BMW 520d und Mercedes E 220 d im Härtetest
Die saubersten und besten Diesel der Welt

Wir starten auf eine 2.500 km-Tour mit 520d und E 220 d, den Dieseln mit den niedrigsten NOX-Ausstößen im echten Fahrbetrieb. Es geht um Diesel- und AdBlue-Verbräuche sowie darum, ob die saubersten auch die besten Diesel-Limousinen der Welt sind.

BMW 520d, Mercedes E 220 d, Exterieur Front
Foto: Achim Hartmann

Das Dreieck Drammetal ist ja immer da, wenn du es brauchst. Wäre doch eine Idee, nachzuschauen, was da so los ist heute Nachmittag. Oder hat nicht einer etwas im Urlaub in Südfrankreich vergessen, was wir abholen könnten? Oder wollen wir nicht ein paar Packs von diesen leckeren Haferkeksen aus Dänemark kaufen fahren? Ja, BMW 520d und Mercedes E 220d werfen Fragen auf, wenn man mit ihnen fährt. Fragen, die alle davon handeln, wofür man die enorme Langstreckenkompetenz der beiden diesel- und perfektionsgetriebenen Limousinen nutzen könnte. Aber nicht davon, ob der Diesel eine Zukunft hat. Denn das hier sind die saubersten und zukunftssichersten Selbstzünder überhaupt.

BMW 520d, Mercedes E 220 d, Exterieur Heck
Achim Hartmann
Seit zwei Jahren misst Auto Motor und Sport den NOx-Ausstoß von Dieseln im Realverkehr. Neben vielen schwarzen Schafen fallen inzwischen auch saubere Modelle auf, wie beispielsweise der 520d und E 220 d.

Warum wir da so sicher sind? Wir haben ihre Abgasreinheit gemessen – als Erste, und nicht auf dem Prüfstand, sondern auf der Straße. Dabei unterbot der E 220 d die Grenzwerte für die ab 2019 gültige Euro-6d-Norm von 168 Milligramm Stickoxid pro Kilometer um 75 Prozent. Der 520d stellte mit 28 mg NOX/km eine neue Bestmarke auf: 83 Prozent unter dem zukünftigen Limit. Während der 220 d das mit einem SCR-System erzielt, kombiniert der 520d Harnstoffeinspritzung mit einem NOX-Speicherkat. Beide beweisen, wie sauber Diesel sein können, wenn sich Hersteller nicht lasche Norm-, sondern echte Bestwerte als Ziel setzen.

Wir kennen uns doch

Bevor es losgeht, und vor allem bevor Sie jetzt in Ihr Archiv steigen, weil Sie denken, der Vergleichstest 520d und 220 d kommt ihnen so bekannt vor: Stimmt, die beiden waren schon Anfang März hier. Doch das war vor unseren Abgastests. Also treffen beide noch mal aufeinander, in diesem besonderen Vergleichstest, in dem wir noch mehr mit den beiden Testwagen fahren als sonst üblich. Allein rund 2.500 km kommen dabei zusammen, um den Kraftstoff- und den AdBlue-Verbrauch zu messen. So können wir einen Weitstreckenverbrauch erheben und noch spezifischer auf die Stärken und Schwächen auf Langstrecken eingehen. Denn darum geht es ja bei diesen Limousinen: die große, weite Reise, an jedem Tag, auf jeder Straße.

Also einsteigen, die Sitze in die optimale Position surren lassen, das Telefon mit dem Infotainment verkuppeln. Das klappt, wie die ganze Bedienung, im BMW etwas einfacher. Wegen der enormen Funktionsfülle kommt das iDrive-System trotz Touchscreen sowie zusätzlicher Sprach- und Gestenbedienung an die Grenzen der Übersichtlichkeit. Doch noch klappt es mit der Bedienung intuitiver und schneller als beim Mercedes. In der E-Klasse irritiert die Redundanz der Eingabemöglichkeiten. Was denn jetzt? Drehdrücker, Touchpad oder die kleinen, berührsensiblen Tastflächen auf den Lenkradspeichen? Es dauert länger, bis man sich in den tiefen und nicht ganz so übersichtlich sortierten Menüs zurechtfindet. Für wichtige Assistenzsysteme dagegen hat der Mercedes eine eigene Tastenleiste. Im BMW stöbert man lange im Infotainment herum (etwa für die Einstellung des Head-up-Displays) oder muss sich auf die kleinen Tasten am Lenkrad konzentrieren. Womit wir bereits schön weit oben angekommen wären, was das Niveau des Jammerns angeht, aber noch keinen Meter gefahren sind.

BMW 520d, Exterieur Seite
Achim Hartmann
Die Proportionen hätten sich beim 5er verschoben? Äußerlich kaum erkennbar, und dass er mehr Platz hat, stört das Handling nicht.

