Fiat Panda, Kia Picanto, Renault Twingo, VW Up im Test
Wird sympathischer Zauberwürfel entzaubert?

Der VW Up belebt die Klasse der quirligen Minis und beendet jeden Test als Sieger. "Bis jetzt", knurrt der neue Fiat Panda und fordert ihn zum Vergleichstest. Mit von der Partie: Renault Twingo und Kia Picanto.

VW Up 1.0, Kia Picanto 1.2, Renault Twingo 1.2, Fiat Panda 0.9 Twinair, Front
Foto: Arturo Rivas

Die glücklichen Tage des VW Up sind bald gezählt – so sieht es zumindest der neue Fiat Panda, der bereits 1980 seine Charme-Offensive startete und gerade in dritter Generation präsentiert wurde. Freunde kleinster Autos, so erklärt der Italiener sein Erfolgskonzept, wollen ein pfiffiges Gefährt mit praktischem Talent. Eins, das viel unterkriegt, ohne sich unterkriegen zu lassen. Das in kleinste Lücken passt, sanft abrollt und auf Kopfsteinpflaster keinen Limbo tanzt. Design spielt dabei keine extreme Rolle, kleine Zahlen bei Verbrauch, Anschaffung und Unterhalt sind entscheidend. Quadratisch, praktisch, sparsam? Könnte der Fiat Panda nicken, er würde es tun.

Zum Vergleich rollt der Fiat Panda als 13 .160 Euro teurer 0.9 Twinair mit Lounge-Paket und fünf Sitzen. Die Seiten hoch und schnörkellos, das Dach wie ein gerader Deckel, die Heckklappe senkrecht wie eine Wand – mehr Pragmatismus kann ein Auto nicht ausstrahlen. Vier Türen, elektrische Fensterheber vorn und lackierte Stoßfänger sind serienmäßig, fünf Sitzplätze jedoch nicht. Der mittlere Fondplatz kostet im Paket mit einer geteilt umklappbaren Rücksitzlehne 270 Euro Aufpreis. Komische Politik.

Fiat Panda 0.9 Twinair - viel Platz vorn, hinten eng

Verständlicher kommt das Cockpit des Fiat Panda 0.9 Twinair rüber: Die Mittelkonsole ragt noch immer wie ein Tower hervor, neu sind die schwarzglänzenden Bedienfelder unterhalb des CD-Radios (Serie), die etwas Glamour bringen und über einige ungenaue Spaltmaße hinwegtrösten. Der hoch platzierte Schalthebel liegt wie im Vorgänger griffgünstig, die Türtaschen sind dagegen zu klein. Größere Gegenstände passen in die üppige Ablage über dem Handschuhfach. Apropos Platz: Während es in der ersten Reihe luftig zugeht, kommen lange Beine hinten schlecht unter. Der Komfort der Sitze reicht für kurze Strecken, für längere Etappen wünscht man sich allerdings bequemere Polster.

Solche wie die im Kia Picanto Spirit 1.2 für 12.790 Euro. Obwohl er mit 3,60 Meter Länge und 1,48 Meter Höhe rund fünf Zentimeter kürzer und sieben Zentimeter flacher ausfällt als der Fiat Panda, erzeugt er ein ähnlich gutes Raumgefühl. Und wer in seinen Fond einsteigt (vier Türen kosten 400 Euro), findet einen Hauch mehr Kopffreiheit und kann dank acht Zentimeter mehr Radstand die Füße bequem abstellen. Das Cockpit des Kia Picanto ist eher zurückhaltend gestaltet, fast ein bisschen konservativ. Dafür hat der Fahrer alles im Blick und sucht keinen Schalter – höchstens die Außentemperaturanzeige, die sich Kia gespart hat. Der Rotstiftalarm schimmert auch bei der Materialauswahl durch, etwa bei den billigen Einfassungen der Fensterheber.

