Ford Fiesta 1.4 im Test
Klassenbester Kleinwagen

Im auto motor und sport-Dauertest zählt vor allem eines: pannenfreie Solidität. Und da erwirbt der Ford Fiesta 1.4 die Rolle des Klassenprimus. Kein anderes Auto seiner Klasse war jemals so gut.

Brügge, Ford Fiesta 1.4,
Foto: Reinhard Schmid

Während ein Softdrink-Brauer aus dem Salzburger Land einst versprach, seine taurinhaltige Brause verleihe Flüüügel, setzte der Aktionskünstler HA Schult Gleiches schon wenig später kurzerhand in die Tat um. Und zwar bei einem Ford Fiesta. Seither prangt jener nun, bestückt mit golden leuchtenden Engelsflügeln, auf dem Dach des Kölner Stadtmuseums.

Ford Fiesta 1.4 im Dauertest nahezu pannenfrei

Auch wenn es sich dabei noch um eine Vorgängergeneration des Dauertest-Fiesta handelte, der am 25. Februar 2011 seinen Dienst in der Redaktion von auto motor und sport antrat, so tat dieser es eben doch mit einem gewissen Anspruch. Doch selbst wenn ihm die Ford-Ingenieure sicherlich keine Flügel verleihen konnten, ist schon die Rolle eines nahezu pannenfreien Überfliegers über die 100.000 Test-Kilometer ein sehr schöner Erfolg.

Um es gleich vorwegzunehmen: Auch wenn er nie Anlass zu einer unerwünschten und ungeplanten Fahrtunterbrechung gab, kam der Ford Fiesta 1.4 nicht ganz ohne außerordentlichen Werkstattbesuch über die Runden. Trotzdem kletterte der Ford Fiesta 1.4 mit dem Mängelindex 2 im Kreise seiner bisher getesteten Klassenkameraden fast schon mühelos auf die Top-Position.

Genau genommen ist der einzige größere Defekt auch nur der Tatsache geschuldet, dass die Ford-Leute den Fiesta mit der Spitzenausstattung Titanium anlieferten und ihn dazu noch mit zusätzlichen Gimmicks beflügelten – was den Kleinwagen gleich um stramme 5.000 Euro verteuerte.

Rückfahrkamera musste ersetzt werden

Dafür war er dann mit Lederpaket, Sony-Audiosystem, Tempomat, elektrischen Fensterhebern auch hinten, Heizung für Frontscheibe und Vordersitze sowie einem Parkpiloten plus Rückfahrkamera komfortabel ausgerüstet. Letztere erzeugte beim Rangieren im Innenspiegel ein ausgesprochen hilfreiches Bild der Heckumgebung, das die breiten C-Säulen dem menschlichen Auge weitgehend verwehren. Doch war das vielleicht ein bisschen zu viel Hightech, denn gleich zwei Mal verdunkelte sich der Videoblick, sodass die Rückfahrkamera des Ford Fiesta 1.4 jeweils ersetzt werden musste. Damit ist allerdings das Gröbste schon abgehakt. Bis auf den notwendigen Austausch zweier Glühlampen absolvierte der Ford Fiesta den Rest der Strecke in störungsfreier Unauffälligkeit.

Doch Zuverlässigkeit ist bei einem Dauertest nicht das einzige Kriterium. Ein Blick in die Fahrtenbücher deckt jede noch so kleine Schwäche auf. Doch da findet sich nicht viel. So notierten einige Tester Kritik zum Interieur, das in seiner etwas grauen Schlichtheit mehr Wertigkeit verströmen könnte. Natürlich enthalten diese Urteile stets auch eine Prise Subjektivität. So auch die Bewertung der Sitze im Ford Fiesta: Vor allem kleinere Personen fanden sie auf längeren Fahrten mitunter hart und unbequem, größere Tester hatten beim Sitzkomfort wenig zu beanstanden.

Dem erstaunlich großzügigen Raumgefühl, das der Kleinwagen vermittelt, tut das allerdings keinen Abbruch. Tatsächlich ist das Fiesta-Konzept zu viel mehr geeignet, als nur Kleinfamilien mit klein gewachsenen Mitgliedern ohne Probleme von A nach B zu transportieren.

