Gebrauchtkauf Honda Civic Type R
Kompakter Straßensportler mit 200 PS

Inhalt von

Die Drehzahl-Junkies kennen nur eine Marke, wenn es um einen phonstarken Auftritt geht: Honda! Ist der Civic Type R als Gebrauchter mehr als nur ein Geheimtipp?

Honda Civic Type R, Varianten, Frank Mühling
Foto: Arturo Rivas

Kompaktwagen mit ordentlich Qualm an der Kette? Gibt's wie Sand am Meer. Von Alfa und Audi über BMW, Ford, Mazda, Opel, Renault, Seat bis VW. Wen haben wir vergessen? Na, Honda! Die Japaner sind beinahe vom Radar verschwunden, kein Wunder nach fünf Jahren Pause. Ein kurzer Reminder: Der erste Honda Civic Type R (EK9) kam 1997 und war nur drei Jahre lang als Rechtslenker in Japan erhältlich. 2001 bis 2005 gab es den EP3, 2007 erschien der FN2.

Unsere Highlights

Der letzte Honda Civic Type R wurde bereits 2010 vom Markt genommen. Grund: Der Zweilitermotor schaffte die Euro-5-Norm nicht. Erst in diesem Sommer soll der Nachfolger erscheinen. Kann sich jemand vorstellen, dass VW die GTI-Fans fünf Jahre auf den Neuen warten lässt? Aber irgendwie passt die fünfjährige Unterbrechung auch zur wankelmütigen Motorsport-Politik des Tokioter Unternehmens. Hondas Formel-1-Geschichte ist seit 1964 gepflastert mit Siegen, Misserfolgen, Ausstiegen und Neuversuchen. Hoffentlich bleiben die Japaner ihrem WTCC-Einsatz mit dem Civic treu – trotz Citroëns Dominanz.

Wenige Exemplare des Honda Civic Type R auf dem Markt

Doch zurück zum Straßensportler Civic Type R. Selten ist er geworden. Weder im Straßenbild ist er häufig zu sehen noch in den Internetbörsen. Der EP3 wird praktisch nur noch privat angeboten, knapp 20 Autos stehen aktuell in Deutschland zum Verkauf. Beim Nachfolger FN2 sieht es etwas besser aus. Händler- und Privatverkäufe halten sich die Waage. Doch mehr als knapp 50 Autos sind es hierzulande auch nicht, die auf einen neuen Besitzer warten. Woran liegt's? Erstens war der Honda Civic Type R nie ein Massenauto wie der Golf GTI oder der Seat Leon, zweitens sind Honda-Fans ihrem starken Kompakten ähnlich treu wie Udo Lindenberg seinem schwarzen Schlapphut.

Also hilft nur suchen und noch mal suchen. sport auto ist im Frankenland fündig geworden. Honda-Händler Eismann in Forchheim hält zwei FN2 parat: black and white. Der silberne EP3 ist leider nicht zu haben, wie Verkäufer Andreas Behr erklärt, "denn das Auto wurde vom Besitzer komplett neu aufgebaut". Aha, das weckt unsere Neugier. Besitzer André Leue erzählt, wie ihm 2011 "ein Audi A3 die Vorfahrt genommen hat. Meine schwangere Frau saß rechts, und genau in die vordere rechte Ecke ist uns der A3 reingefahren." Frau und Baby wohlauf, Honda kaputt. Der 2001 gebaute Civic "stand lange in der Ecke, aber jetzt ist er zu 95 Prozent fertig".

Leicht, kompakt und wendig

Also ran ans Steuer. Schon nach wenigen Kurven spürt man: Der nur 1.231 Kilogramm schwere EP3 ist das perfekte Rennstreckentool. Leicht, kompakt, wendig – kein Wunder, dass er viele Jahre lang die VLN aufgemischt hat. Und dann erst der Motor: Dank i-VTEC, wie Hondas Ventilsteuerung heißt, kommt der 200-PS-Vierzylinder über 6.000 Touren so richtig in Schwung und schreit seine Freude an hohen Drehzahlen durch die vier Endrohre der Nachrüstanlage hinaus. Erst bei 8.200 ist Schluss, doch das wollen wir Andrés Schmuckstück heute nicht zumuten, zumal das Ausrücklager noch ein wenig rumzickt.