Türöffner des Twingo nerven

Diese Lektion muss auch der Renault Twingo 1.2 noch lernen. Bevor man das Cockpit der 12.500 Euro teuren Dynamique-Version erreicht, verärgern die versteckten Türöffner, die an abgebrochene Türklinken erinnern. Unverständlich, dass sie Renault nicht beim Facelift geändert hat. Die Scheinwerfer und Lichter wurden neu gestaltet, der zentrale Digitaltacho ist geblieben. Auch wenn er sich schlechter ablesen lässt als manch analoges Instrument hinter dem Lenkrad: Er bringt die richtige Prise Eigenständigkeit. Unpassend fühlt sich dagegen der 80-Euro-Zuschlag für den Drehzahlmesser an. Die Bedienung des serienmäßigen Radios lässt sich leider nicht gegen Zuzahlung vereinfachen. Praktisch und empfehlenswert sind die zwei längsverschiebbaren Rücksitze im Renault Twingo, die viel Komfort in die zweite Reihe zaubern. Um dahin zu gelangen, muss man sich allerdings an den beiden vorderen Sitzen vorbeischlängeln, da der Twingo weiterhin nur als Zweitürer angeboten wird.

Im VW Up 1.0 White fühlt sich alles solider an

Der VW Up 1.0 (hier mit Luxus-Paket White für 14.300 Euro) bekommt ab Mai wahlweise Fondtüren. Auf seine größte Stärke hat das keinen Einfluss: Der kleine VW erzeugt sofort beim Einsteigen das Gefühl, besser zu sein als die Konkurrenz. Alle wichtigen Berührungspunkte wie Lenkrad, Lüftungsschalter und Türöffner fassen sich edler und solider an. Obwohl er mit 3,54 Meter Länge hier der Kürzeste ist, liegt er bei den Innenmaßen mindestens gleichauf. Vier Freunde finden ausreichend Platz, wobei die Kopffreiheit im Fond nicht ganz so üppig ausfällt.

Wenig Lob gibt es für die Vordersitze des VW Up: Die einen finden die Verstellung ihrer Lehnen zu unpräzise, die anderen vermissen verstellbare Kopfstützen und eine zweite Fensterhebertaste. Wer will sich schon quer durchs Auto beugen? Und wenn wir schon dabei sind: Eine Lenkrad-Längsverstellung beim kleinsten Volkswagen wäre ein gutes Vorbild für diese Klasse.

Benziner des Up ist kein gutes Vorbild

Der Dreizylinder-Benziner des VW Up 1.0 White ist es nicht. So ordentlich seine Leistungsdaten klingen – er schöpft aus dem Volumen einer größeren Wasserflasche 75 PS und verbraucht auf unserer zurückhaltend gefahrenen Verbrauchsrunde nur 4,9 L/100 km –, so mittelmäßig hängt er am Gas und brummt unter Last unsportlich vor sich hin. Die Vierzylinder-Benziner im Renault Twingo und im Kia Picanto verkneifen sich so was weitestgehend. Mit 1,2 Liter Hubraum sowie 75 und 85 PS ziehen sie zudem schneller auf Tempo 100 als der VW Up. Dabei braucht der Kia 4,9 L/100 km auf der Verbrauchsrunde, der Renault 5,1 Liter.

Beim Fiat Panda 0.9 Twinair fließt etwas mehr durch die beiden Brennräume – ganz recht, er tritt hier mit dem 85 PS starken Zweizylinder-Turbo an, den wir bereits im Fiat 500 schätzen. Bis 3.000 Umdrehungen knurrt er kernig, darüber faucht er zornig und gewinnt trotz des höchsten Leergewichtes (1.061 Kilogramm) jede Durchzugswertung. Wer ihn jedoch quer durch die Republik scheucht, wird sich eine bessere Dämmung wünschen. Im Renault Twingo und im Kia Picanto gehts gefühlt etwas leiser zu, beide könnten jedoch noch sanfter abrollen. In puncto Geräuschkomfort verändert der VW Up die Maßstäbe dieser Klasse – bei konstantem Tempo schnurrt keiner leiser dahin.

Unbeladen federt das Fahrwerk des VW Up jegliche Straßenmängel am besten aus, doch mit zwei Freunden an Bord rollt der Fiat Panda 0.9 Twinair softer über Buckelpisten. In Kurven neigt er sich dann allerdings unvorteilhaft zur Seite. Hat man es dabei auch noch eilig, braucht der Fiat Panda den meisten Platz auf der Straße.

So was verkneift sich der Rest der Clique. Während der Kia exakt und präzise ums Eck huscht und jederzeit ausgewogen federt, quittiert der Renault beladen bereits Gullydeckel mit Poltereinlagen. Zum Glück reagiert seine Lenkung schnell und exakt genug, um solche Hindernisse zu umfahren. So präzise wie der VW Up 1.0 White lenkt jedoch keiner ein. Im Kia vermisst man einen Hauch mehr Rückmeldung, im Fiat Panda 0.9 Twinair fühlen sich die Kurswechsel generell zu künstlich an.

