Honda Accord im Gebrauchtwagen-Check
Auch im Alter unterschätzt?

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Hondas große Limousinen haben sich über Jahrzehnte den Ruf erarbeitet, zuverlässig und langlebig zu sein. Trifft das auch auf die achte Generation des Accord zu? Und wenn ja, warum hat Honda ihn dann aus dem europäischen Programm gestrichen? Wir fragen den Meister.

Honda Accord, Exterieur/Interieur
Foto: Dani Heyne

Es gibt da diese Liste der meistverkauften Automodelle weltweit. Hersteller lieben und hassen sie gleichermaßen, weil sie offenbart, welche Modelle sich über alle Generationen hinweg gut verkauft haben. Kunden tangiert die Liste meist nur peripher. Dabei versorgt sie uns mit Eins-a-Stammtischwissen und lehrt uns beispielsweise, dass der Honda Accord – hierzulande eher ein Mauerblümchen – bis zum Jahr 2011 weltweit deutlich beliebter war als Kollege Passat aus Wolfsburg.

Unsere Highlights

"Echt jetzt?", fragt Meister Wünsch überrascht. "Hätte ich im Leben nicht vermutet. So ein Accord bereichert unser Straßenbild ja eher selten. Ich hab das vorhin mal nachgeschlagen: Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im letzten vollen Modelljahr dieses Typs, 2014, nicht mal 1.300 Neuwagen zugelassen." Während Meister Wünsch am Kaffeebecher nippt, suchen wir nach den Verkaufszahlen des Honda in den USA – ah, hier steht’s: 2014, Accord, Vereinigte Staaten: 388.374 Einheiten. Damit belegte er Platz zwei der meistverkauften Pkw. "Kein Wunder, das Auto ist ja gut. Absolut solide. Frei von Macken. Total unterschätzt. Und daher gerade als Gebrauchtwagen interessant. Wollen wir den Kandidaten mal unter die Lupe nehmen?", fragt Meister Wünsch nach seiner Schwärmerei.

Honda Accord, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Dicht? Durch die großen Lufteinlässe finden auch Steinchen ihren Weg zu den Kühlern und richten Schaden an – hier zum Glück noch nicht.

Ein Gebrauchter, der keinen Stress macht

Glaubt man unserem Checker, den Urteilen der großen Prüforganisationen und den Meinungen im Internet, ist der Accord tatsächlich frei von Kinderkrankheiten. Aber dazu gleich mehr.

Meister Wünsch scharrt mit den Hufen, umrundet bereits zum zweiten Mal das rote 2010er-Modell, das er nun endlich unter die Lupe nehmen möchte. Los geht’s!

Während er wie immer zuerst die Karosserie auf Unstimmigkeiten untersucht, werfen wir einen Blick auf das Modell und seine Geschichte. Dieser Accord hier repräsentiert die achte Generation des Mittelklassewagens, die Honda von 2008 bis 2015 in Europa im Programm hatte, als Limousine und Kombi. Die EU-Verkaufszahlen führten jedoch dazu, dass die Japaner den Accord danach nicht mehr in Europa anboten – es lohnte sich einfach nicht mehr. Dabei konnten die Gründe der Erfolglosigkeit nie einwandfrei geklärt werden. Weder war der Accord zu hoch eingepreist, noch überforderte er seine Fahrer mit einem wilden Bedienkonzept. Und er langweilte auch nicht mit mickrigen Motoren. "Sein Image war einfach nicht so gut", urteilt Meister Wünsch. "Dabei hätte er bei seinen Qualitäten mehr Fans verdient."

Honda Accord, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Rost? Korrosion findet sich selten an einem Accord – wenn, dann nagt sie gern mal an Türkanten, an denen der Lack dünn ist.

Wie steht’s um die Karosserie? "Der Vorbesitzer hat den Wagen sehr gepflegt, der Lack ist frisch poliert, Steinschläge auf der Motorhaube wurden ausgebessert, Kantenrost an einer der Türen gut gestoppt. Das kann beim Accord durchaus vorkommen, daher sollte man darauf ein Auge werfen. Der Vorbesitzer hat den Honda mit Sportfedern dezent tiefergelegt und ihm breite 18-Zöller verpasst, daher werfen wir gleich einen längeren Blick auf die Aufhängung und die Stoßdämpfer", erklärt Meister Wünsch und schwingt sich hinters Steuer. Die Probefahrt steht an.

Diesel oder Benziner? Beides gut im Honda

Noch vor ein paar Jahren war einer der beiden 2,2-Liter-Diesel (150 oder 180 PS) die erste Wahl beim Accord. Beide Vierzylinder packen ordentlich an und sind nicht sonderlich durstig. Der Verbrauch klettert bei ihnen selten über sieben Liter pro 100 Kilometer. Und: Beide Selbstzünder gelten als zuverlässige Langläufer, gravierende Probleme an Einspritzung, Turboladern und Steuerketten sind äußerst selten.

Honda Accord, Exterieur/Interieur
Dani Heyne
Zahnriemen? Die beiden Benziner sind klassische Sauger und besitzen eine Steuerkette, die ewig hält. Beide Motoren stehen auf 5W-30.

Einzig verstopfte Partikelfilter können ab 120.000 km nerven – keine Honda-Krankheit, sondern ein typisches Diesel-Problem, besonders bei häufigem Kurzstreckenbetrieb. "Dieser Accord wird von einem 2,4-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 201 PS befeuert", erinnert Meister Wünsch. "Ein klassischer Sauger, der Drehzahlen mag und den Honda fast 230 km/h schnell macht. Der erste Besitzer hat sich gegen das serienmäßige knackige Sechsgang-Schaltgetriebe entschieden und stattdessen die Fünfgangautomatik bestellt. Die schaltet weich, ist aber etwas altmodisch eingestellt. Daher: Wer gern auch mal sportlich fährt, sollte einen gebrauchten Accord mit Schaltgetriebe wählen. Passend dazu liefert Honda ein straff abgestimmtes Fahrwerk", fasst Meister Wünsch zusammen und steuert die Hebebühne an.

"Auf der Probefahrt konnte ich keine Klappergeräusche wahrnehmen, die Lenkung reagiert schön direkt, der Motor hängt gut am Gas." Kurze Zeit später wissen wir: Die Bremsen des Accord sind tadellos, an den Schalldämpfern nagt kein Rost, auch am Unterboden nicht. Der Antrieb und die Kühler sind trocken, die Achsmanschetten nicht eingerissen. An der Vorderachsaufhängung kündigt sich Spiel an einem Kugelgelenk an, dieses hält aber laut unserem Checker noch ein paar Tausend Kilometer. Genauso wie das Profil der Reifen.

Meister-Fazit? "Der Accord ist der Geheimtipp unter den mittelgroßen Gebrauchten: geräumig, zuverlässig, gute Motoren und ein agiles Handling."

Fazit

Ein gebrauchter Honda Accord der Achten Generation ist Ihr Typ, wenn Sie ein Herz für Underdogs haben – für Autos, die im ersten Leben nur wenig Jubel bekamen. Oft gibt’s dafür gute Gründe – nicht so beim Honda Accord. Wenn Sie eine Limousine oder einen Kombi im Mittelklasse-Format suchen, fahren Sie ihn unbedingt mal zur Probe. Der Japaner ist äußerst zuverlässig, durchaus dynamisch, langlebig verarbeitet und frei von Kinderkrankheiten. Wenn der Vorbesitzer nicht mit der Pflege gegeizt hat, steht einer harmonischen Beziehung nichts im Wege.