"Ich habe den Civic seit 2004, das Auto hat bisher kaum Probleme gemacht. Jetzt hat er 170.000 Kilometer runter", so Leue, der ein Hilltrac-Gewindefahrwerk, gelochte Scheiben, eine Sachs-Kupplung und eine Edelstahl-Abgasanlage mit 200-Zellen-Kat und Supersprint-Fächerkrümmer verbaut hat. Cooles Gerät, würden wir auch nicht verkaufen. Verkäufer Andres Behr winkt schon mit zwei FN2-Schlüsseln: Wir nehmen die 2009er Championship White Edition, wegen der Vorderachssperre und des strafferen Fahrwerks. Für Stirnrunzeln sorgen schwarze Lorinser-Alus statt der weißen Edition-Felgen.

Dafür ist ein Sportluftfilter verbaut. Schluss mit der Theorie: Rauf auf die Autobahn und rooooooaaaaar! Alder, klingt der gut. Vor allem schon bei niedrigen Touren und nicht erst über 5.500 Umdrehungen, wenn das 201-PS-Aggregat des Honda Civic Type R die schärferen Steuerzeiten aktiviert. Doch genau an dieser Schwelle stehen alle Nackenhärchen senkrecht: Der Tonfall wechselt ins Aggressive, und der Vierzylinder dreht, als gäbe es kein Morgen. Schaltlampen mahnen zum Gangwechsel, der Begrenzer kommt spät, erst bei 8.400/min.

Honda Civic Type R bringt Kraft auf die Straße

Die sechs Gänge klackern kurz durch die Gassen, dank Sperre ist die Traktion phänomenal. Dabei bringt schon der EP3 seine Kraft super auf die Straße, obwohl weder Sperre noch ASR an Bord sind. Gute 100 Kilogramm trennen den FN2 vom EP3 – zu spüren am üppigeren Platzangebot, an der besseren Wertanmutung und dem weniger raubeinigen Charakter. Die Schattenseite: In Hockenheim war der schwere Type R nur um drei Zehntel schneller als der leichte – aber beim Standardsprint auf Tempo 100 um sechs Zehntel langsamer.

Grundsätzlich sind beide Civic robust, wie auch Werkstatt-Chef Rudolf Hornung vom Autohaus Eismann bestätigt: "Trotz hoher Drehzahlen sind die Motoren für hohe Laufleistungen gut. Wichtig ist die Kontrolle des Ventilspiels, weil es keine Hydrostößel gibt. Wenn die Motorkontrolle leuchtet, kann der Ölstand zu gering sein. Das VTEC-System wird vom Öldruck gesteuert und schützt so den Motor." Allgemein gelten die Batterien als nicht besonders langlebig. Beim EP3 kann vereinzelt Rost auftreten. Dafür können beim FN2 die elektrisch anklappbaren Spiegel Probleme machen. Als unauffällig gilt das Fahrwerk beider Modelle. Hornung: "Ob Lenkung, Gummis oder Gelenke, das ist alles robust konstruiert. Robuster als bei den meisten deutschen Kompakten." Übrigens: Die Robustheit haben beide Honda Civic Type R im sport auto-Dauertest vollauf bestätigt.

Fazit

200 PS im Kompaktwagen – nicht übel, aber heute sind ja 300 PS und mehr Standard. Natürlich Turbo-befeuert, was für echte VTEC-Jünger ähnlich verlockend ist wie ein weiterer Bayern-Meistertitel für BVB-Fans. Schade, dass Honda nicht die 240 PS starke Drehorgel aus dem S2000 in den Civic verpflanzt hat. Drehzahlen bis zur 9.000er-Marke hätten sicher die Nachfrage beflügelt. Ein derartiger Type R 240, oder wie auch immer, kam aber nie, und so müssen Fans mit dem knappen Angebot klarkommen. Die Kosten für die Versicherung und einige Ersatzteile sind nichts für geizige Menschen.