Nur VW Up mit ESP serienmäßig

Größer sind die Unterschiede bei der Sicherheitsausstattung. Alle vier starten unterhalb der magischen 10.000-Euro-Marke, aber nur der VW Up hat dann serienmäßig ESP. Fiat Panda, Kia Picanto und Renault Twingo lassen den Käufern die Wahl: kein Schleuderschutz oder 300 bis 450 Euro Aufpreis zahlen. Die Italiener setzen sogar Seitenairbags auf die Optionsliste (250 Euro) und scheinen die Welt der Aufpreise für sich entdeckt zu haben. Da werden 500 Euro für ein portables Navigationsgerät plus Freisprecheinrichtung aufgerufen, bei Renault kostet der Wegweiser (mit ein paar Funktionen weniger) 129 Euro, sogar VW ruft dafür nur 350 Euro auf. Im Kia lässt sich das System nur als Zubehör nachrüsten.

Quadratisch und praktisch sind alle vier auf ihre Art. Sparsam? Der VW Up 1.0 White verbraucht am wenigsten, der Fiat Panda 0.9 Twinair trotz Start-Stopp am meisten. Dass er hier nur Vierter wird, liegt an der Perfektion des VW Up, an der Ausgewogenheit des Kia Picanto und den besseren Fahreigenschaften des Renault Twingo. Der neue Fiat Panda sieht nicht nur im Karosseriekapitel und den Fahreigenschaften alt aus, sondern auch wegen seiner Aufpreisgestaltung. Traurig, aber wahr: Während er uns einst charmant in diese Klasse gelockt hat, wird er dort heute von anderen geschlagen.

Fazit

1. VW Up 1.0 white
481 von 1000 Punkte

Mit überzeugendem Federungs- und Geräuschkomfort, sicheren Fahreigenschaften und der besten Verarbeitung in dieser Klasse zieht der Up Panda und Co. davon - die teure White-Ausstattung muss allerdings nicht sein. Lobenswert: ESP ist Serie.

2. Kia Picanto 1.2 Spirit
472 von 1000 Punkte

Der Picanto liegt nur zehn Punkte hinter dem Up - das hat bislang keiner geschafft. Dem Kia gelingt es, weil er sich in der Eigenschaftswertung keine Schwächen leistet, wenig verbraucht, preiswert ist und volle sieben Jahre Garantie bietet.

3. Renault Twingo 1.2 Dynamique
442 von 1000 Punkte

Seine gute Raumausnutzung, die variablen Einzelsitze hinten und die gute Ausstattung retten den Twingo auf den dritten Platz. Sein straffes Fahrwerk lässt ihn zwar schnell um Ecken flitzen, beim Komfort verliert er dadurch aber deutlich.

4. Fiat Panda 0.9 Twinair Lounge
438 von 1000 Punkte

Der neue Panda verliert in diesem Vergleich beim Raumgefühl und vor allem bei den Fahreigenschaften. Auch beim Sitzkomfort, der Aufpreisgestaltung und den Versicherungsprämien überholen ihn die Konkurrenten deutlich.

Technische Daten
Kia Picanto 1.2 SpiritRenault Twingo 1.2 LEV 16V 75 DynamiqueFiat Panda 0.9 8V Twinair LoungeVW Up 1.0 white
Grundpreis13.190 €12.700 €12.990 €14.300 €
Außenmaße3595 x 1595 x 1480 mm3687 x 1655 x 1470 mm3653 x 1643 x 1551 mm3540 x 1641 x 1489 mm
Kofferraumvolumen200 bis 870 l285 bis 959 l225 bis 870 l251 bis 951 l
Hubraum / Motor1248 cm³ / 4-Zylinder1149 cm³ / 4-Zylinder875 cm³ / 2-Zylinder999 cm³ / 3-Zylinder
Leistung63 kW / 85 PS bei 6000 U/min55 kW / 75 PS bei 5500 U/min63 kW / 85 PS bei 5500 U/min55 kW / 75 PS bei 6200 U/min
Höchstgeschwindigkeit171 km/h169 km/h177 km/h171 km/h
0-100 km/h10,7 s12,3 s11,7 s13,1 s
Verbrauch4,7 l/100 km5,1 l/100 km4,2 l/100 km4,7 l/100 km
Testverbrauch6,6 l/100 km6,9 l/100 km6,4 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten