip Haldex der fünften Generation optimiert den Kraftfluss. Moment mal: 240 PS? 500 Nm? Aus nur zwei Litern Hubraum? Ja, denn je ein Hoch- und Niedrigdrucklader plustern den Vierzylinder mit bis zu 2,8 bar auf, zudem schraubten die Ingenieure den Einsspritzdruck auf 2.500 bar hoch.

BMW 330d lässt VW Passat beim Sprint stehen

Zum Vergleich: Das Dreiliter-Aggregat kommt mit einem Lader aus und bekommt den Kraftstoff mit 1.800 bar serviert. Dass beim TDI rohe Gewalt im Spiel ist, verheimlicht er nicht, denn trotz zweier Ausgleichswellen verirren sich Vibrationen bis ins Lenkrad.

Und die Akustik im Vergleichstest? Durch die sicherlich sehr üppige Dämmung bricht sich das eher landwirtschaftlich orientierte, sehr kernige Laufgeräusch Bahn, raubt dem Motor seine subjektive Souveränität. Objektiv sieht es nicht viel besser aus, da der zwar kompaktere, aber gerade mal acht Kilogramm leichtere BMW 330d xDrive (und mit über 1,7 Tonnen auch ein ziemlicher Moppel) den VW Passat 2.0 TDI 4Motion ziemlich unangestrengt in Grund und Boden beschleunigt.

Beim Spurt bis 100 km/h knöpft der BMW 330d xDrive ihm eine, bis 200 km/h gar über sieben Sekunden ab. Ja, so eine Extraportion Hubraum schadet eben doch nicht, bringt zudem noch etwas mehr Leistung (258 PS) und Kraft (560 Nm). Bereits vom ersten Gasstoß an gibt der Reihensechszylinder den Chef im Ring, stapft im Vergleichstest entschlossen los, grantelt dabei stammtischig, arbeitet allerdings weniger kultiviert, als es die technischen Voraussetzungen erwarten lassen.

VW Passat mit wohldosierter Regelelektronik

Die Achtstufenautomatik spielt wieder einmal den guten Kumpel, serviert jede Übersetzung schnell und punktgenau, reagiert zudem fix auf manuelle Schaltbefehle an den ergonomisch optimal platzierten Lenkradpaddeln. Das VW-Doppelkupplungsgetriebe hetzt ebenfalls zielstrebig durch die sieben Gänge, ärgert den Passat-Fahrer jedoch zuweilen mit ausgeprägtem Ruckeln beim Anfahren.

Also lieber in Schwung bleiben, warum nicht auf einen kleinen Abstecher nach Hockenheim? Zugegeben, als Spielzeug für Trackdays kommt wohl keiner der beiden je infrage. Daher hält sich die Trauer in Grenzen, dass Streckenverfügbarkeit und Wetter sich einfach nicht zu einer im Trockenen gefahrenen Rundenzeit kombinieren ließen. Also eine kleine Regenschlacht, auch nicht schlecht, sagt sie doch etwas über die Funktionsweise der Allradsysteme aus.

Im Fall des VW Passat 2.0 TDI 4Motion sagt das Fahrverhalten bei Nässe eher etwas über die Gleichgültigkeit der Technik gegenüber der Natur aus: Ungerührt folgt der VW konstant untersteuernd der vorgegebenen Linie, kann früh mit Gas aus den Kehren herausbeschleunigt werden, lässt sich so leicht beherrschen wie ein Kinderkarussell. Die nicht vollständig deaktivierbare Regelelektronik arbeitet im Test wohldosiert, gibt gelegentlich kleine Bremsimpulse, wenn der Fahrer die Linie kennt.

Kein Stoff für Heldengeschichten

Natürlich reicht das nicht als Stoff für flammend erzählte Geschichten am Stammtisch, verdeutlicht mit den obligatorischen Gegenlenk-Gesten, doch es macht den vermeintlichen Biedermann schnell. So schnell, dass sich der BMW 330d xDrive ziemlich strecken muss, um dranzubleiben – oder besser gesagt: dessen Pilot.

ESP aus und los. Ein Stellmotor an der Lamellenkupplung des xDrive-Systems variiert die Momentenverteilung, allerdings mit Schwerpunkt auf den Hinterrädern. Klingt nach Spaß? Durchaus! Beherzt übersteuernd biegt der BMW 330d xDrive in die Nordkurve, die Ameisenkehre wiederum hat Grip. Beim Einbiegen ins Motodrom wird's knifflig, dem Heckschwenk folgt ein giftiger Konter, es bleibt unklar, wie genau die Kräfte fließen.

Im Sport-Modus des ESP fährt der BMW 3er zwar ruhiger, muss sich jedoch immer mal wieder hart von der Elektronik einbremsen lassen. Schneller als 1.29,1 Minuten kämpft sich der 330d jedenfalls nicht um den Kleinen Kurs, muss den Passat knapp ziehen lassen. Da der VW allerdings nicht gar so vehement verzögert wie der 330d, reicht es nicht zum Sieg des Passat – er bleibt also ein Exot. Das hört er sicher auch nicht so oft, der Passat.

Technische Daten
VW Passat 2.0 TDI SCR 4Motion HighlineBMW 330d xDrive
Grundpreis47.250 €48.050 €
Außenmaße4767 x 1832 x 1476 mm4624 x 1811 x 1446 mm
Kofferraumvolumen586 bis 1152 l480 l
Hubraum / Motor1968 cm³ / 4-Zylinder2993 cm³ / 6-Zylinder
Leistung176 kW / 240 PS bei 4000 U/min190 kW / 258 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit240 km/h250 km/h
0-100 km/h6,3 s5,3 s
Verbrauch5,7 l/100 km5,2 l/100 km