BMW Z4 35iS im Gebrauchtwagen-Check
Zuschlagen oder Finger weg?

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Unglaublich, aber wahr: Der stärkste BMW Z4 mit 340-PS-Biturbo nähert sich als Gebrauchtwagen der 20.000-Euro-Schallgrenze. Zuschlagen oder besser Finger weg?

BMW Z4 35iS, Exterieur
Foto: Rossen Gargolov

Alle Welt redet vom neuen BMW Z4, dem gemeinsam mit dem Toyota Supra entwickelten G29. Und vom alten? Längst vergessen? Hat er das verdient?

Na ja, bei sport auto konnte der Vorgänger E89 alias Z4 sDrive 35iS, so der kryptische Name des 340 PS starken Topmodells, nicht überzeugen. Vor allem im Rennstreckenbetrieb fiel der Zetti in Ungnade: zu weich das Fahrwerk, zu stark das Untersteuern, zu deutlich die Karosseriebewegungen. Sprich: Was der famose Biturbo auf dem Weg zur Kurve gutmachte, ging zwischen Einlenkpunkt, Scheitelpunkt und Kurvenausgang verloren.

Kein Vergleich zum direkten Vorgänger Z4 M Roadster E85, der mit Stoff- statt Metallklappdach auch 150 Kilo weniger wog. Aber das war gestern, genauer gesagt im Jahr 2010, als ein roter Z4 im Test nur mäßig punkten konnte. Heute parkt ein atacamagelber Z4 35iS im bayerischen Dillingen. Anton Neustätter betreibt dort einen Fahrzeughandel, und inmitten der vielen silbern, grau und schwarz lackierten Allerweltsautos sticht der leuchtende Roadster optisch heraus. Damals wollte BMW mindestens 56.750 Euro für sein Topmodell, mit Extras kam man schnell auf 65.000 Euro oder mehr.

BMW Z4 35iS, Interieur
Rossen Gargolov
Dem schick und hochwertig möblierten Cockpit des Z4 fehlt es an nichts. Komfort und Platzangebot stimmen. Das BMW-Autohaus hat einige Tausender in besondere Individualausstattun- gen investiert.

Heute locken deutlich günstigere Tarife: 25.900 Euro will der junge Autohändler für seinen sportlichen BMW – damit liegt der Preis gut 5.000 Euro über den günstigsten im Netz. Aber die Ausstattung des 2011er-Modells kann sich sehen lassen: Individual-Paket mit gelb- schwarzem Interieur inklusive Leder-Alcantara-Polstern, Professional-Lautsprechersystem, adaptiven Dämpfern, 19-Zöllern und, und, und.

Auf den Hund gekommen

Die Laufleistung: Der Digitaltacho zeigt etwas über 110.000. Vorbesitzer? Zwei, wobei der letzte den Z4 als Vorführwagen vom BMW-Autohaus übernommen hat. Kaum überraschend: Alle Inspektionen hat der Vertragshändler abgehakt, der letzte Service war erst im Frühjahr 2019. Bei der Gelegenheit wurden auch alle Zündspulen erneuert. BMW-Insider wissen: Die sind eine Schwäche der N54-Motorfamilie. Auch der sonstige Zustand von Neustätters Z4 lässt keine Wünsche offen. Zumindest auf den ersten Blick. Die Goodyear Eagle tragen nochordentlich Profil und stammen aus dem Jahr 2017. An den Felgen und am Lack finden sich vereinzelt Macken. Nix Wildes, ein Job für den Aufbereiter.

Dafür gibt die Beifahrersitzlehne Rätsel auf. Offensichtlich hat Waldi oder Wuffi hier seine Krallen gewetzt. Ein klarer Fall für den Lederexperten. „Keine Ahnung, was hier los war“, zuckt Anton Neustätter mit den Schultern. „Das Auto habe ich direkt vom BMW-Händler übernommen, die vermarkten keine Autos mit mehr als 100.000 Kilometern auf der Uhr.“ Übernommen, gutes Stichwort: Anton kramt nach dem Schlüssel, und wir übernehmen den gelben Z4. Auf Knopfdruck erwacht der Reihensechser zum Leben. Seine Stimme: bassig, kernig, sympathisch. Raus aus der Halle und los geht’s. Es warten geschwungene Landstraßen mit wenig Verkehr. Ideal, um dem gelben Schönling auf den Zahn zu fühlen.