Fahr schon mal den Wagen vor

Wobei: Die ersten Meter rollt der BMW alleine, nämlich aus der Parklücke. Das lässt sich per Schlüssel fernsteuern, einmal bewundern und danach gut ignorieren. Denn der Parking Assist Plus markiert wohl eher die Grenze der Sinnhaftigkeit als die Spitze aller Assistenzsysteme.

Dabei fahren E-Klasse und 5er optional so ziemlich alles auf, was es derzeit an sinnvoller Fahrerunterstützung gibt – und haben es dabei zu bemerkenswerter Güte gebracht. So bringen uns die beiden abstandsregelnd, tempolimitbeachtend und spurhaltend fast autonom durch den Innenstadtstau zur Autobahn. Der 5er benötigt dabei mehr Aufsicht durch den Fahrer, lässt sich in Baustellen von den gelben Markierungslinien verwirren und bekommt daher einen Abzug bei der Qualität seiner Assistenzsysteme. Bei der E-Klasse irritiert der Spurhalter mit dem einseitigen Bremsruck, mit dem er den E in die Mitte der Spur zurückbremst.

Die Spur allein wechseln kann der Mercedes auch: im Drive-Pilot-Modus genügt es auf doppelspurigen Straßen, den Blinker zu setzen, darauf checkt der Radar, ob die Nebenspur frei ist, und lenkt mit Kamerahilfe selbstständig rüber. Das klappt zwischen 80 und 180 km/h. Bei aktiviertem Abstandstempomaten, der auch Tempolimits einhält, Spurhalter und -wechsler hat so eine Autobahnfahrt gar nicht mehr so viel mit Fahren zu tun, eher mit Überwachen.

Ist aber ziemlich entspannt, gerade jetzt, da sich der Verkehr zäh durch die 120er-Zone schiebt. Doch als am Kreuz Weinsberg die Mehrheit der Autofahrer entscheidet, sich weiter Richtung Mannheim zu stauen, bleiben wir auf der A 81. Mit rund 35.000 Autos pro Tag ist der Abschnitt zwischen Weinsberg und Würzburg einer der am wenigsten befahrenen, was nicht schadet, wenn man Strecke machen will. Im Drehzahlmesser des BMW blendet sich ein Navigationshinweis ein – etwas früh, denkst du dir zuerst, nächste Aktion in 82 km.

Aber dann legen die Turbodiesel los, beide mit 400 Nm, einer Entschlossenheit und dabei Manieren, für die es früher 50 Prozent mehr Zylinder und Hubraum gebraucht hätte als bei den Zweiliter-Vierzylindern. Dem kleinen Leistungsvorteil der E-Klasse steht sein größerer Gewichtsnachteil von 106 Kilo gegenüber. Doch weil seine weiche, treffsichere Automatik mit neun Stufen eine Übersetzung mehr hat als das nicht minder hervorragende Getriebe des BMW, gleicht sich das alles aus.

Nach Baustellen-Tempolimits beschleunigen beide Wagen wieder drangvoll auf das Reisetempo. Etwas lauter ist es dann im BMW, der Fahrtwind verheddert sich an der A-Säule. Den Mercedes überströmt er leiser. Dafür hat der 5er bequemere Sitze, bei seinen optionalen Komfortsesseln (2.290 Euro) lässt sich der obere Teil der Lehne separat neigungsverstellen. Auch die Sitze im Mercedes bleiben über Stunden bequem, bieten dabei nur nicht ganz so viel Halt.

Wir werden noch viele Stunden unterwegs sein, biegen bei Würzburg mal ab. Schon auf der Autobahn liegen beide Autos beim Federungskomfort auf gleich hohem Niveau. Auch auf verrunzelten Landstraßen überflauschen der adaptivgedämpfte (1.190 Euro) und stahlgefederte 5er wie der luftgefederte Mercedes (Zweikammerfedern vorn, Dreikammerfedern hinten, 2.261 Euro) selbst herbe Unebenheiten. Nur bei Querfugen verhaspeln sich beide. Bei Zuladung jedoch gehen dem BMW die Reserven aus, dem Mercedes nicht.

Links vom Main schlängelt sich ein Sträßchen den Berg empor, was vielleicht eine Möglichkeit ist, dem Navi des BMW einen Schleichweg zu zeigen, den es nicht kennt, sich aber für das nächste Mal merkt. Würde sich lohnen, so beherzt, wie der BMW nun bergan schiebt. Mit der Allradlenkung (1.250 Euro) sichert er sich hohe Fahrstabilität, steigert gleichzeitig Handling und Wendigkeit. Im Sport-Modus spitzt die Lenkung Präzision und Rückmeldung. Damit fährt der 5er noch agiler, neutraler und dynamischer durch Kurven, als es all seine Vorgänger selbst den Legenden nach konnten. Und Tante E? Bleibt dran.

