Test Ford Ka+ gegen Hyundai i10, Opel Karl und VW Up
Kampf um die Stadtflitzer-Krone

Am Rande der Stadt herrscht Finsternis, singt Bruce Springsteen. Also werfen wir uns mitten rein in den Trubel der City und klären, ob der neue Ford Ka+ seine Rivalen in den Schatten stellt: Hyundai i10, Opel Karl und VW Up.

Ford Ka+ 1.2, Hyundai i10 1.2, Opel Karl 1.0, VW Up 1.0 TSI
Foto: Hans-Dieter Seufert

Sicher gäbe es Häppchen. Ach, wir stellen es uns gemütlich vor, oder hyggelig, wie all die feschen Lebensweltler sagen – also die Vorstellung, wir wären zu einem Kongress zum Thema Verstädterung geladen, um diese Theorie vorzustellen: Städte sind wie Hosen. Hosen werden nicht eng, auch nicht nach Weihnachten. Nur das, was reinsoll, wird mehr. So ist es auch mit Städten. Die werden nicht enger, es soll nur immer mehr rein: mehr Büros, Wohnungen, Lieferwagen (gern um Sachen zu bringen, die man 300 Meter weiter in einem – verrückte Sache – Laden kaufen könnte, in echt, so mit Rausgehen und Analog-in-den-Einkaufswagen-Legen) und mehr Autos, die, wie Hosen, nicht kleiner werden. So erreichen die vier Kleinwagen hier Maße, die vor 40 Jahren für Kompakte reichten: Der Ford Ka+ braucht mit 6,7 m² so viel Fläche wie ein Escort III Turnier, der Hyundai i10 mit 6,1 m² so viel wie der erste Pony, der Opel Karl ist mit 5,9 m² ebenso flächenfüllend wie einst der Kadett C City. 5,9 m² sind es auch beim VW Up – wie beim Golf I. Also erwarten wir Großes von Ka+, i10, Karl und Up.

Ford Ka+: der Indi-Rocker

Größter der Kleinen ist der Ka+. Mit 3,93 Metern hält er nur elf Zentimeter Abstand zum nächsten Fiesta (startet im Sommer) und vier zum aktuellen Modell, auf dem der Ka+ basiert. Es gibt ihn nur als Viertürer, das aber schon seit 2014 in Brasilien. Als Weltauto konzipiert, übernimmt er hier die Rolle des Einstiegsmodells. Die Welt ist nicht genug, wenn man Ansprüche europäischer Kunden erfüllen will. Also rüschten die Techniker den im indischen Sanand gebauten Ka+ auf: Er bekam ein neues Fahrwerks-Set-up, eine geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und bessere Türdichtungen. A-Säulen und Türen sind mit mehr Dämmmaterial ausgestopft, der Motor mit hydraulischen Lagern ausgerüstet, um Vibrationen zu verringern.

Ford Ka+ 1.2, Frontansicht
Hans-Dieter Seufert
Ford Ka+ oder die Antwort auf die Frage, ob ein Kleinwagen immer klein sein muss. Aber nein!

Schließlich kommt der Ka+ mit sechs Airbags und ESP. Was wir nur erwähnen, weil darin die passiven wie aktiven Sicherheitsvorkehrungen gipfeln. Zum Notbremsen oder Spurhalten stehen dem Fahrer aber serienmäßig ein zweckmäßig zwischen Kupplung und Gas positioniertes Bremspedal sowie ein per Drehbewegung richtungsbeeinflussendes Lenkrad zur Verfügung. Womit es Zeit wäre, zu erklären, dass da ein bemerkenswert vollwertiges Auto herausgekommen ist. Im Fond reicht der Platz locker für zwei Erwachsene. Die Bank ist kuschelig gepolstert, der Kofferraum dahinter 270 Liter groß und leicht erweiterbar, wenn Rückbank und -lehne umklappen. Pilot und Co reisen auf gut konturierten Sitzen. Vor ihnen erhebt sich ein kunststoffschwarzes Cockpit, das eher mit Pflegeleichtigkeit als Grazie zu überzeugen vermag. Bis auf das fitzelige Infotainment lässt sich alles leicht bedienen – wobei man sich fragt, ob es billiger ist oder nur so aussieht, Drehzahlmesser, Tacho und Tankuhr so klein zu halten.

Egal, Schlüsseldreh, der 1,2-Liter-Vierzylinder startet. Der vierte Zylinder beschert dem Ka+ einen höheren Verbrauch (6,9 l/100 km), aber auch bessere Manieren. Wenngleich die Messwerte mit 12,4 Sekunden auf hundert auf mildes Gemüt hindeuten, wirkt der Ka+ mit 85 PS/112 Nm munter motorisiert – liegt auch an der leicht schaltbaren, passend gestuften Fünfgangbox. Zudem zählt der Ford zu den Leiseren, federt trotz straffen Set-ups leer angenehm über lange und mit wenig Hoppeln über kurze Unebenheiten. Die führen zwar bei Zuladung zu leichtem Katapultieren an der Hinterachse, doch fährt der Ka+ eine Klasse erwachsener als Karl und i10. Dem VW dagegen kommt der Ka+ beim Handling am nächsten. Er kurvt nicht so wuschig-aufgedreht durch Biegungen, sondern trotz der etwas spitz ansprechenden Lenkung besonnener und souverän vom ESP gemaßregelt. Der Sieg scheint so nah, weil der Ka+ ausstattungsbereinigt gut 1.000 Euro unter i10 und Karl sowie rund 3.000 Euro unter dem Up liegt. Aber dann bremst der Ford so schlecht, und es wird eng.

