Lada Granta 1.6 im Test
Wladimirs next Topmodel

Russlands Boss Wladimir Putin befand nach einer Testfahrt im Granta: prima Auto, taugt super für die Fahrt zur Datsche. Wir testen mal, was die Stufenheck-Limousine noch so kann.

Lada Granta, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Ach, Sie meinen, Lada Granta klingt irgendwie nicht besonders sexy? Tauschen wir doch einfach mal den Vornamen. Maserati Granta oder Lamborghini Granta? Spüren Sie, wie es kribbelt, wenn man sich so einen filigran gegossenen Zylinderkopf unter einer Leichtmetallmotorhaube vorstellt – liebevoll schrumpflackiert, zart Motoröl schwitzend? Ein Kopf, unter dem sich mindestens 32 Ventile versammeln, unter dem sich mindestens acht Kolben in Ekstase strampeln, um den mit leichter Hand gezeichneten Lada Granta flüssig über toskanische Landstraßen zu treiben.

Lada Granta bekam seinen Namen vom russischen Volk

Sehen Sie, es ginge doch. Wenn nur der Konjunktiv nicht wäre, jener scheinheilige Begleiter, der düstere Tage aufzuhellen vermag, bisweilen einen schweren Realitäts-Kater hinterlassend. Steht der uns jetzt auch bevor, beim U-Turn Richtung Lada Granta, jener 4,26 Meter langen, 87 PS starken Preiswert-Limousine?

Bleiben wir also sicherheitshalber kurz auf der Namens-Schiene: Anders als etwa Twingo, Vectra oder Actros, die allesamt aus der Ideenschmiede von Namens-Guru Manfred Gotta stammen, ließ AwtoWAS, besser bekannt als Lada-Hersteller, das russische Volk abstimmen – unter dem Motto „Ein Volksautomobil braucht einen Volksnamen“. Der Sieger soll ein Bewohner der Stadt Krasnojarsk namens Pawel Sacharow gewesen sein. Sein Lohn: ein fabrikneuer Lada Priora.

ESP ist Serie, Radio kostet Aufpreis

Böse Menschen könnten denken: So eine Kiste will ich nicht mal geschenkt haben. Doch gemach – betrachten wir die Sache mal von der anderen Seite. Besser als Laufen ist es allemal. Warm, trocken und gemütlich ist so ein Lada Granta eh. Bordcomputer, ESP – alles da. Ein Radio kostet Aufpreis, auf eine Klimaanlage müssen Granta-Freunde verzichten. Was soll’s, ging doch früher auch ohne. Außerdem sollten sich Nörgler hin und wieder mal über das unerhörte Geschenk freizügiger Mobilität freuen. Einsteigen, Zündschlüssel rumdrehen und losfahren.

Das kann der Lada Granta. Er hat sogar noch einen richtigen Zündschlüssel mit Bart. Klein und unscheinbar wie der eines Mopeds. Hinzu kommt die Zentralverriegelung, deren Öffnen blitzartig nach Schlüsseldreh erfolgt, der Einschluss hingegen erst einen Moment später. Als ob er drüber nachdenken müsste. Über die Bedienung des Lada Granta muss niemand lange nachdenken, sie ist intuitiv. Definitiv. Große Rundinstrumente ohne Firlefanz, eindeutig beschriftete Tasten und Regler. Und unter der Haube ein Vierzylinder-Sauger alter Schule. Der 1,6 Liter große Zweiventiler flitzt begeistert los, hängt willig am Gas, marschiert durch die fünf Gänge des nicht zu lang übersetzten Getriebes mit dem Schaltgefühl eines gut gepflegten Gebrauchten.

Lada Granta mit vorbildlicher Bedienbarkeit

Gleiches gilt für die Lenkung des Lada Granta, ja das Handling insgesamt. Ein wenig distanziert, aber von ausreichender Präzision, um sich von hier bis in den Ural durchzuschlagen. Das Gepäck steckt im 480-Liter-Kofferraum, durch Umklappen der Lehne erweiterbar. Die Federung packt die Insassen zwar nicht in Watte, verschont sie aber gekonnt vor Grobheiten des Straßenbelags, die Bremsen verzögern ausreichend und standfest, das ESP regelt, wenn nötig.

Ein schönes Gefühl, endlich mal wieder schlauer zu sein als sein Auto. Selten heutzutage. Denn eigentlich kauft man so ein Ding doch, um es zu beherrschen. Und dann? Treibt es einen mit kryptischen Beschriftungen und vielschichtigen Menüs in den Wahnsinn. Nicht so der Lada Granta. Hier darf man noch ein richtiger Fahrensmann sein. Einer, der im Motorraum den Ölstab zieht, die Leuchtweite mittels Drehknauf justiert. Dieser befindet sich gemeinsam mit den nötigen restlichen Reglern und Knöpfen in einer pragmatischen Kunststofflandschaft.

Stufenheck-Limousine für 9.999 Euro

Schwarz und existenzialistisch, aufgelockert lediglich durch unterschiedliche Oberflächenstrukturen des Hartplastiks, das selbst Dampfstrahlern furchtlos entgegentreten dürfte. Gussgrate muss man nicht lange suchen, sie finden einen – an den inneren Türgriffen, den Türtaschen, den Haltegriffen. Stoffbezüge? Nur auf den Sitzen. Dafür ist die Handbremse mit richtigen Vierkantschrauben befestigt. Sollte mal etwas klappern – was bei unserem Testwagen nicht der Fall ist –, dann lässt sich das stante pede beheben.

Einen kleinen Nach-Check dürfte auch der rotbraune Lada Granta bekommen haben, mit dem Wladimir Putin im Jahr 2011 zur PR-Tour übers Werksgelände in Togliatti aufbrach. Putin, der unerschrocken Amphoren vom Meeresgrund holt oder mit nacktem Oberkörper Bären tötet, brauchte drei Anläufe, um die Heckklappe zu schließen – über den Verbleib des zuständigen Ingenieurs ist nichts bekannt. Der Preis unseres Lada Granta schon: Er beträgt 9.990 Euro.

Fazit

Wer unbedingt einen Lada Granta fahren will, der kann dies unbesorgt tun. Seine Bremsen sind standfest, das Handling ist unkritisch, ESP ohnehin Serie. Hinzu kommen ein ordentliches Platzangebot, ausreichender Federungskomfort und der lebendige Motor. Sitzkomfort, Lenkpräzision, Materialanmutung sowie die Detailausführung verlangen im Lada Granta 1.6 Kompromissbereitschaft.

Technische Daten
Lada Granta 1.6
Grundpreis7.290 €
Außenmaße4260 x 1700 x 1500 mm
Kofferraumvolumen480 l
Hubraum / Motor1596 cm³ / 4-Zylinder
Leistung64 kW / 87 PS bei 5100 U/min
Höchstgeschwindigkeit168 km/h
0-100 km/h11,4 s
Verbrauch6,6 l/100 km
Testverbrauch8,1 l/100 km