Wer verbraucht mehr AdBlue?

In ihrer zehnten Generation hat Mercedes’ Mittelklasse eine Kurvenbegeisterung entwickelt, die man bei all dem Komfort kaum erwartet. Ja, der E untersteuert früher, das ESP lässt ein größeres Polster zwischen Eingriff und Grenzbereich. Doch wie er den Berg emporkurvt, mit der geschmeidigen, präzisen, rückmeldungssensiblen, aber gelassenen Lenkung – das ist so richtig nah dran am 5er, ohne dass sich das Handling je in den Vordergrund drängte.

Es ist die Erkenntnis, die sich mit jedem weiteren Kilometer verfestigt: Der 5er ist ein 5er, und die E-Klasse ist eine E-Klasse. Beide Modelle bewahren ihren Charakter und ihre Unverwechselbarkeit. Doch haben beide ihre Fähigkeiten erweitert, der BMW beim Komfort und der Mercedes beim Handling. Doch in beiden Fällen überdecken die neuen Talente nicht die alten Stärken – der Mercedes sichert hervorragenden Komfort trotz agilem Handling. Und der BMW gibt nichts von seiner mitreißenden Dynamik auf für den feinen Komfort.

So eng sie auch im Platzangebot und Kofferraumvolumen, in Sicherheitsausstattung und optionaler Lichtausrüstung (beim Mercedes sind tatsächlich nur Halogenscheinwerfer Serie), Bremswegen und Beschleunigungen beieinanderliegen: Beide sind praktisch gleichermaßen gut, aber auf unterschiedliche Art.

Mercedes E 220 d, Exterieur Tank
Achim Hartmann
6,7 l/100 km verbrauchte der E 220 d, 6,8 l/100 km sein Kontrahent aus München, auf der Langstrecken-Verbrauchsfahrt. Auf dieser fahren die beiden 75 Prozent auf der Autobahn.

Und: Angesichts ihrer Fähigkeiten und ihrer Preise sind 520d und E 220 d die besten Limousinen der Welt. Man muss schon einen sehr ausgeprägten Geschwindigkeits-, Raum- oder Statusbedarf haben, um sich für stärkere Motoren oder gar 7er oder S-Klasse zu entscheiden.

Die Tour führt uns weiter, erst weit nach Norden, dann nach Osten, endlich wieder tief in den Süden, über weite Autobahnen und einsame Landstraßen, durch kleine Orte und große Städte. Nach 2.500 km sind wir zurück, rechnen alles aus: Beim Verbrauch auf der Langstrecke liegen beide fast gleichauf, 6,7 l/100 km beim Mercedes, 6,8 l beim BMW. Und beim AdBlue? Der BMW kommt mit der Kombination aus SCR-System und Speicherkat mit 1,3 Litern pro 1.000 km aus. Weil er nur ein SCR-System hat, muss der E 220 d mehr Harnstoff zur Reinigung einspritzen – 1,7 l/ 1.000 km. Die Kosten für AdBlue, das der 520d für 16.530 km und der E 220 d für 14.700 km bunkern kann, betragen auf 100.000 km 260 Euro (BMW) und 340 Euro (Mercedes) – eher nicht so relevant in dieser Preisklasse.

Ach, einen Sieger haben wir auch noch, den besser ausgestatteten 520d. Und jetzt? Doch noch nach Drammetal? Na, mit den saubersten Dieseln der Welt kann das ja weiter werden.

Fazit

1. BMW 520d Luxury Line
480 von 1000 Punkte

Die beste E-Klasse, die BMW je baute? Nein, ein echter 5er mit grandiosem Handling, famosem, effizientem, reinem Antrieb und luxuriösem Komfort bei bessere Ausstattung

2. Mercedes E 220 d Exclusive
469 von 1000 Punkte

Der beste 5er den Mercedes je baute? Nein, eine echte E-Klasse mit erhabenem Komfort, geschmeidigem Handling, höchster Sicherheit und druckvoll-sauberem Antrieb.

Technische Daten
BMW 520d Luxury LineMercedes E 220 d Exclusive
Grundpreis52.650 €51.563 €
Außenmaße4936 x 1868 x 1479 mm4923 x 1852 x 1468 mm
Kofferraumvolumen530 l540 l
Hubraum / Motor1995 cm³ / 4-Zylinder1950 cm³ / 4-Zylinder
Leistung140 kW / 190 PS bei 4000 U/min143 kW / 194 PS bei 3800 U/min
Höchstgeschwindigkeit235 km/h240 km/h
0-100 km/h7,7 s7,6 s
Verbrauch4,1 l/100 km3,9 l/100 km
Testverbrauch7,3 l/100 km6,9 l/100 km