Fiat Freemont 2.0 16V Multijet im Test
Ist er das wahre SUV?

Seit SUV trendy sind, haben Vans einen schweren Stand auf dem Markt. Dem Fiat Freemont 2.0 16V Multijet ist das egal: er ist alles in einem. Und dabei ist er ein echtes Multitalent.

Fiat Freemont Test
Foto: Torsten Seibt

Um ein Auto zum „Crossover“ zu adeln, genügen heute bereits ein paar Rempelschutz-Kunststoffleisten an der Seite und zum „Unterfahrschutz“ deklarierte Plastikverkleidungen an Front und Heck – ein schönes Beispiel sind die „Cross“-Modelle aus dem Volkswagen-Konzern. Dass diese nicht mehr oder weniger können als ihre Großserien-Pkw-Kollegen, stört nicht weiter.

Von der anderen Seite der Modellvielfalt nähern sich SUV immer mehr dem Pkw-Mainstream an. Da ist auch der Fiat-Chrysler-Konzern nicht ausgenommen, wo beispielsweise der ehemals vierschrötige und handfeste Offroader Jeep Cherokee inzwischen zu einem schmeichelweichen Windschlüpfer degradiert wurde.

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Fiat Freemont im Test

Einem Auto scheint dieses Durcheinander aber relativ egal zu sein: der Fiat Freemont, ein mit Fiat-Dieselmotor und europäischer Abstimmung eingemeindeter Dodge Journey, möchte sich ungerne einordnen lassen. Kantiger und aufrechter als so manches zum Allesüberwinder hochgejubelte Neuzeit-SUV, individueller als ein Standard-Kompaktvan.

Der Fiat Freemont in seiner Allradversion ist, um das Thema SUV gleich zu Beginn abzuhandeln, nicht weniger geländetauglich als beispielsweise ein Honda CR-V und wird wie dieser wohl in den seltensten Fällen mehr Gelände als einen unbefestigten Waldweg oder einen kleinen Ferien-Ausflug an den Strand „offroad“ bewältigen müssen.

Widmen wir uns also dem, was der Fiat Freemont wirklich ist: ein Auto, das den Begriff „Crossover“ tatsächlich verdient. Die kantige Form ragt unter seinesgleichen hervor, ein Standard-Kompakt-Van wirkt neben dem Fiat Freemont eher beliebig. Vergleicht man den Freemont, was durchaus fair ist, mit siebensitzigen SUV, fällt die eingermaßen freundliche Preisgestaltung auf. Unser Testwagen, als Sondermodell Black Code, mit allen Nettigkeiten wie Leder, Multimedia und selbst einem Rear-Seat-Entertainment-System ausgestattet, schrappt gerade so an der 37.000-Euro-Grenze. Siebensitzige SUV liegen in aller Regel 15-20.000 Euro darüber. Das schon durchaus nett möblierte Basismodell des Fiat Freemont startet bei rund 27.000 Euro.

Sieben Sitze oder Laderaum

Das mit den sieben Sitzen (der Verzicht darauf bringt einen Preisnachlass von 500 Euro) muss man beim Fiat Freemont im Test allerdings relativ sehen. Die zusätzlichen Sitzmöbel schlüpfen mit leichtem Zug an einer Schlaufe aus dem Laderaumboden, danach ist allerdings das Thema Kofferraum weitestgehend erledigt. Wobei zumindest die beiden ganz hinten sitzenden Fahrgäste auch tunlichst dem Grundschul-Alter nicht wesentlich entwachsen sein sollten. Erwachsene haben in der dritten Reihe schlicht keinen Platz.

Das Konzept, den Fiat Freemont als Siebensitzer mit Allradantrieb anzubieten, birgt weitere Kompromisse: im Vergleich zu reinen Frontantriebs-Kompakt-Vans leidet die Ladekapazität im Gepäckabteil unter dem Platzbedarf von Hinterachs-Antrieb und versenkbarem Gestühl. Selbst als Fünfsitzer benutzt ist der Kofferraum für ein Auto dieser Größe nicht begeisternd.

Fiat Freemont mit pfiffigen Details

Dafür ist der Fiat Freemont im Test allerdings sehr variabel und hält viele nette Detaillösungen parat. Das beginnt mit der stets per Akku frisch gehaltenen Taschenlampe, die sich aus der hinteren Seitenverkleidung ausklipsen lässt und endet noch lange nicht beim praktischen Staufach unter dem Beifahrer-Sitzkissen. Aufklappbare Staufächer im Boden vor den Rücksitzen, ein komplett umklappbarer Beifahrersitz zum einpacken richtig langer Ladung, die getrennt regelbare Klimatisierung im Heck, die Halteschale für Smartphones in der Mittelkonsole samt Aussparung für die Kabeldurchführung, oder auch die aus der Rückbank ausklappbaren Kindersitze – dem Fiat Freemont merkt man seine Fokussierung auf das Thema Familie deutlich an an.

Schattenseiten gibt es auch: die Türtaschen und die zentrale Ablage in der Mittelkonsole im Fiat Freemont sind relativ unzugänglich, speziell in den Türfächern gerät es zur Akrobatik, weit nach hinten gerutschte Gegenstände wieder heraus zu fischen. Zudem fallen sie sehr klein aus, auf der Rückbank mangelt es an Ablagen in den Türen, auch große Wasserflaschen lassen sich nirgends zufriedenstellend verstauen.