So fällt auch das Urteil zum Fahrwerk einhellig positiv aus. Dass die Ford-Ingenieure hierfür ein Händchen haben, wurde ja nicht das erste Mal bewiesen. Auch beim Ford Fiesta ist ihnen ein guter Kompromiss zwischen straff und komfortabel gelungen, unterstützt vom neutralen Eigenlenkverhalten und der sicheren ESP-Abstimmung. Es macht einfach Spaß, den Kleinen um Kurven zu zirkeln, wozu auch die ausreichend direkte und präzise Lenkung ihren Teil beiträgt.

Ford Fiesta 1.4 lässt sechsten Gang vermissen

Der Saugmotor sei eher ein zäher Geselle, vermerkte ein erfahrener, turboverwöhnter Kollege in der Test-Kladde und fragte ungläubig: „Das sollen 96 PS sein?“ Auch wenn das harsch erscheinen mag, zeigt es doch eine immer wiederkehrende Bewertung.

Fest steht: der Vierventiler ist alles andere als ein Temperamentsbündel. Vor allem wenn man sich an die Schaltempfehlungen im Zentraldisplay hielt, erfüllte der 1,4-Liter auf Langstrecken seine Aufgaben insgesamt störungsfrei, doch ohne groß Begeisterung zu wecken. Das gilt auch für das Schaltgetriebe des Ford Fiesta, bei dem mehrere Tester einen sechsten Gang vermissten – nicht zuletzt wegen der anschwellenden Geräuschkulisse bei höherem Tempo.

Darüber hinaus enttäuscht der abschließende Blick auf den Verbrauch des Ford Fiesta 1.4: Mit einem Durchschnitt von 7,5 Liter auf 100 km geht dieser nicht mehr als zeitgemäßer Kleinwagenkonsum durch. Das ist auch den Ford-Strategen klar, die den 1,4-Liter inzwischen ausrangiert und dem Fiesta mit dem modernen, turbogeladenen 1.0 Ecoboost-Dreizylinder neue Flügel verliehen haben. Insofern handelt es sich beim 1,4-Liter bereits um eine historische Betrachtung.

Lenkung mit hohem Spaßfaktor

Ebenfalls Geschichte ist mittlerweile die Klage über ein Quietschen beim Lenken, das zeitweilig die Testfahrer beunruhigte. Im Rahmen einer Regel-Inspektion wurde die Lenkspindel geschmiert, was den Urzustand wiederherstellte. Die Lenkung insgesamt gefällt mit direktem Ansprechen und hohem Spaßfaktor, was allerdings den Geradeauslauf etwas beeinträchtigt.

Ein anderes Phänomen soll hier nicht völlig unerwähnt bleiben. Denn Marder fanden den Ford Fiesta 1.4 offenbar zum Anbeißen, was ihm jedoch keinesfalls anzulasten ist. Mit frappierender und bisher noch nie dagewesener Regelmäßigkeit verbissen sich die kleinen Nager in Dämmmaterial, Zünd- und Lambdasonden-Kabel. Insgesamt fünf Mal an völlig verschiedenen Tatorten machten sich die Biester über den wehrlosen Ford Fiesta her – ein trauriger Rekord in der Dauertest-Historie von auto motor und sport. Biologen erklären das mit der wohligen Wärme des Motorraums, der, einmal besetzt, zum Zentrum von Rivalitätsattacken der beißfreudigen Spezies werden kann.

Obwohl solch untypische Schäden nicht in die normale Dauertest-Bilanz eingehen, hätten die Marderschäden den Besitzer insgesamt über 560 Euro gekostet! Vielleicht sollten sich die Ford-Techniker doch überlegen, weniger schmackhafte Kunststoffmischungen zu verwenden. Trotz solcher Widrigkeiten erreichte der Ford Fiesta mit einer insgesamt sehr ehrenvollen Bilanz das Ende des Dauertests. Und als wolle er dies quittieren, mahnte sein Display am Ende der 100.000 Kilometer den Austausch der Schlüsselbatterie für die Fernentriegelung an. Nach fast drei Jahren ist dies allerdings alles andere als ein Zeichen von Schwäche.