Sämig, kräftig, soundstark

Wie zu erwarten war, überzeugt der Dreiliter-Biturbo schon vom Start weg. Sämiges Drehmoment, vibrationsfreier Lauf und Kraft in allen Lebenslagen. Dazu ist er auch akustisch eine Offenbarung. Je nachdem, wo die Nadel auf dem Drehzahlmesser gerade steht, tönt der N54 in unterschiedlichen Klangfarben. Sie erreichen erst die Gehörgänge, dann die Magengrube und schließlich die Nackenhärchen. Und die sprichwörtliche Drehfreude, für die bajuwarische Reihensechszylinder so berühmt sind? Nun, der Biturbo ist kein Hochdrehzahlmotor wie der S54 B32 aus dem Z4 M Roadster. Seine 340 PS entwickelt der N54 B30TO bei 5.900 und nicht bei 7.900 Touren. Soll heißen: Obenrum geht ihm etwas die Luft aus, dafür stehen 450 Newtonmeter ab 1.500/min zur freien Verfügung, dank Overboost sind sogar maximal 500 Nm drin – nicht schlecht.

BMW Z4 35iS, Motor
Rossen Gargolov
Kraftvoll und mit einem tollen Sound gesegnet – der Biturbomotor macht richtig Spaß.

Getriebeseitig war der stärkste Metalldach-Roadster an das von BMW Siebengang- Sportautomatik genannte Doppelkupplungs-Räderwerk zwangsgekoppelt. Eine Sechsgang- Handschaltung wie beim identisch motorisierten 1er M Coupé́ oder beim schwächeren Z4 35i gab es ab Werk nicht.Unterm Strich macht die Motor-Getriebe-Einheit ihre Sache gut. Ob man gemütlich und vollautomatisch dahin bummelt oder im manuellen Modus die Gänge an den Schaltpaddeln durchzappt, der Zetti passt sich dem Fahrer an und bürgt für gute Laune. Verschiedene Fahrprogramme und eine Launch Control sorgen für Kurzweil.

Zu wenig BMW-like

Wäre da nicht die Sache mit dem Fahrwerk. Ja, es ist wirklich so, die Abstimmung gibt sich auch 2019 noch immer zu weich und ist schlicht zu wenig BMW-like. Wenn man dem 35iS so richtig die Sporen gibt, spürt man förmlich, wie unwohl er sich fühlt.

Untersteuernd geht es durch die Kurve. Nein, er hat keinen Frontantrieb, aber bei scharfer Fahrweise drängt sich die Assoziation tatsächlich auf. Die Lenkwinkel zu groß, dazu ausgeprägte Karosseriebewegungen und eine spürbare Rollneigung um die Längsachse ersticken sportliche Ambitionen am Lederlenkrad im Keim. Ein Blick auf die Rundenzeit bestätigt den subjektiven Eindruck. Mit mäßigen 1.16,1 Minuten auf dem Kleinen Kurs Hockenheim war der Z4 35iS um glatte zwei Sekunden langsamer als der Porsche Cayman S. Auch Audi TT RS und Lotus Evora zeigten ihm die Rücklichter. Andererseits stimmt der ausgewogene Federungskomfort des M-Fahrwerks mit Adaptivdämpfern.

Nachrüsten als Lösung

Finger weg vom BMW-E89-Topmodell? Keineswegs, denn egal ob Bilstein, Eibach oder H&R, die namhaften Experten haben verschiedene Sportfahrwerke für den 340-PS-Z4 im Programm. Damit müsste sich die Kurvendynamik eindeutig umkrempeln lassen. Dann wäre da aber immer noch das hohe Gewicht.

