BMW X5 M50i und Range Rover Velar P550 im Test
Zweikampf der SUV-Kraftprotze

Manchmal darf es gern etwas mehr sein. So wie heute: zwei sportliche SUV mit aufgeladenen Achtzylindermotoren und jeweils über 500 PS Leistung. Die Fahrt mit den V8-Burgen scheint wie eine Zeitreise – wer mag da an Messwerte und Punktetabelle denken? Nun, wir. Ein bisschen zumindest.

BMW X5 M50i, Range Rover Velar P550, ams 0321 Vergleichstest
Foto: Hans-Dieter Seufert

Achtung, Spoiler-Alarm: Der BMW X5 M50i gewinnt diesen Vergleichstest gegen den Range Rover Velar P550 SV Autobiography. Und zwar sehr souverän mit deutlichem Punktevorsprung. Nicht nur, weil der X5 geräumiger, agiler und preiswerter ist als der teure Velar, er wirkt zudem harmonischer und reifer als der Range Rover.

Nachdem das nun geklärt wäre, können wir uns anderen Aspekten unseres Vergleichs widmen. Denn Automobile dieser Preis- und Leistungsklasse werden nicht zuletzt über Emotionen gekauft. Daten und Messwerte müssen da nicht die Hauptrollen geben.

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Auftritt Range Rover Velar, den wir wegen seines adelig-langen Namens lieber abgekürzt SVA nennen. Und der im Übrigen zum Modelljahr 2021 aus der umfangreichen Velar-Motorenpalette gestrichen wird – wohl im Zuge der weitgehenden Umstellung auf Plug-in- und Mildhybride.

Das darf man angesichts der Qualitäten dieses Antriebs bedauern. Der Fünfliter-V8 im Velar kommt aus dem Erbteil der Konzernschwester Jaguar. Er gehört zur AJ-Motorenfamilie, die unter Jaguar-Regie in einem ehemaligen Ford-Motorenwerk in Wales gebaut wird. AJ-Motoren gibt es in diversen Land-Rover- und Jaguar-Modellen, früher sogar in einigen Aston-Martin-, US-Ford- und Lincoln-Modellen.

Die jüngste Version des Motors im Velar heißt AJ133, wobei sie bei Land Rover einfach LR V8 Petrol Engine genannt wird. 550 PS leistet der Motor, weil ein riemengetriebener Kompressor die Ansaugluft ordentlich unter Druck setzt, bevor sie die acht Brennräume erreicht. Dafür sorgt ein Eaton-Twin-Vortex-Verdichter.

Falls Sie es genauer wissen wollen: Hinter der Bezeichnung steckt ein Roots-Gebläse mit zwei Rotoren, die jeweils über vier um 160 Grad verdrehte Flügel verfügen. Die Konstruktion ermöglicht höhere Drehzahlen (bis 24.000 Umdrehungen) und somit einen besseren Wirkungsgrad. Ein theoretischer Vorteil der Kompressortechnik gegenüber den Abgas-Turboladern war ja einmal das bessere Ansprechverhalten. Das kann man in Zeiten der hoch technisierten Twin-Scroll-Lader vergessen.

Voll tönender Velar-V8

BMW X5 M50i, Range Rover Velar P550, ams 0321 Vergleichstest
Hans-Dieter Seufert
Range Rover velar P550: 550 PS, 680 Nm, ab 110.960 Euro, Basispreis Baureihe 57.450 Euro.

Zumal der Motor im Velar gerade in dieser Disziplin eine eher mäßige Darbietung abliefert. Die Antriebseinheit neigt vor allem beim Anfahren und Rangieren zu unangenehmen Ruckeleien, das passt nicht so richtig zu einem gediegenen Hochpreis-Automobil. Und es fällt umso mehr auf, als sich der Kompressor-V8 hier mit dem sehr sämigen BMW-Antrieb messen muss. Dazu später mehr.

Sonst vergessen wir womöglich noch zu erzählen, wie großartig sich der Fünfliter-V8 im Velar sonst anfühlt, auf der Emotionsskala kann er mehr Punkte verbuchen. Denn nach dem Anfahren fühlt sich der Kompressor-Motor noch kräftiger an, als er ist, sofern man das bei einem 550- PS-Triebwerk sagen kann. Er legt sich ab Leerlaufdrehzahl ins Geschirr, zieht mächtig los. Da scheint es mitunter so, als hindere ihn die etwas träge und oft einen Hauch zu spät reagierende Automatik daran, sein Potenzial voll vorzutragen.

Und wir haben vom Sound noch gar nichts erzählt. Im Sportmodus veranstaltet der Achtzylinder ein beinahe schon ungehöriges Spektakel, in den anderen Fahrmodi wird er bei hoher Last ebenfalls sehr präsent, bassig und voll tönend, ohne dass er dabei wirklich stören würde. Es gibt ja auch wenig, was so subjektiv empfunden wird wie die Geräuschkulisse eines frei atmenden Hochleistungsverbrenners. Für die einen ist es wohlklingende Musik, für die anderen schlichtweg Krach. Das hat der Kompressor-V8 mit Stockhausen, Frank Zappa oder auch AC/DC gemeinsam.