Zugunsten der Reduzierung von Schaltern hat Fiat den Freemont mit einer umfangreichen Bedienung über den Zentralmonitor gerüstet, was in der Praxis etwas umständlich sein kann. Wer nicht auf die Automatikfunktion der Klima-Anlage setzt, muss sich beispielsweise durch Menüs arbeiten, um die Luftverteilung zu regeln.

Geht es ans fahren, zeigt sich der Fiat Freemont im Test europäischer, als die amerikanische Basis vermuten lässt. Der moderne Multijet-Diesel, in unserem Testwagen in der 170-PS-Version, macht richtig Laune. Er ist zwar von unten heraus kein Drehomoment-Riese, verzeiht aber dennoch untertourige Fahrweise. Bereits knapp über 1.000 Touren geht es ruckelfrei, wenn auch bis zum Einsatz des Turboladers recht verhalten voran. Dann aber marschiert der Diesel richtig, selbst bei Tempo 160 gibt es noch nachhaltigen Schub, wenn der rechte Fuß schwer wird. Die Werksangabe bei der Höchstgeschwindigkeit toppte unser Testwagen deutlich und gab sich erst bei 204 km/h zufrieden.

Großes Anfahrdrehmoment darf man vom Zweiliter-Diesel allerdings nicht erwarten. Ein Manko, das bei den Allradmodellen die serienmäßige Automatik ausgleicht, um auch an steileren Anstiegen ohne Kupplungs-Gequalme starten zu können.

Die Lenkung des Fiat Freemont im Test ist von allem etwas, und das ist durchaus positiv zu verstehen: nicht übermäßig sportlich ausgelegt, aber hinreichend direkt und mit zielgenauen Gefühl, dabei auch beim rangieren verträglich unterstützt. Dem schließt sich das Fahrwerk an: wer es darauf anlegt, kann den Fiat Freemont durchaus hurtig durch Biegungen scheuchen. Wobei die an Seitenhalt armen Sitze eher die Fahrdynamik-Grenzen diktieren als das Auto selbst. Schlechten Untergrund negiert die Federung bis hin zu fiesen Frostaufbrüchen souverän, ohne dass das Fahrwerk übermäßig soft oder schaukelig wirken würde.

Der Fiat Freemont ist richtig leise

Großes Lob verdient die Geräuschdämmung, bis Tempo 100 ist der Fiat Freemont ein richtiger Flüsterer und wird auch darüber nur wenig lauter. Noch größeres Lob dagegen verdient der verhaltene Durst des Multijet-Diesel. Gemütlich gefahren ohne zu schleichen steht außerhalb der Großstadt meist eine Fünf vor dem Komma, im zügig gefahrenen Testbetrieb lag der Verbrauch bei 7,2 Liter. Umso bedauerlicher, dass Fiat dem Freemont kein Start-Stopp-System gönnt, um auch im Innenstadt-Verkehr gute Noten in der Verbrauchswertung zu erreichen.

Um beim Thema Verbrauch zu bleiben: weil der Fiat Freemont/Dodge Journey wahlweise auch von einem ziemlich potenten und nicht ganz so sparsamen 3,6-Liter-V6-Benziner befeuert wird, den wir auch aus dem Jeep Grand Cherokee kennen, fällt das Spritfass mit 78 Liter für ein Auto dieser Klasse erfreulich groß aus. Ruhig gefahren verspricht die Reichweiten-Anzeige nach dem tanken bis zu 1.200 Kilometer mögliche Fahrstrecke, und das ist – wir haben es ausprobiert – nicht geschwindelt.

Also alles bestens beim Fiat Freemont, ist er wirklich das wahre SUV? Nicht ganz. Die tiefe Frontschürze ist schon bei leicht steilen Auffahrten ein echter Hemmschuh, der wirklich stört. Der Rampenwinkel ist bei 2,9 Meter Radstand auch kein Fall für Begeisterungsstürme. Und die zulässige Anhängelast von 1,1 Tonnen ist für einen 4,9 Meter langen und über 2.000 kg schweren Allradler mit 170 PS schwer nachvollziehbar. Selbst der kleine Opel Mokka darf mehr an den Haken nehmen. Letzter, zwar nicht SUV-spezifischer, aber vorhandener Kritikpunkt: Das Fahrlicht, selbst das Fernlicht ist ausgesprochen mäßig, Nachtfahrten machen mit dem Fiat Freemont nicht wirklich Spaß. Abhilfe etwa in Form optionaler Xenon-Scheinwerfer gibt die Preisliste nicht her.

Fazit

Der Fiat Freemont ist in der deutschen Van-/SUV-/Crossover-Szene eine verkannte Größe. Alltagstauglichkeit, Reise-Qualitäten, Verbrauch und Fahrleistungen im Test sind top, der Preis für die gebotene Leistung volkstümlich. Für einen reinrassigen Großfamilien-Van hapert es allerdings systembedingt am Ladevolumen, und mit der sehr geringen Anhängelast werden schon relativ kompakte Wohnwagen zum Problem.

Technische Daten
Fiat Freemont 2.0 16V Multijet Allrad Black Code
Grundpreis38.390 €
Außenmaße4910 x 1878 x 1705 mm
Kofferraumvolumen136 bis 1461 l
Hubraum / Motor1956 cm³ / 4-Zylinder
Leistung125 kW / 170 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit183 km/h
Verbrauch7,3 l/100 km