Hyundai i10: Is’ mir bekannt

Auch weil der i10 mitmischt. Nicht mit i30 oder i40 hatte es Hyundai zum ersten Mal an die Spitze eines Testfelds geschafft, sondern mit dem im türkischen Izmir gebauten Kleinwagen. Wobei "Kleinwagen" sich bei ihm bisher nur auf die Abmessungen bezog. Doch sehr hat sich der i10 nicht weiterentwickelt seit dem Debüt Ende 2013. Jüngst gab es ein Facelift, es brachte neben einem Kollisionswarner, Spurhaltehelfer und Navi eine bessere Telekommunikation (Android Auto und Apple CarPlay). Wie bisher überzeugen das trotz knapper Innenbreite ungedrängte Platzangebot für vier, die bequemen Vordersitze und die einfache Bedienung. Aber so ein variabler Ladeboden wie im Up wäre eine Idee gewesen. Oder gar so was wie Handling und Federungskomfort. Beides muss ein solcher Kleinwagen nicht haben, mögen manche einwenden.

Hyundai i10 1.2, Heckansicht
Hans-Dieter Seufert
Hyundai i10 oder die Antwort auf die Frage, was Länge/Breite/Höhe ersetzen kann: wahre Größe.

Ja nun, aber Ka+ und Up haben es nun mal. Der i10 dagegen federt schon sehr ungeschickt und polterig über Unebenheiten hinweg, schickt harte Kanten durch und wankt trotz der herben Abstimmung durch Kurven. Dass er 15-Zoll-Räder (770 Euro im Paket) aufgeschnallt hat, hebt seine Bremsleistung auf ordentliches Niveau, ändert aber an seiner Talentlosigkeit beim Handling nichts. Seiner Lenkung gelingt es, nervöses Ansprechen mit fader Präzision und unbeteiligter Rückmeldung zu verbinden. Doch, das stört, denn ansonsten passt es schon im i10. Mit dem Vierzylinder geht es wacker und kultiviert voran, nicht sehr sparsam (6,7 l/100 km), aber leise. Reichlich Ausstattung, den günstigen Preis und fünf Jahre Garantie haben wir auch noch, aber auch schon einen Sieger?

Opel Karl: Chang-High

Auftritt Opel Karl aus Changwon/Südkorea, wo er bei Chevrolet vom Band läuft. Beim letzten Aufeinandertreffen mit i10 und Up hat er noch gewonnen (Heft 15/2015), aber beide sind nun modellgepflegt, der Ka+ neu – und der Karl außer Form. Das erklärt sich zunächst mit der Leistung: Als einziges Triebwerk bietet Opel den Einliter-Dreizylinder-Sauger mit 75 PS an. Der trommelt nach einer Anfahrschwäche motiviert los, hechelt den anderen aber hochtourig hinterher. Weil er nur 95 Nm zusammenbringt, und die erst bei 4.500/min, muss der Karl immer weit bis nach oben durch die fünf exakt schaltbaren Gänge touren, was die Passagiere mehr belastet als den Verbrauch (6,3 l/100 km).

Opel Karl 1.0, Frontansicht
Hans-Dieter Seufert
Opel Karl oder die Antwort auf die Frage, ob Kleinwagenfahrer kleine Ansprüche haben: sicher nicht.

So richtig voran geht es also nicht und auch nicht gerade vergnüglich. Weil es der Lenkung ohnehin an Präzision und Rückmeldung fehlt, kann man gleich in die leichtgängige City-Kennlinie wechseln. Dass er so fixe Fahrdynamikwerte hinlegt, liegt an der optionalen 16-Zoll-Bereifung mit den guten Michelins. Auch beim Komfort sind andere nun besser. Wie der i10 spricht der Karl stößig an, auch hier verhindert die harte Abstimmung nicht das Wanken in Kurven. Mit Zuladung rumpelt der Opel harsch über Unebenheiten. Dazu bieten die Sitze vorn weniger Halt, die Rückbank ist hart gepolstert und hat eine zu steile Lehne. Drei sollten darauf sitzen können, aber dafür ist der Karl zu schmal – der Up schafft hinten elf Zentimeter mehr Breite. Dafür richtet sich der Opel solide ein, wärmt Sitze und das Lenkrad, was manchen bei Kälte wertvoller sein dürfte als ein knackiges Handling.

Beim Kofferraumvolumen liegt der Opel wieder zurück. Fast könnte man meinen, dass es eine traurige Veranstaltung wird für den Karl. Aber dann bremst er wie ein Sportwagen, fährt die umfangreichste Sicherheitsausstattung auf, dazu viel Ausstattung zum erreichbaren Preis – schon ist das Rennen wieder offen.