BMW Z4 35iS, Exterieur
Rossen Gargolov

Wir bleiben gedanklich kurz in der Werkstatt. Was kann kaputtgehen? Beim Sechszylindermotor heißen die Übeltäter Injektoren, Wastegate-Ventile, Magnetventile der Vanos-Versteller, Sensoren der Nockenwellen, elektrische Wasserpumpe und wie gesagt Zündspulen. Dass alles gleichzeitig kaputtgeht, steht jedoch kaum zu befürchten. Beim Klappdach sollte den Dichtungen sowie der aufwendigen Verdecksteuerung inklusive Sensoren und Hydraulikzylinder Beachtung geschenkt werden. Banale Kabelbrüche können das Metallklappdach ebenfalls lahmlegen.

Doch unser gelber Gebrauchter ist nicht lahm, sondern topfit. Zwei Gänge runter und aufs Gas. Der Dreilitermotor packt richtig zu und schnalzt den Roadster mit feinster Sechszylindermelodie nach vorn. Die Traktion passt, und auch die Bremse hat nichts gegen verschärfte Gangart. Auf kurvigen Landstraßen weiß auch die elektromechanische Lenkung zu gefallen.

Ein Blick auf die Uhr signalisiert: Zurück zu Anton Neustätter, denn wir haben da noch ein paar Fragen. Das Auto steht schon seit April, was ist los? „Ein weißer oder schwarzer Z4 wäre sicherlich schon verkauft. Gelb ist bei den BMW-Fans wohl nicht so beliebt.“ Hinzukommt: Diesem BMW fehlt das Navi, eventuell ein weiterer Grund für die eher schwache Nachfrage.

Erst kürzlich hat der Händler den Preis um einen vollen Tausender reduziert. Genau, das liebe Geld: Wer die Tarife für Ersatz- und Verschleißteile in der Tabelle studiert, erfährt eines: Dem günstigen Einstandspreis für einen gebrauchten Z4 35iS stehen zum Teil happige Werkstatt- und Teilekosten gegenüber – das schreckt manchen ab.

BMW Z4 35iS, Exterieur
Rossen Gargolov
Beim Klappdach sollte den Dichtungen sowie der aufwendigen Verdecksteuerung in- klusive Sensoren und Hydraulikzylinder Beachtung geschenkt werden.

Auch die Ausgaben an der Zapfsäule sind nichts für Erbsenzähler. Beim sport auto-Test stand unterm Strich ein Verbrauch von knapp 16 Litern Super Plus auf 100 Kilometer.

Bleibt noch die Betrachtung der Zwangsabgaben an die Versicherungen: Hier darf man nicht mit Mitleid rechnen, denn auch die Assekuranzen langen bei diesem PS-starken Roadster ordentlich hin. Doch es mag trösten, dass Audi- oder Porsche-Fahrer für ihren TT RS oder Boxster S noch höhere Summen überweisen müssen.

Besser den Burner

Motor aus, Schlüssel zurück, Hallentor zu. Good Luck, Anton, beim erfolgreichen Verkauf des schönen gelben Bayern. Aber was ist der Z4 35iS jetzt? Cruiser oder Burner? Ganz klar Cruiser. Er ist das richtige Gefährt, um von Berlin nach Bibione geschützt unterm Coupé́dach zügig und stressfrei Kilometer abzuspulen.

Um dann am Ziel schön mit offenem Klappdach dem klangstarken Reihensechser zu lauschen– und mit der aparten Begleitung auf dem Beifahrersitz vor der Trattoria einzuparken. Was man besser sein lassen sollte: Auf die Rennstrecke in Misano abbiegen, um einen Trackday einzulegen. Dafür wäre der Z4 M Roadster definitiv die bessere Wahl. In Fankreisen bekannt als: der Burner.

Fazit

Ja, es hat sich nichts geändert: Der BMW Z4 35iS ist kein sehniger Sportler, mit dem sich auch mal auf der Rennstrecke herumtoben lässt. Da steht ihm vor allem seine komfortable Fahrwerksabstimmung im Weg. Außerdem ist der Zweisitzer mit 1,6 Tonnen einfach zu schwer. Besserung könnte die Umrüstung auf ein kerniges Sportfahrwerk aus dem Zubehörhandel bringen. Begeisterung dagegen weckt der fabelhafte Biturbo-Sechszylinder. Sound und Kraftentfaltung machen schlicht süchtig.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten