VW Golf VIII Variant und Hyundai i30 Kombi im Test
Ein Golf für alle Fälle?

Leicht hat es der Golf VIII bisher nicht gehabt. Oder machte er es sich selbst schwer? So souverän wie früher gewinnt er Vergleichstests nicht mehr. Mal sehen, ob sich das beim Variant ändert, hat VW ihn doch noch umfassender erneuert. Reicht das zum Sieg über den modellgepflegten Hyundai i30 Kombi?

Hyundai i30 Kombi gegen VW Golf Variant, ams 0221 Vergleichstest
Foto: Hans-Dieter Seufert

Es ist jetzt nicht so, dass wir von Ihnen erwarten, dass Sie da dran denken und mit einem Kuchen samt 47 Kerzen drauf zu Ihrem VW-Autohaus um die Ecke gehen oder eine Glückwunschkarte nach Wolfsburg schicken. Aber vielleicht können Sie es in einer dieser dauernden Skype-Konferenzen mal gewinnbringend einsetzen – findet da doch meist das allerunnützeste Wissen die allergrößte Anerkennung. Kurzum: Der Tag, an dem der erste Golf den Zählpunkt 8 im VW-Werk passierte, gilt als sein Geburtstag. Das ist der 29. März 1974, ein Freitag. Was uns die Möglichkeit gibt, dem Horoskop-Hokuspokus zu widersprechen. Nach dem gelten Freitagskinder als besonders friedfertig und gesellig. Das kommt nicht hin, bedenkt man, was der Golf allein in den letzten zehn Jahren hinter sich gelassen hat – an Rivalen und erst recht an sich selbst.

Unsere Highlights

Zur Herrschaft des Golf VI umfasst sein Clan sechs Modelle: Zwei- und Viertürer, Variant, Cabrio, Golf Plus und seinen bei uns im Verkauf stets schwindsüchtigen Halbbruder Jetta. Nun, beim Golf VIII, werden es nicht mehr werden als Viertürer und der Variant. Wobei es etwas ausgleichen mag, dass es zwar früher mehr Varianz gab, aber noch nie mehr Variant.

Was das heißt? Klären wir im Vergleich gegen den im Sommer aufgefrischten Hyundai i30 Kombi. Beide treten mit mildhybridisierten 1,5-Liter-Turbobenzinern, Doppelkupplungsgetriebe und Siegesgewissheit an.

Zum Radstand der Dinge

Hyundai i30 Kombi gegen VW Golf Variant, ams 0221 Vergleichstest
Hans-Dieter Seufert
VW Golf Variant 1.5 eTSI: 150 PS, 6,7 l/100 km Testverbrauch, 611 bis 1.642 Liter Kofferraumvolumen, ab 30.530 Euro.

Der Variant ist der neuere Golf. Nicht nur, weil er ein gutes Jahr nach dem Viertürer auftritt, sondern da er weitreichender von seinem Vorgänger abweicht. Natürlich basiert auch er auf dem quermodulierten Baukasten, doch zum ersten Mal in seiner bis 1993 und zum Golf III zurückreichenden Geschichte (jetzt aber Obacht, sonst verkommt der Test zu einem Historienschinken) hat er mehr Radstand als der Viertürer. Die sechs Zentimeter Extra-Achsabstand nutzt der Variant für ein weitreichenderes Platzangebot im Fond. Da bringt er drei Passagiere bequem und mit fünf Zentimetern mehr Normsitzraum unter. Am Ladevolumen ändert sich wenig, mit 611 bis 1.642 l packt der Variant 6 bis 22 l mehr als bisher.

Die große Variabilitätstrickserei? Fällt weiterhin etwas kleiner aus: der Ladeboden höhenvariabel, die Rücksitzlehne fernentriegelbar zweigeteilt klappbar und mit Durchreiche, Laderollo und -netz lassen sich im Souterrain des Gepäckabteils verräumen, wenn man die Seitenverkleidung zuvor beherzt herausrupft. All das hat die bekannt hohe Funktionalität, welche ja viel der Golfigkeit an sich ausmacht – wie die Bequemlichkeit des Einstiegs, die Fülle an Ablagen und die gute Rundumsicht.

Doch wirkt auch der Variant entfeinert, anders als beim Viertürer sitzt die Linse der Rückfahrkamera nicht schmutzsicher unter dem Heckemblem, dazu übernimmt der Kombi die Vertracktheit der Bedienung, deren Skurrilitäten eher zunehmen. So erreichte uns jüngst das Gerücht, der Zoom des Navis lasse sich nicht nur durch Fingerspreizen auf dem Touchscreen verändern, sondern auch indem man mit zwei Fingern über die berührsensible Fläche fährt, welche, mit einem Finger berührt, eigentlich die Lautstärke variiert. Nun dürfen wir bestätigen, dass dies tatsächlich stimmt, wenngleich es nur widerstrebend funktioniert. Da wünschen wir den Verkäufern viel Vergnügen, das all jenen zu verklickern, die stets einen Golf kauften, weil der sich so schön selbst erklärte.

Das Selbsterklärende beherrscht der Hyundai i30 Kombi auch nach der Modellpflege viel besser. Zwar fehlt ihm nun der zweite Drehregler für den Zoom, alles andere sortiert er trotz der Funktionsfülle geschickt und eingängig. Zudem lassen sich seine Instrumente besser ablesen als beim Golf mit den kleinen Zeigern. Immerhin gibt es für den VW ein Head-up-Display. Es kostet 700 Euro, wohingegen der Variant serienmäßig mit Navi sowie LED-Heckleuchten und Trennnetz anrückt. Doch da Hyundai den i30 N Line anders, aber insgesamt noch reichhaltiger ausstaffiert, kostet der Golf ausstattungsbereinigt fast 5.400 Euro mehr.

Dabei wirkt der i30 ebenso solide, liegt bei der Materialauswahl auf gleichem Niveau – hoch, aber mit Abstand zur Premiumliga. Auch sonst bietet er wenig weniger – die Durchreiche der zweigeteilten Sitzlehne ist schmaler, der Ladeboden nicht verstellbar, das Rollo passt nicht drunter. Aber den Kofferraum unterkellern große, gut nutzbare Fächer. Weil das Ladevolumen praktisch gleich ist und die Hyundai-Sitze nur unwesentlich weniger bequem gepolstert sind, bringt den Golf zunächst nur seine erheblich bessere Assistenzausrüstung bei den Punkten voran – auch weil sie bei diesem Testwagen mal ausfallfrei funktioniert. Womöglich da er weniger Assistenz hat, inszeniert der Hyundai seine intensiver. So lässt sich das Tempolimit auf drei Anzeigen gleichzeitig einblenden – wobei es da zweckmäßig wäre, alle drei gäben denselben Wert an. Und der Spurhalter neigt zu Übergriffigkeit.

Ist doch alles halb so mild

Hyundai i30 Kombi gegen VW Golf Variant, ams 0221 Vergleichstest
Hans-Dieter Seufert
Hyundai i30 Kombi 1.5 T-GDI DCT: 160 PS, 6,7 l/100 km Testverbrauch, 602 bis 1.650 Liter Kofferraumvolumen, ab 28.690 Euro.

Dass der i30 nach dem Druck auf die Startertaste immer im Eco-Modus loslegt, hat dagegen nichts mit Bevormunderei zu tun, sondern mit Effizienz. Nur in dieser Kennlinie nutzt sein Antrieb die Vorteile des 48-Volt-Mildhybridsystems mit Riemenstartergenerator wirklich aus. So kuppelt er im Schiebebetrieb nicht nur wie sonst den Gang aus, sondern knipst dazu den Motor aus. Energie für die Verbraucher liefert derweil ein 0,44-kWh-Lithium-Ionen-Akku im Boden hinter der Rückbank. Das passiert wie das Wieder-Anlassen schnell und ruckfrei, doch seltener als beim Golf.

Bei dem ist das Ein- und Auskuppeln des Antriebs, das An und Aus des Motors so weich, dass erst auf der Landstraße auffällt, wie oft und lange der Variant antriebslos dahinrollt – auch im Comfort-Modus. Dass sein 1,5-Liter-Turbobenziner zudem bei sachter Last zwei Zylinder abschaltet, soll die Effizienz weiter steigern – mit 6,7 l/100 km verbraucht der Golf im Test aber kein bisschen weniger als der i30 mit weniger Aufwand.

Der Hyundai lässt sich auch bei den Fahrleistungen nicht abhängen, bietet ebenso hohe Laufkultur und zupackende Durchzugskraft. Dass sein Getriebe die sieben Gänge besonnener doppelverkuppelt als die alertere Box des Golf, stört nur auf eiligeren Landpartien. Doch zeigt sich gerade da, wie der VW gewinnen kann: Er muss den Sieg herausfahren.

Dafür hat sich der Testwagen als R-Line mit optionalen Adaptivdämpfern (1.045 Euro) und serienmäßiger Progressivlenkung passend aufgetakelt, verbindet hohen Komfort mit beschwingter Agilität. Im Comfort-Modus steckt er Querfugen, über die der i30 Kombi rempelt, sachter weg, wankt langen Wellen nicht nach – das passiert erst, wenn man die Dämpfer-Kennlinie im Individual-Modus über die Comfort-Abstimmung hinaus weicher stellt. Trotz der vergrößerten Spreizung der Stufen verarbeitet der Variant selbst im Sport-Modus Unebenheiten beflissener als der i30, der vor allem kurze Unebenheiten gröber wegfiltert.

Hyundai i30 Kombi gegen VW Golf Variant, ams 0221 Vergleichstest
Hans-Dieter Seufert
Der Hyundai lässt sich auch bei den Fahrleistungen nicht abhängen, bietet ebenso hohe Laufkultur und zupackende Durchzugskraft.

Da es selbst uns mal gelingt, uns im Dezember vom Winterwetter überraschen zu lassen, konnten wir mit den Testwagen keine Fahrdynamikwerte für Slalom und Spurwechsel erheben. Doch auf der Vergleichsfahrt beweist der Golf auch so seine höhere Agilität. Mit seiner variabel übersetzten Lenkung biegt er zielstrebiger und exakter in Kurven, bleibt fast unerschütterlich fahrsicher und länger neutral, bis er sacht ins Untersteuern rutscht. Schließlich regelt seine über Bremseingriffe simulierte Quersperre XDS die Leistung so zurecht, dass er trittfest und vehement rausbeschleunigt. Also, das Fahren hat der Golf auch als Variant drauf.

So gut, dass der Hyundai selbst in seiner sportlichsten Version nicht ganz mithält (einen echten i30 N Kombi soll es nicht geben). Dabei bringt auch er hohe Fahrsicherheit und fixes Handling zusammen, nur nicht gar so ausgeprägt. Es sind alles nur Kleinigkeiten, aber die fehlen der guten Lenkung an Rückmeldung, Präzision und Direktheit, er untersteuert früher und stärker, bekommt die Leistung in Kehren nicht so gripstark auf die Straße. Den Anschluss an den VW verliert er aber nie.

Seinen Punktevorsprung muss sich der Golf hart erkämpfen wie selten zuvor, nicht nur wegen der fünf Jahre Garantie und dem günstigeren Preis des i30. Vor zehn Jahren mag es noch genug Käufer gegeben haben, die sich nur überlegten, welchen Golf sie kaufen. Heute stellt sich selbst beim besten Variant, den es je gab, die Frage, ob man überhaupt einen Golf kaufen soll, wenn es Alternativen wie den i30 gibt. Und was ist jetzt mit dem Kuchen für den VW? Dass der i30 ihm so nah kommt, ist für den Golf eigentlich: ohne Torte.

Fazit

1. VW Golf Variant 1.5 eTSI
450 von 1000 Punkte

Der Golf erarbeitet sich den Sieg mit besserer Licht- sowie Assistenzausstattung und beflissenerem Komfort. Die Bedienung ist vertrackt und der viel günstigere i30 immer nah dran.

2. Hyundai i30 Kombi 1.5 T-GDI
435 von 1000 Punkte

Bei Messwerten liegt der i30 nah am Golf, nur der herbe Komfort und die geringere Assistenz werfen ihn zurück. Die kaum weniger hervorragende Viel-Auto-fürs-Geld-Wahl.

Technische Daten
VW Golf Variant 1.5 eTSI R-LineHyundai i30 Kombi 1.5 T-GDI Hybrid N Line
Grundpreis38.260 €34.600 €
Außenmaße4633 x 1789 x 1498 mm4585 x 1795 x 1475 mm
Kofferraumvolumen611 bis 1642 l493 bis 1541 l
Hubraum / Motor1498 cm³ / 4-Zylinder1482 cm³ / 4-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 5000 U/min118 kW / 160 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit224 km/h210 km/h
0-100 km/h9,2 s9,1 s
Verbrauch5,4 l/100 km
Testverbrauch6,7 l/100 km6,7 l/100 km