VW Up: Bratis’ Lover

Zumindest bis zu dieser Kehre, vor der du kurz in den Rückspiegel blinzelst, in dem kein anderes Auto mehr zu sehen ist. Wo die wohl sind, könntest du überlegen. Aber über so was denkst du nicht nach, zehn Meter vor dem Bremspunkt. Fest drauf, runterschalten, nur für dich mit einem kurzen Zwischengastusch in den zweiten. Gas, den kurzen, atemschnappenden Moment abwarten, bis der Turbo den Ladedruck wieder beisammenhat und den Up den Berg hinauffegen lässt. Hoch zu dieser Links, die harmlos aussieht, dann aber fies zumacht. Dritter. Bremsen, zurückschalten, Tusch, einlenken, durch die Lenkung spüren, wie die Vorderreifen sich in den Asphalt grippen. Es treibt dich weiter, immer weiter. Bald gibt es einen Up GTI mit 115 PS. Aber es gibt ja so viel, doch derzeit kein Microcar, das mehr Vergnügen bereitet als dieser Up aus Bratislava.

VW Up 1.0 TSI, Heckansicht
Hans-Dieter Seufert
VW Up oder die Antwort auf die Frage, ob ein kleines Auto größtes Vergnügen machen kann. Oh ja!

Zum Facelift bekam sein Infotainment ein, wie es hieß, Up-grade. Ja, sollte lustig sein. Dabei wurde es das aber, weil sie ihm den Turbo an den Dreizylinder zwirbelten. Was er seither mit 90 PS/160 Nm anstellt, fühlt sich endlich wieder nach dieser Unbeschwertheit an, die wir einst fühlten, als wir noch glaubten, drei Gitarrenakkorde genügten, um die Welt zu erobern – oder zumindest Bettina. Jedenfalls fährt der Up grandios, federt dabei bekömmlich, schafft auf knappen Abmessungen ein üppiges Raumangebot für zwei vorn, ein etwas kniebeengtes für zwei weitere dahinter und dazu für genug Gepäck. Die Bedienung klappt schon daher leicht, weil es wie bei den anderen nicht viel zu bedienen gibt. Die Sitze sind okay, aber nicht so gut wie die im Ka+. Im Fond gibt es nur Klappfenster, und selbst in der Beats-Version ist der Up nur mäßig ausgestattet.

Er ist viel teurer als die anderen, daran ändert der niedrige Verbrauch (6,0 l/100 km) nie etwas. Aber, Freunde, wir sind ja nicht die Stiftung Warentest. Wir sind auto motor und sport. Passt also, dass das vergnüglichste Auto, der Up, gewinnt. Die anderen bringen uns in die Stadt, zur Arbeit oder zur Vernunft. Aber Vernunft allein bringt uns nicht heiter.

Fazit

1. VW Up 1.0 TSI
384 von 1000 Punkte

Ja, viel Platz, ein paar Assistenten, feiner Komfort, niedriger Verbrauch. Schon damit gewinnt der Up. Aber er überragt mit dem Motor.

2. Hyundai i10 1.2
367 von 1000 Punkte

Ja, die Gegenthese zum Up: so ganz vernünftig, günstig, gut ausgestattet, abgesichert. Da kann man die Federung ertragen.

3. Ford Ka+ 1.2
364 von 1000 Punkte

Ja, Größe allein genügt doch nicht. Dem Ka+ fehlt es an Assistenz und Bremsvehemenz. Günstig im Preis, hoher Verbrauch.

4. Opel Karl 1.0
361 von 1000 Punkte

Ja, die Gegenthese zum Ka+: bremst klasse, gute Sicherheitsausrüstung. Aber der Karl ist eng und federt ungehobelt.

Technische Daten
Ford Ka+ 1.2 Ti-VCT Cool & SoundHyundai i10 1.2 StyleOpel Karl 1.0 InnovationVW Up 1.0 TSI move up!
Grundpreis11.800 €13.680 €13.355 €13.030 €
Außenmaße3929 x 1704 x 1524 mm3665 x 1660 x 1500 mm3675 x 1595 x 1485 mm3600 x 1641 x 1504 mm
Kofferraumvolumen270 bis 849 l252 bis 1046 l206 bis 1013 l251 bis 959 l
Hubraum / Motor1198 cm³ / 4-Zylinder1248 cm³ / 4-Zylinder999 cm³ / 3-Zylinder999 cm³ / 3-Zylinder
Leistung63 kW / 85 PS bei 6300 U/min64 kW / 87 PS bei 6000 U/min55 kW / 75 PS bei 6500 U/min66 kW / 90 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit169 km/h175 km/h170 km/h185 km/h
0-100 km/h12,4 s11,6 s13,5 s11,1 s
Verbrauch5,0 l/100 km4,9 l/100 km4,5 l/100 km4,4 l/100 km
Testverbrauch6,9 l/100 km6,7 l/100 km6,3 l/100 km6,0 l/100 km