Erfahrungen aus dem Alltag der Leser

Wir besitzen seit Mai 2009 einen Ford Fiesta 1.25. Wir sind bisher 39.000 km gefahren und mit dem Wagen sehr zufrieden. Das Platzangebot ist für unsere Verhältnisse ausreichend, das knackige Fahrwerk gefällt durch guten Komfort. Das Auto ist auch für längere Strecken geeignet. Der Durchschnittsverbrauch von 6,6 L/100 km ist zufriedenstellend, allerdings ist der Motor etwas durchzugsschwach. Einzige Mängel bislang waren eine durchgebrannte Scheinwerferbirne, ein nur spaltbreit zu öffnendes Fenster und ein gelegentlich ausfallendes Radiodisplay.
Robert Schulte, 49492 Westerkappeln

Wir fahren einen Ford Fiesta Baujahr 2009 mit 82 PS und haben derzeit 17.700 km absolviert. Insgesamt sind wir mit ihm zufrieden. Der Benzinverbrauch bei 95 Prozent Stadtverkehr beträgt 6 bis 6,5 L/100 km. Die Sicht nach hinten ist allerdings sehr schlecht, man sollte unbedingt einen Parkpiloten mitbestellen. Der Schlauch der Scheibenwaschanlage wird öfter beim Schließen der Motorhaube eingeklemmt und abgeknickt. Die Heckklappe muss immer fest zugeschlagen werden, sonst gibt es eine Fehlermeldung auf dem Bordcomputer.
Monika Riefer, 85540 Haar

Mein Fiesta 1.25 mit 82 PS von 2009 ist heute 19.800 km gefahren. Schon nach drei Monaten hatte sich dank eines defekten Rücklichts Wasser im Kofferraum angesammelt. Das wurde noch auf Garantie behoben. Beim ersten Kundendienst bemängelte ich einen zu hohen Benzinverbrauch von 7,5 L/100 km, doch ein Elektronik-Update änderte nichts. Beim zweiten Kundendienst musste schließlich das defekte ABS-Steuergerät ausgetauscht werden, auch das Getriebe war defekt und musste repariert werden (3 Tage). Nach Ablauf der Garantie hatte ich wieder Wasser im Kofferraum, diesmal wegen einer undichten Schweißnaht im Dachbereich.
Friedrich W. Herzog, 79331 Teningen

Vor- und Nachteile
Ford Fiesta 1.4
gutes Raumgefühl, kein Kleinwagenfeeling
handliches Auto für Stadt und Landstraße
langstreckentaugliche Sitze
gute Kopffreiheit auch auf den Fondsitzen
zufriedenstellende Motorleistung
sicheres Fahrverhalten
straffes, aber nicht unkomfortables Fahrwerk
großer Kofferraum
Sitze mit gutem Seitenhalt
sehr wirksame Frontscheibenbeheizung
wirksame Klimaanlage
gutes Fernlicht
Schaltanzeige
leichtgängige Servolenkung
hilfreiche Parksensoren
Mittelkonsole mit Knöpfen und Schaltern etwas überfrachtet
schlechte Übersicht nach schräg vorn und hinten
zähe Leistungsentfaltung
etwas harte Sitzpolster
mäßiger Geradeauslauf
deutliche Windgeräusche
mäßiger Audiosound
grob gerasterte Regulierung der Radiolautstärke
relativ hoher Verbrauch
kratzanfälliges Kunststoff-Interieur
billige Hartplastik-Anmutung
mäßiges Abblendlicht

Fazit

Aus dem Schatten des Kleinwagendaseins ist der Ford Fiesta 1.4 mittlerweile herausgetreten. Die Dauerteststrecke legte er mit einer nahezu makellosen Bilanz zurück – Chapeau.

Technische Daten
Ford Fiesta 1.4 Titanium
Grundpreis16.450 €
Außenmaße3950 x 1722 x 1481 mm
Kofferraumvolumen295 bis 979 l
Hubraum / Motor1388 cm³ / 4-Zylinder
Leistung71 kW / 96 PS bei 5750 U/min
Höchstgeschwindigkeit175 km/h
Verbrauch5,7 l/100 km