Nicht dass der BMW X5 50i viel diskreter wäre. Doch er bleibt insgesamt leiser und weniger auffällig, das wird einigen Nutzern sehr recht sein. Überhaupt haben wir nun den Range- Rover-Achtzylinder genug gebauchpinselt. Der V8 im BMW bescheidet sich mit 4,4 Litern Hubraum und 530 PS, dafür wuchtet er mit seinen zwei Turboladern 70 Nm mehr zum Drehmomentwandler als der Velar-Antrieb (750 statt 680 Nm). Als Mitglied der Motorenfamilie N63 trägt er die Twin-Scroll-Turbolader innen im V des Achtzylinders. Vorteile dieses Prinzips: kurze Wege der Abgase zu den Turbinen und des verdichteten Frischgases zu den Einlassventilen sowie der schnelleren Aufheizung der Abgasreinigungssysteme.

Entsprechend spontan tritt der BMW-Motor an, wirkt auf den ersten Metern kräftiger und lebendiger, aber auch laufruhiger und geschmeidiger als sein Range-Rover-Pendant. Was sicher auch an der aufmerksamer und flinker agierenden Kraftübertragung liegt. Störendes Ruckeln oder ähnliche Auffälligkeiten sind hier nicht zu beobachten.

Agil mit Hinterachslenkung

BMW X5 M50i, Range Rover Velar P550, ams 0321 Vergleichstest
Hans-Dieter Seufert
BMW X5 M50i: 530 PS, 750 Nm, ab 97.500 Euro, Basispreis Baureihe 65.019 Euro.

Überhaupt ist der BMW X5 der objektiv und subjektiv schnellere und handlichere Power-SUV. Nur in einer Disziplin hat der tatsächlich das Nachsehen: beim Durchbeschleunigen in höhere Geschwindigkeitsbereiche. Ab 130 km/h hängt der leichtere Velar mit seiner kleineren Stirnfläche und seinen 20 Mehr-PS den X5 leicht ab. Bis 180 km/h wächst der Vorsprung auf 0,4 Sekunden – eher stammtisch- als praxisrelevant.

Bedeutsamer ist da, dass sich der X5 erheblich leichter um Biegungen wuchten lässt. Das kann man an den Messwerten erahnen, bei Standardslalom und doppeltem Spurwechsel distanziert der BMW den Range. Dass der X5 im wahren Leben über vier Zentner mehr auf die Waage bringt als der Velar, darauf käme man beim Kurvenfahren nicht. Der BMW biegt spontaner und leichtfüßiger ein, wirkt dabei wie ein viel kleineres Auto. Allerdings führt er dazu einen wahren Bauchladen an dynamischen Fahrhilfen mit, die es beim Range Rover so nicht gibt: Wankstabilisierung und Hinterachslenkung (Paket für 3.600 Euro). Zudem verhilft das adaptive Fahrwerk dem X5 M50i zu gepflegterem Federungskomfort, auch da gibt sich der serienmäßig luftgefederte Velar P550 polteriger und weniger gefühlvoll ansprechend.

Kein Musterknabe mehr

BMW X5 M50i, Range Rover Velar P550, ams 0321 Vergleichstest
Hans-Dieter Seufert
Sonorer V8, 550 PS und rund 200 kg weniger Gewicht reichen dem Velar P550 nicht, um mit dem X5 mitzuhalten.

Kurz vor Schluss müssen wir noch über die Bedienung sprechen, sorry, Velar. Denn die zeigt sich immer noch verwirrend und unausgegoren. Das liegt an den verschachtelten Menüs, die sich entweder über die mäßig präzise reagierenden Lenkradtasten oder den Touchscreen des Infotainments aufrufen lassen. Auch die Kartendarstellung des Navis scheint nicht so hochauflösend wie jene der Premium-Konkurrenz.

In all diesen Kriterien war BMW einmal ein Musterknabe, das ist freilich nicht mehr durchwegs der Fall. Mit zunehmender Komplexität verlor die Bedienung etwas an Klarheit. Das gilt auch für den Automatik-Wählhebel, der im X5 zum schmucken Stummel verkümmert, der jedoch immer noch griffiger ist als der Drehknopf (der ebenfalls zum neuen Modelljahr aussortiert wird) im Velar.

Was eine Winzigkeit dazu beiträgt, dass der Range Rover Zweiter wird. Aber das haben Sie ja bereits am Anfang gewusst.

Fazit

1. BMW
459 von 1000 Punkte

Mit geschmeidigerem Antrieb, feinerem Komfort und niedrigerem Preisniveau liegt der X5 M50i vorn. Dem aufwendigen Fahrwerk gelingt es, das Gewicht zu kaschieren.

2. Range Rover
404 von 1000 Punkte

Sonorer V8, 550 PS und rund 200 kg weniger Gewicht reichen dem Velar P550 nicht, um mit dem X5 mitzuhalten. Deutlich knapper zeigen sich Raumangebot und Anhängelast.

Technische Daten
BMW X5 M50i
Grundpreis104.000 €
Außenmaße4922 x 2004 x 1745 mm
Kofferraumvolumen645 bis 1860 l
Hubraum / Motor4395 cm³ / 8-Zylinder
Leistung390 kW / 530 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch10,5 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten